Bildverarbeitung

Wie Roboter menschliche Tätigkeiten ergänzen und verbessern

Manuelle und automatisierte Messinstrumente im Vergleich

19.11.2021 - Wann ist ein Handscanner besser und wann sollte ein Fertigungsunternehmen besser auf ein automatisiertes ­Messsystem umsteigen? Welche Faktoren spielen daneben eine wichtige Rolle? Denn nicht immer ist die automatisierte und schnellste Lösung die beste. Die individuellen Gegebenheiten und die Ausbildung sowie Erfahrung der Mitarbeiter müssen berücksichtigt werden. Hier bauen Cobots oftmals eine Brücke.

Die mit manuellen Systemen wie Abtast- oder Scan-Technologien durchgeführte Qualitätskontrolle wurde bereits in zahlreichen ­Artikeln diskutiert. Koordinatenmessgeräte (CMMs) werden oft mit tragbaren optischen Messinstrumenten verglichen, wobei häufig vorgeschlagen wird, die CMM zu entlasten, indem manuelle Lösungen das Messtechnik-Portfolio ergänzen. Umgekehrt jedoch nie. Diese Abhandlung holt das nach: Dabei werden manuelle Messinstrumente (wie handgeführte 3D-Scanner und Messarme) mit automatisierten Messsystemen (wie an Robotern befestigte 3D-Scanner) verglichen. Außerdem sollen folgende Fragen beantwortet werden:

  • Welche Faktoren beeinflussen die Präferenz eines Messsystems am meisten?
  • Welches Messsystem liefert die ­höchsten Wiederholgenauigkeit?
  • Welches Messsystem eignet sich am besten für eine optimierte Entscheidungsfindung basierend auf mehr Daten und statistischen Analysen?
     

Technische Herausforderung: Aufeinanderfolgende Messungen

Welche Prüfergebnisse würde ein Mensch erhalten, wenn er oder sie 2D-Entitäten und Oberflächenpunkte mehrmals mit einem herkömmlichen Messarm messen würde? Inwieweit würden sich die höchsten und niedrigsten Messungen durchschnittlich unterscheiden? Wie lange würden die Programmierung des Geräts und die Prüfung dauern? Wir haben dies untersucht.

Da der Mensch ein Mensch ist, kann es sein, dass die Ausrichtung des handgeführten Sensors von einem Teil zum anderen nicht genau gleich ist. Außerdem könnte die Messposition für jedes geometrische Merkmal nicht genau gleich sein. Des Weiteren ist es mit der Abtasttechnologie möglich, dass der Mensch nicht den gleichen Druck in allen Messungen ausübt, was bei Verbundwerkstoff- oder Blechteilen eine bestimmte Biegung verursachen könnte, die das Teil leicht verformt. Deshalb können sich Messungen mit Handmessgeräten von einem Teil zum anderen unterscheiden, was zu Problemen bei der Wiederholbarkeit und wiederum zu Abweichungen und falschen Ergebnissen führt.

 

Lösung von Wiederholgenauigkeits-Problemen durch Roboter

Welche Prüfergebnisse würden erzielt werden, wenn die vorherigen 2D-Entitäten und Oberflächenpunkte mit einem an einem Roboter befestigten 3D-Scanner gemessen werden? Würde sich die Wiederholbarkeit verbessern? Könnte die Programmier- und Messzeit verkürzt werden? Die Antwort scheint klar zu sein. 
Und die Ergebnisse bestätigen die Vermutung: Da Roboter für ihre fast perfekte Wiederholbarkeit bekannt sind, bleiben Position und Ausrichtung von Messung zu Messung stabil und bieten dadurch eine höhere Wiederholgenauigkeit. Darüber hinaus wurde das Problem des auf ein Teil ausgeübten Drucks eliminiert, da aufgrund des Scannings (anstelle des Abtastens) eine größere Datenmenge als bei einzelnen Messpunkten erfasst wurde.
Unter der Berücksichtigung, dass Robotik die Wiederholgenauigkeit erhöht, ist es nur logisch anzunehmen, dass ein Fertigungsunternehmen, das dieses Attribut schätzt, in erster Linie von der Aufrüstung seiner Handgeführten Geräte auf ein automatisiertes System profitieren würde. Dabei würde der Roboter nicht nur wiederholbarere Ergebnisse liefern, sondern auch den Mangel an Fachkräften wettmachen. Tatsächlich helfen automatisierte Qualitätssicherungslösungen bei einem Mangel an qualifizierten Technikern, indem sie nicht wertschöpfende Aufgaben übernehmen, beispielsweise das Führen eines 3D-Scanners. Zusätzlich ermöglicht das 3D-Scanning durch die größere Datenmenge eine Qualitätssicherung mit mehr Informationen und dadurch eine bessere Entscheidungsfindung.
Damit der Wechsel zu einer robotisierten Messlösung jedoch gerechtfertigt ist, muss sie auch für alle zugänglich sein. Bevor sich ein Fertigungsunternehmen dem Automatisierungsabenteuer anschließt, muss es unbedingt sicherstellen, dass die gewählte Technologie einfach zu bedienen und programmieren ist, ohne eine übermäßige Schulung zu erfordern.

 

Bedienkonzept: Einfachheit und Zugänglichkeit sind essenziell

Nicht jeder Mitarbeiter hat mit Robotern Erfahrung. Aus diesem Grund ist es wichtig, dass robotisierte Messsysteme so einfach zu bedienen sind, dass alle ungeachtet ihrer Kompetenz oder Erfahrung damit arbeiten können. Systeme müssen Benutzern aller Erfahrungsstufen die einfache und schnelle Programmierung von Roboterpfaden sowie die Optimierung der Sichtlinie des Robotiksystems erlauben.

Aufgrund ihrer einfachen Handhabung und der möglichen Offline-Programmierung führen kollaborative Roboter und digitale Zwillingsumgebungen zu einer robotischen Demokratisierung. Das Ziel besteht dabei darin, die Bedienung eines Roboters weniger  kompliziert zu gestalten.

 

Kollaborative Roboter

Kollaborative Roboter (Cobots) sind eine Form der robotischen Automatisierung, die sicher an der Seite von menschlichen Arbeitern an einem gemeinsamen Arbeitsplatz eingesetzt werden. In den meisten Anwendungen ist ein kollaborativer Roboter für sich wiederholende Aufgaben zuständig, sodass komplexere und kompliziertere Aufgaben menschlichen Arbeitern überlassen werden. Neben einer einfachen Programmierung und Bereitstellung wurden Cobots so entwickelt, dass sie die Intelligenz und Problemlösungsfähigkeiten von menschlichen Arbeitern ergänzen.

Im Vergleich zu herkömmlichen industriellen Robotern, die sich hauptsächlich in einem dafür vorgesehenen Raum befinden und von menschlichem Kontakt isoliert sind, sollen kollaborative Roboter mit und in der Nähe von Menschen arbeiten. Die meisten von ihnen sind mit einer Reihe von Sensoren zur Vermeidung von Kollisionen mit Menschen und Sicherheitsprotokollen für eine Abschaltung bei ungeplantem Kontakt ausgestattet. Deshalb sind sie mit der einfachen Installation, Programmierung und Nutzung eine attraktive Option für alle, die für ihr erstes Roboterprojekt bereit sind.

 

Digitale Zwillinge

Digitale Zwillinge sorgen für einen höheren Bereitstellungserfolg, da sich der gesamte Prozess (Eingabe, Verarbeitung, Ausgabe) simulieren lässt. Diese leistungsstarken Tools können: 1) alle Teile simulieren, die ein automatisiertes System akzeptiert (Eingabe); 2) die Zyklusdauer validieren und sicherstellen, dass alle zu messenden Entitäten erreichbar sind (Verarbeitung); und 3) Ergebnisse generieren (Ausgabe) und prüfen, ob der Prüfbericht alle erforderlichen Daten für die gewünschten Entscheidungen enthält.
Da der digitale Zwilling eine genaue Darstellung der Realität ist, kann er automatisch oder interaktiv Roboterpfade für spezifische 3D-Scanner generieren, um eine Scanning-Erfahrung bereitzustellen, von der alle Nutzer und nicht nur Experten profitieren. Aufgrund dessen ist es beinahe unmöglich, eine schlechte Erfassung durchzuführen.

 

Vorteile von intuitiven automatisierten Messlösungen

1. Der Wert menschlicher Arbeit bei komplexen und komplizierten Aufgaben: Fähige, erfahrene und produktive Mitarbeiter sind schwer zu finden. Wenn man sie gefunden hat, möchte man sie halten und sicherstellen, dass sie in ihrer Aufgabe eine Erfüllung finden. Ein Weg dahin ist, sie von sich wiederholenden Aufgaben abzuziehen, bei denen ihr Beitrag keinen Mehrwert darstellt, und ihnen anspruchsvolle Aufgaben zuzuweisen; wie die robotische Programmierung und Datenanalyse. Komplexere und kompliziertere Aufgaben können Mitarbeiter dazu motivieren, ihre Fähigkeiten weiterzuentwickeln, was einen Mehrwert für das Unternehmen schafft und die Mitarbeiter hält.

2. Bessere Entscheidungen benötigen bessere Daten: Wir haben das Armaturenbrett eines 1969 Ford Mustang mit einem herkömmlichen CMM und einer robotergeführten optischen CMM gemessen. Die Ergebnisse sind nicht überraschend, was man vom Unterschied der Messzeit nicht gerade sagen kann. Einschließlich ähnlicher Lade- und Entladezeiten dauert die Messung mit der herkömmlichen CMM 30 Minuten. Die Messung desselben Teils mit der 3D-Scanning-CMM dauerte nur vier Minuten (bei beiden Messungen ist die Programmierzeit nicht berücksichtigt). In einem Zeitraum von 30 Minuten hätte das Unternehmen mit einem wiederholbareren System etwa sieben weitere Teile messen und seine Entscheidung auf mehr Daten als mit einer einzelnen Messung begründen können, die immer durch menschliches Versagen beeinflusst werden kann. Eine bessere Datenqualität und -quantität führt zu einer besseren Entscheidungsfindung. Bessere Daten ermöglichen das Messen von spezifischen, schwerer zu kontrollierenden Entitäten, um die Teilequalität zu verbessern.

3. Bessere Qualitätssicherung: Eine 30-minütige Messzeit mit einer robotergeführten optischen CMM könnte dafür genutzt werden, in der gleichen Zeit 100 Prozent der Maße zu prüfen, anstatt nur 10 Prozent der Merkmale mit der herkömmlichen CMM. Qualitätsmanager bringen vollständigen Prüfungen mehr Vertrauen entgegen. Schließlich können sie mit einer Qualitätssicherung, die sich auf 100 Prozent der Maße bezieht, den Prozess verbessern und dadurch Teile mit höherer Qualität fertigen.

 

Mehrwert für Fertigungsunternehmen

Der Wechsel von Abtast- zu Scanning-Technologie ermöglicht es Nutzern, spezifische Merkmale zu messen und viele Daten zu erfassen, die für eine bessere Datenanalyse wichtig sind. Des Weiteren erhöht die Aufrüstung von einem manuellen Gerät mit menschlicher Bedienung zu einem automatisierten System mit Robotersteuerung die Wiederholgenauigkeit des Prozesses. Beide dieser Vorteile haben einen Einfluss auf die Produktivität, Effizienz und Produktqualität.

Nichtsdestotrotz muss beachtet werden, dass eine Änderung im Qualitätssicherungsprozess für alle zugänglich sowie einfach zu implementieren sein muss. Kollaborative Roboter und digitale Zwillinge spielen eine wichtige Rolle, um die Automatisierung für Roboterlaien angenehmer zu gestalten, indem die Programmierung erleichtert wird und sich der Mensch in der Nähe von Robotern sicherer fühlt.

Auf diese Weise können sich die Mitarbeiter auf wertschöpfende Aufgaben konzentrieren, die ihre uneingeschränkte Leistungsfähigkeit und ihr ganzes Potenzial erfordern. Das motiviert nicht nur die Mitarbeiter, sondern schafft auch einen Wert für das Unternehmen. Menschliche Arbeiter werden dadurch als Mehrwert und wichtiges Element bei der Effizienz- und Produktivitätssteigerung eines Unternehmens angesehen

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