Bildverarbeitung

Weißlicht-Interferometer mit Nanometer-Präzision

Präzise Abstands- und Dickenmessung im Reinraum, unter Ultrahochvakuum sowie in rauer industrieller Umgebung

03.06.2021 - Die Anforderungen an die Abstands- und Dickenmessung sind in vielen Anwendungen hoch. Folien, Flachglas, Computer-Festplatten, Displays oder Halbleiterwafer müssen mit sehr hoher Genauigkeit gefertigt werden. Eine entsprechend präzise Messtechnik ist die optische Interferometrie. 

Die Methode, mit einem Interferometer Entfernungen sehr genau zu bestimmen, ist schon weit über 100 Jahre alt. Albert Michelson – der erste amerikanische Träger des Physik-Nobelpreises – hat damit bereits gegen Ende des 19. Jahrhunderts Messungen durchgeführt. Damals ging es um die exakte Bestimmung der Lichtgeschwindigkeit und den Nachweis, dass der so genannte Äther, der als Medium für die Ausbreitung von Licht im Vakuum postuliert wurde, nicht existiert. Das Ergebnis des Michelson-Morley-Experiments führte letztendlich zur Entwicklung der speziellen Relativitätstheorie durch Albert Einstein. Von den Ursprüngen in der Wissenschaft ist die Interferometrie heute als Präzisionsmesstechnik auch in der industriellen Messtechnik angekommen. Besonders genaue Abstands- und Dickenbestimmungen zeichnen dieses Verfahren aus, das Messungen bis hinab in den Nanometer-Bereich und sogar darunter erlaubt.

Messprinzip eines Interferometers

Das Messprinzip eines Interferometers basiert auf der Wellennatur des Lichts. Diese führt dazu, dass sich überlagernde Wellen entweder verstärken oder auslöschen können, je nachdem, ob Wellenberg auf Wellenberg oder Wellenberg auf Wellental trifft. Teilt man einen Lichtstrahl so auf, dass er verschiedene Wege nimmt und sich die beiden Teilstrahlen im Anschluss wieder überlagern, tritt eine Interferenz auf, die von der Differenz der beiden Wege abhängt. Ändert sich die Länge eines der beiden Wege um eine halbe Wellenlänge des verwendeten Lichts, so führt das zu einem kompletten Wechsel von positiver Interferenz (Verstärkung) zu negativer Interferenz (Auslöschung). Damit ist die Messmethode sehr empfindlich, die Genauigkeit liegt im Nanometer- oder sogar im Sub-Nanometer-Bereich. Um mit dieser Methode zum Beispiel Abstände zu messen, wird einer der beiden Teilstrahlen am Messobjekt reflektiert und anschließend mit dem Referenzstrahl überlagert. Ändert sich der Abstand zum Messobjekt, lässt sich diese Abstandsänderung sehr empfindlich an der Interferenz feststellen. Sollen Dicken etwa von Folien oder Gläsern gemessen werden, wird ausgenutzt, dass sowohl Vorder- als auch Rückseite des Messobjekts reflektieren. Dickenänderungen sorgen dann ebenfalls für die Änderung des Interferenzsignals – ein separater Referenzstrahl ist dabei nicht notwendig. Eine Besonderheit der Dickenmessung: Da die beiden interferierenden Teilstrahlen von der Ober- und Unterfläche stammen, ist das Messergebnis unabhängig vom Abstand zum Messobjekt.

Interferometer mit SLD

Eine der Grundvoraussetzungen für Interferometer ist kohärentes Licht. Kohärenz bedeutet anschaulich gesprochen, dass ein Wellenfeld im „Gleichtakt“ schwingt. Nur dann ist eine Überlagerung der Lichtwellen möglich, die zur Interferenz führt. Sehr kohärentes Licht lässt sich beispielsweise mit einem Laser erzeugen. Dessen Licht ist in der Regel monochromatisch, und die Lichtwellen sind phasengleich. Eine andere ideal für die Interferometrie geeignete Lichtquelle ist die Superlumineszenz-Diode (SLD). Diese kombiniert die Vorteile von Laserdioden und herkömmlichen LED. SLD haben eine hohe Ausgangsleistung und gleichzeitig ein breites Spektrum – sie emittieren also quasi ein weißes Licht.
Die Interferometer von Micro-Epsilon Messtechnik verwenden solche SLD als Lichtquelle. Das verwendete Spektrum hat seinen Schwerpunkt im nahen Infrarotbereich bei etwa 840 nm. Insgesamt sind drei verschiedene Serien des High-Performance-Messgeräts erhältlich. Mit dem InterferoMeter IMS5400-DS lassen sich hochpräzise Abstandmessungen in industriellen Anwendungen durchführen. Das InterferoMeter IMS5400-TH eignet sich hingegen zur genauen Dickenmessung ebenfalls in industriellen Anwendungen. Das InterferoMeter IMS5600-DS schließlich ist für Abstandsmessungen geeignet, die in Vakuum-Anwendungen durchgeführt werden, wobei Auflösungen im Bereich weniger Pikometer möglich sind.
Die hohen Genauigkeiten, die diese Interferometer erzielen, hängen direkt mit der Verwendung der SLD als Lichtquelle zusammen. Nach der Teilung des primären Lichtstrahls und der Überlagerung der beiden Teilstrahlen wird im Sensor das Interferenzsignal gemessen. Bei Weißlichtinterferometern wird dazu das Licht in seine spektralen Bestandteile aufgespalten und auf eine Sensorzeile abgebildet. Dort wird das Signal über das gesamte Spektrum hinweg aufgenommen. Bei der Auswertung dieses ­Signals werden die Frequenz des modellierten Spektrums sowie die Phasenverschiebung analysiert. Die Messung erfolgt dadurch mit noch höherer Genauigkeit – zudem kann die Abstandsmessung absolut und nicht nur relativ erfolgen.

Industrietaugliche Geräte mit einer Auflösung bis in den ­Sub-Nanometer-Bereich

Die Weißlichtinterferometer sind laut Hersteller die präzisesten optischen Messsysteme, die Micro-Epsilon aktuell anbietet. Sie bieten eine sehr hohe Genauigkeit und eine Auflösung bis in den Sub-Nanometer-Bereich. Das System besteht aus einem Sensor und einem Controller, der in einem industrietauglichen Gehäuse untergebracht ist. Daher sind die Weißlicht-Interferometer von Micro-Epsilon explizit für industrielle Einsatzgebiete geeignet. Eine im Controller enthaltene aktive Temperaturregelung sorgt für eine hohe Stabilität der Messung. Der Grundabstand des Sensors, der bis zu 20 mm vom Messobjekt entfernt positioniert werden kann, ist im Verhältnis zum Messbereich von 2,1 mm bei der Abstandsmessung sehr groß. Bei der Dickenmessung lassen sich Gläser oder Folien von 35 µm bis zu 2,1 mm vermessen. Hier liegt der Messbereichsanfang sogar bei 41 mm Das Spektrum der SLD liegt überwiegend im nahen Infraroten, weswegen die Messung auch bei antireflex-beschichteten Gläsern problemlos funktioniert. Da die Dickenmessung wie oben beschrieben unabhängig vom Abstand ist, beeinflussen Unregelmäßigkeiten bei der Positionierung das Messergebnis nicht.
Die Anwendungen der neuen Interferometer finden sich überall dort, wo eine sehr hohe Präzision bei der Abstands- oder Dickenmessung erforderlich ist. Die Dickenmessung wird etwa bei der Produktion von Folien und Flachglas eingesetzt. Abstände spielen etwa bei der Fertigung und Montage von hochpräzisen Teilen und Systemen eine Rolle. Ein typisches Beispiel ist die Montage von Festplatten. Da das Interferometer absolute Messwerte liefert, können auch Stufen und Kanten zuverlässig und ohne Signalverlust erfasst werden. Die kompakten Sensoren, die einen Durchmesser von lediglich 10 mm haben, können einfach auch bei beengten Verhältnissen integriert werden. Ein Pilotlaser im Sensor erleichtert dabei die richtige Positionierung zum Messobjekt. Durch die industrieoptimierte Ausführung ist eine Inline-Verwendung des Messsystems möglich. Über verschiedene digitale Schnittstellen lassen sich die Interferometer einfach in übergeordnete Steuerungsarchitekturen einbinden. Zur Einstellung kann der Zugriff auf den Controller ganz einfach über einen Standardbrowser auf den integrierten Webserver erfolgen. In der Halbleiterindustrie und der Displayfertigung sind in manchen Bereichen Sub-Nanometer-Auflösungen erforderlich. Hier kommt das IMS5600-DS zum Einsatz, das speziell für Anwendungen im Vakuum oder im Reinraum konzipiert ist. Ein Sonderabgleich des Controllers sorgt bei diesem Messsystem für die notwendige Auflösung.

Autor

Dr. Alexander Streicher, Produktmanager Sensorik

Kontakt

Micro-Epsilon Messtechnik GmbH & Co. KG

Königbacher Strasse 15
94496 Ortenburg
Deutschland

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