Manche Applikationen basieren auf außergewöhnlichen Ideen. Die in diesem Artikel vorgestellten Projekte zeigen, was mit Technologien für Industrie 4.0 alles möglich ist. Sie umfassen Automatisierung, Datentechnologien und die Integration von Maschine, Software und Mensch. 

Auf Grundlage von drei Strömungen – Automatisierung, Datentechnologien und Integration von Maschine, Software und Mensch – unterstützt Industrie 4.0 die Optimierung der Produktion, die Performance der Anlagen sowie die Steigerung der Arbeitsproduktivität. Neben herkömmlichen Steuerungs- und Datenerfassungsanwendungen eignet sich das Konzept von Industrie 4.0 auch für weniger konventionelle Aufgaben, die nur durch die Anforderungen und die Vorstellungskraft des Anwenders begrenzt sind. Wie außergewöhnlich diese Anwendung sein können, zeigen die folgende Projekte von Partnern von Farnell.  

ABB: E-Autos während der Fahrt laden

Fabio Mercurio, Global Head of Strategy & Portfolio Management Smart Buildings bei ABB, berichtet von einem Ladesystem für Elektrofahrzeuge, mit dem man E-Autos während der Fahrt laden kann. Bei der Arena del Futuro respektive der Arena der Zukunft handelt es sich um eine 1.050 Meter lange Strecke in einem privaten Autobahnabschnitt der A35 zwischen Brescia und Mailand. Mit einer elektrischen Leistung von 1 MW und unter Verwendung von DWPT (Dynamic Wireless Power Transfer) können Elektrofahrzeuge drahtlos aufgeladen werden, während sie über Induktionsschleifen fahren, die sich unter der Fahrbahn befinden. Das System überträgt Energie von der Straßeninfrastruktur auf die Fahrzeugbatterie mit dem Ziel, ein emissionsfreies Mobilitätssystem zu etablieren. 

„Wir haben unseren ABB Ability Energy Manager als Energiemanagement-Lösung für diese erste dynamische Induktionsladeinfrastruktur verkauft, die entwickelt wurde, um Elektrofahrzeuge aufzuladen, während sie die Strecke nutzen. Es ist eine beeindruckende Installation, welche die Einführung von E-Mobilität in Zukunft vereinfachen könnte – und es ist ein Projekt, auf das mein Team und ich sehr stolz sind“, erklärt Fabio Mercurio. Der ABB Ability Energy Manager ist eine digitale Lösung zur Überwachung und Optimierung des Energieverbrauchs und der CO2-Bilanz, mit der Benutzer anhand von Dateneinblicken schnellere und bessere Entscheidungen treffen können. 

Advantech: Bioenergie aus Kuhmist 

Rinder sorgen aufgrund des Methans, das sie produzieren, oft für Negativschlagzeilen. Aber was, wenn wir dieses Methan einfangen und verwenden könnten? Matt Wieborg, Solution Architect bei Advantech, hat sich bei solch einem Projekt beteiligt. „Im US-Bundesstaat Wisconsin gibt es zahlreiche Milchbetriebe und eines ihrer Probleme ist die große Menge an Kuhmist, die in diesen Betrieben anfällt“, erklärte er. „Kühe erzeugen Unmengen an Methangas, was sich negativ auf die Umwelt auswirkt. Ein sehr kluger Unternehmer hat daher beschlossen, Mist von Rinderfarmen zu kaufen und ihn durch einen Fermenter verarbeiten zu lassen. Bei diesem Fermentierungsprozess wird flüssiges Methan erzeugt, welches vom Unternehmen für die Stromerzeugung verkauft wird. Das verbleibende Nebenprodukt wird dann als Düngemittel an die Landwirte zurückverkauft. Lösungen von Advantech überwachen in dieser Anwendung die Drehlager und die Informationen, die von diesen Fermentern kommen, und tragen so dazu bei, diesen Prozess zu ermöglichen.“
Advantech unterstützt auch Orchideenproduzenten in Taiwan. In Orchideen-Gewächshäusern installierte Sensoren übertragen eine große Menge an Überwachungsdaten über Netzwerkkommunikationstechnik an Fernüberwachungs- und Verwaltungszentren. Physische Kabel sind in der Regel zuverlässiger für die Datenerfassung und -übertragung über weite Strecken, doch die Installation von Glasfaser- und Netzwerkkabeln ist sehr kostspielig. Für die Übertragung über größere Entfernungen hat Advantech stattdessen die Verwendung von Twisted-Pair-Kabeln vorgeschlagen, die jahrzehntelang unterirdisch verlegt waren. Mit dem Ethernet-Extender IMC-150LPC von Advantech mit großer Reichweite können die Orchideen-Gewächshäuser an ein Ethernet-Netzwerk angeschlossen werden – eine erstmalige Anwendung für beide Parteien.

Omega Engineering: Brandschutz bei der Baumwolllagerung

Das Potenzial für eine unbeabsichtigte Selbstentzündung ist eine allzu reale Bedrohung für Unternehmen, die im Baumwollsektor tätig sind. Aus diesem Grund hat ein Kunde mit Sensoren von Omega Engineering ein eigenes Brandschutzsystem entwickelt. Kevin Goohs, Director of IoT Implementation Strategy bei Omega Engineering: „Omega Engineering stellt keine Brandschutzprodukte her, daher war es sehr interessant, als uns der Kunde sagte: ‚Wir haben eure Produkte genommen und uns was Eigenes gebaut. Wenn die Temperatur einen kritischen Punkt in ihrer Betriebsumgebung erreicht, müssen sie reagieren, damit ihre Baumwollstoffbehälter nicht in Brand geraten. „Ich finde das fantastisch. Es hat mich einerseits zum Schmunzeln gebracht, aber mir andererseits auch ein gutes Gefühl gegeben zu sehen, in welch kreativer Art und Weise Industrie 4.0-Anwendungen entwickelt und eingesetzt werden.“

Red Lion: Ethernet-Kabel vs. Wireless 

Drahtlose Technologien sind nützlich, um Daten aus entlegenen und für Menschen gefährliche Gebieten zu senden. Man sollte also denken, dass ein Kernkraftwerk alle Kriterien für eine Remote-Netzwerkanwendung erfüllt. Dies war jedoch nicht die Erfahrung, die Barry Turner von Red Lion gemacht hat. „Ich war bei einem Kernkraftwerk im Einsatz, um sicherzustellen, dass die drahtlose Anwendung ordnungsgemäß eingerichtet war. Bei meiner Ankunft habe ich gesehen, dass das drahtlose Funkgerät nur wenige IO-Punkte erfasste und sie an eine SPS schickte, die nur etwa sechs Meter entfernt war. Warum nutzt man bei solch kurzen Distanzen eine drahtlose Lösung und kein Ethernet-Kabel? Grund dafür war, dass es bei der Verwendung eines Ethernet-Kabels mehr Formalitäten gab als bei WLAN. Schlussendlich hat die drahtlosen Funklösung weit mehr Kosten verursacht als eine kabelgebundene – nur um dem Verwaltungsaufwand aus dem Weg zu gehen.“ 

Schneider Electric: Bewegliches Fußballfeld 

Der Tottenham Hotspur FC hat mit seinem neuen Stadion mit 62.000 Sitzplätzen das größte Fußball-Spielfeld in London bekommen. Neu ist das bautechnisch vollständig einziehbare Spielfeld, das unter dem Stadion ausgerollt werden kann. So befindet sich das Fußballfeld stets in einem perfekten Zustand. Unter dem Hauptfeld befindet sich eine Kunstrasenfläche, die für NFL-Spiele und andere Veranstaltungen wie Konzerte genutzt wird. 

Mark Yeeles, Vice President Industrial Automation, Schneider Electric UK & Irland, erklärt: „Unsere Automatisierungsantriebe und MMS/Scada steuern das Spielfeld. Wir sind besonders stolz darauf, weil dies Teil eines Gesamtkonzepts für Tottenham war.“ Zudem bietet die von Schneider bereitgestellte EcoStruxure-Plattform für das Spielfeld eine Echtzeitüberwachung für die vorbeugende Wartung, einschließlich personalisierter Temperatur und Beleuchtung für Besucher, mit einer Gebäudeanalysesoftware, die stündlich 60.000 Zustandsprüfungen durchführt.