Augmented Reality ermöglicht die Prüfung von Vollständigkeit und Lage von Anbauteilen und eignet sich für die blitzschnelle und intuitive In-­spektion, ohne dass hochgenaue Messungen notwendig werden. Ein Tablet reicht aus, um dem Werker zu bestätigen, dass eine Baugruppe richtig montiert ist und weiterverarbeitet werden kann. Möglichkeiten zur Dokumentation und  Zusammenarbeit gehören ebenfalls zur Software-Lösung.

Augmented Reality (AR) überbrückt die Lücke zwischen digital und real und verändert die Arbeitsabläufe in Unternehmen. Sie ermöglicht auch eine visuelle Qualitätskontrolle in der industriellen Fertigung, denn die mobile Inspektion mit AR unterstützt bisher manuell ausgeführte Prüfaufgaben oder beschleunigt Prozesse da, wo oft traditionelle Messverfahren genutzt werden. Allzu oft wird bereits hochgenaue, aber zeitintensive Messtechnik eingesetzt, wo bereits ein erstes visuelles Prüfen zur Identifikation von Abweichungen reichen würde.

Twyn ist die mobile AR-Softwareplattform von Visometry, mit der Unternehmen sehr schnell Prüfpläne erstellen und Prüfungen  direkt da durchführen, wo die gefertigte Baugruppen produziert oder gelagert werden (beispielsweise im Freien oder in der Fabrikhalle). Mit AR lassen sich Produktionsfehler leicht detektieren, indem Differenzen zwischen gefertigten Objekten und CAD-Modellen identifiziert werden.

Markerlose Echtzeitinspektion auf Basis von CAD-Daten

Twyn unterstützt die genaue marker­lose Echtzeiterkennung und -verfolgung von inspizierten Objekten auf Basis von CAD-Modellen: Während ein Prüfer mit einem Tablet die Merkmale des geprüften Objekts aus verschiedenen Perspektiven erfasst, wird das Kamerabild in Echtzeit mit 3D-CAD-Daten angereichert. Diese exakten AR-Überlagerungen ermöglichen es dem Inspektor, gefertigte Teile mit ihren digitalen Zwillingen abzugleichen und Abweichungen zwischen realen Objekten (Ist) und CAD-Modellen (Soll) sofort zu erkennen. 
In AR können Abweichungen automatisch farblich hervorgehoben werden, zum Beispiel wenn Anbauteile verschoben sind oder Bohrungen nicht in der Soll-Position sind. Auf diese Weise lässt sich interaktiv und schnell überprüfen, ob ein Bauteil seine geometrischen Merkmale genau dort hat, wo sie sein sollen, ob eine Baugruppe fehlende Teile enthält oder ob alle Komponenten richtig montiert sind. 

Hardware-Voraussetzung: ein Tablet 

Twyn nutzt aktuelle Tablets, da diese Systeme neben hochwertigen Kameras auch Inertialsensorik einsetzen. Und diese Hardware ist Grundvoraussetzung für eine exakte und industrietaugliche AR, denn die Kombination von Sensorik und Bildverarbeitung ermöglicht eine genaue Verfolgung von Objekten und der Kameraposition. 

Für eine exakte Objekterkennung nutzt Twyn nun Konturen, die aus den CAD-Daten abgeleitet und in Echtzeit im Kamerabild erkannt werden. Die konturbasierte Modellverfolgung ist der Schlüssel für ein leistungsstarkes und präzises Tracking, unabhängig von der Oberfläche des Objekts (hell oder dunkel, matt oder reflektierend). Zudem erkennt Twyn, wenn Objekte während der Prüfung bewegt wurden, und trackt sich auf die verschobene Objektposition ein – auch unter kritischen Lichtverhältnissen.

Durch einen kontinuierlichen Abgleich zwischen dem 3D-Modell und dem dazugehörigen realen Objekt im Kamerabild, driftet der Prozess nicht. Das bedeutet, dass reale Objekte sehr gut und genau über die Zeit hinweg verfolgt werden können, auch dann, wenn die Kamera um sehr große Objekte bewegt wird. 
Dieses Tracking wird durch die VisionLib-Engine realisiert und bildet die Kerntechnologie der Twyn Lösung. Das Software Development Kit (VisionLib SDK) bildet über Twyn hinaus die Grundlage für eine Vielzahl von AR-Anwendungen (zum Beispiel Wartungsassistenzsysteme, Trainingssysteme für Montageprozesse), die eine leistungsstarke Objekterkennung und ein präzises Tracking erfordern. Darüber hinaus ermöglicht das SDK die Erfassung die unabhängige und synchronisierte Verfolgung mehrere Objekte in Echtzeit (“Multi-Model-Tracking”).

Tablets werden zu Inspektionswerkzeugen

Die Software-Plattform Twyn ist eine Lösung für Unternehmen, die ihre Qualitätskontrollprozesse mit einer intuitiven Technologie vereinfachen und optimieren möchten, die nur minimale Einrichtungszeit erfordert.

Die Lösung besteht aus zwei integrierten Komponenten: 

• Twyn Studio wird auf einem PC installiert und dient dazu, neue Inspektionsprojekte einzurichten sowie Inspektionsabläufe zu erstellen und zu bearbeiten.
  Die Benutzeroberfläche ermöglicht es dem Benutzer, auf Basis der CAD-Daten zügig eine freie visuelle Inspektion oder aber strukturierte Inspektionsverfahren zu definieren, die dann Qualitätsprüfer vor Ort ausführen. Für jeden Schritt lässt sich ein Sicht- oder Inspektionsbereich definieren: Dieser gibt genau die Position an, aus der die Inspektion in Bezug auf die zu prüfende Baugruppe durchgeführt wird.
   
• Twyn View verwandelt iOS-Tablets in mobile Werkzeuge für die Qualitätskontrolle. Nachdem die Inspektionsprojekte in Twyn Studio erstellt wurden, können Anwender diese direkt auf das Tablet laden und ausführen. 
  Während der Inspektionen ist es zudem möglich, durch Anmerkungen, Kommentare und Fotonachweise erkannte Abweichungen zu dokumentieren. Diese Informationen können nach der Vor-Ort-Session in Twyn Studio als umfassende Berichte erweitert werden. Das stellt eine nahtlose und effiziente Weiterverarbeitung der gesammelten Daten sicher.

Als schlüsselfertige Lösung können Benutzer mit Twyn Qualitätsinspektions-Workflows erstellen, ohne eine einzige Zeile Code schreiben zu müssen. Zudem bedarf es kaum Vorwissen bezüglich Augmented Reality, denn die Plattform führt den Nutzer durch den Umgang mit der Technologie.

Anwendungsbeispiele für die AR-gestützte Inspektion

Twyn unterstützt den Qualitätsingenieur mit Schritt-für-Schritt-Anweisungen in Form von umfassenden Checklisten. Zusätzlich zu den Checklisten heben visuelle Indikatoren mit 3D-Pointern relevante Bereiche hervor. Diese visuellen Indikatoren erleichtern die Inspektion komplexer Baugruppen, indem sie den Benutzer zu kritischen Merkmalen führen. 

Durch dieses Design und seine Funktionen eignet sich Twyn für zahlreiche industrielle Anwendungen, die den gesamten Produktionslebenszyklus verbessern. Dazu gehören:

• Ausgangs- und Eingangsprüfung: Eine Qualitätsprüfung mit Twyn optimiert die unternehmensübergreifende Zusammenarbeit und stellt sicher, dass die gefertigten Komponenten den CAD-Spezifikationen entsprechen, bevor sie versandt werden. 
  Gleichzeitig ermöglicht Twyn es den Unternehmen, Zulieferteile, die nicht den definierten CAD-Spezifikationen entsprechen, schnell zu identifizieren (Wareneingangsprüfung). Dadurch können Produktionsfehler frühzeitig erkannt und korrigiert werden.
   
• First Article Inspection (FAI): Abweichungen von den Produktspezifikationen und fehlerhafte Bearbeitungen können zu Verzögerungen, Ausfällen und teuren Rücksendungen führen. Mit Twyn können Bauteile systematisch nach spezifischen Prüfplänen inspiziert werden, bevor sie in die Massenproduktion gehen. Definierte Checklisten ermöglichen die digitale Dokumentation der Prüfergebnisse und der Konformität der Teile. Das stellt sicher, dass ein neuer oder geänderter Produktionsprozess von Anfang an Teile produziert, die den Fertigungsanforderungen entsprechen.

Autor
Alberto Castiglioni, Marketingleiter bei Visometry