Bildverarbeitung

Visionäre: Ignazio Piacentini

Interview mit Ignazio Piacentini, CEO ImagingLab

18.11.2009 -

INSPECT: Herr Piacentini, Sie sind in den Vorstand der European Machine Vision Association gewählt worden. Was hat Sie dazu motiviert, Ihre Zeit und Energie in die Verbandsarbeit einzubringen?
I. Piacentini: Ich war bereits bei der Gründung der EMVA im Jahr 2003 in Barcelona dabei (damals noch als Vertreter von National Instruments) und ich habe die Entwicklung des Verbands seit damals intensiv verfolgt. Zu meiner Kandidatur für die Wahl dieses Jahr haben dann mehrere Gründe geführt: Die EMVA ist ein europäischer Verband mit einem deutlichen deutschen Einschlag. Das ist natürlich nicht überraschend, wenn man die Wurzeln des Verbands berücksichtigt und die starke Präsenz deutscher Firmen. Ich selbst habe in England mein Studium abgeschlossen und habe in den verschiedensten Ländern gelebt. Ich halte mich deshalb für einen sehr europäischen Italiener. Ich glaube, dies ist eine Eigenschaft, die dem Verband gut tut. Ein weiterer Grund liegt darin, dass der Verband eine größere Zahl kleiner Bildverarbeitungsunternehmen, insbesondere Inte-gratoren, anziehen und also auch repräsentieren muss. Systemintegratoren sind das Rückgrat der komplexen - und immer noch sehr fragmentierten - Bildverarbeitungslandschaft. Ich führe heute eine sehr kleine Firma mit acht Mitarbeitern, aber ich habe auch lange Zeiten in wesentlich größeren Organisationen verbracht, mit unterschiedlichen Schwerpunkten und Zielen. Der Erfolg der EMVA resultiert zu einem großen Teil aus dem Verständnis für ein weites Feld unterschiedlicher Bedürfnisse, unterschiedlicher Erwartungen und unterschiedlicher Interessen seiner Mitglieder. Ich hoffe, dass mein persönlicher Erfahrungsschatz in dieser Hinsicht nützen kann.

Ich weiß, dass Sie ein starker Verfechter von Unternehmens-Verbünden sind und dass Sie sich eine Allianz auch unter Bildverarbeitungsfirmen vorstellen können. Was wären die Vorteile?
I. Piacentini: Spitzenleistung findet man häufig in sehr kleinen, sehr aktiven, sehr flexiblen und sehr motivierten Arbeitsgruppen, mit anderen Worten in kleinen Firmen. Bedauerlicherweise leiden diese kleinen Firmen häufig an den Folgen einer unterkapitalisierten Geburt und begrenzten Mitteln. Darüber hinaus erfordert die Bildverarbeitung zunehmend ein hohes Maß an Spezialisierung: Es ist unwahrscheinlich, dass eine kleine Firma erfolgreich und profitabel Gebiete bearbeiten kann, die so unterschiedlich sind wie z. B. Oberflächeninspektion und Roboterführung. Verbünde können zu einer viel größeren vernetzten virtuellen Einheit führen, die den Beteiligten erlaubt, Fähigkeiten und Ressourcen zu teilen, einen globalen Markt durch lokale Präsenz zu adressieren, bei der Kundenberatung aus einem größeren Erfahrungsschatz zu schöpfen, Fallen zu vermeiden, in die andere bereits getappt sind, sich neue Technologien schneller zu Nutze zu machen, bis hin zur Schaffung einer breiteren Brust für die Verhandlung mit viel größeren Geschäftspartnern. Auch für die ­Kunden gibt es Vorteile: den Zugang zu einem größeren und vielseitigeren Lieferanten, besseren lokalen Support, besseren Zugang zu spezifischen Lösungen, schnellere Reaktion auf unterschiedliche Bedürfnisse.
Warum also gibt es diese Allianzen also nicht schon längst?
Meine Vermutung ist, dass die Kommunikation eines der größten Hindernisse ist, insbesondere die Notwendigkeit ein Mindestmaß an effizienter Kommunikation zwischen normalerweise bereits überarbeiteten Gruppen zu gewährleisten, gleich gefolgt vom falsch verstandenen „Vaterstolz" der Gründer/Eigner.

Vor fünf Jahren haben Sie sich dazu ent­schieden, Ihre Position als European Vision Manager bei NI zu verlassen und eine eigene Bildverarbeitungsfirma zu gründen. Würden Sie rückblickend heute die gleiche Entscheidung noch einmal treffen?
I. Piacentini: NI hatte mich ursprünglich 1996 an Bord geholt im Zusammenhang mit der Akquisition der Bildverarbeitungs-Software von Graftek aus Frankreich. Meine Aufgabe war es, „das Geschäft zu entwickeln", und obwohl ich meine Zeit bei NI insgesamt als positive Erfahrung betrachte, war es aber auch eine Zeit intensiver Frustration. Die Bildverarbeitung war ein neues Element in einem bestehenden reichhaltigen Portfolio an Produkten, von denen einige das Kerngeschäft und auch praktisch den „Kern" des NI-Erfolgs repräsentierten. Mein Eindruck war, dass es zwar einfach für NI gewesen ist, die neue Technologie zu besitzen, aber nicht ganz so einfach, diese zu verstehen und dafür einen passenden Vertriebskanal aufzubauen. Ganz ähnliche Situationen habe ich seitdem auch in anderen mittleren bis großen Unternehmen beobachtet, die die Bildverarbeitung als Teil ihres großen und breit angelegten Produktportfolios anbieten.
Zusammenfassend: die gleichen Begleitumstände wie 2003 angenommen, würde ich auch heute wieder die gleiche Entscheidung treffen. Übrigens: ich schätze die Produkte von NI und was immer auch ImagingLab entwickelt, ist ganz eng mit LabView und der Vision Library von National Instruments verknüpft.

Was bietet Ihre Firma ImagingLab heute an und was ist Ihr Erfolgsrezept?
I. Piacentini: ImagingLab war ursprünglich geplant als eine Art „Konstruktionsbüro" für die Lösung anspruchsvoller Bildverarbeitungsaufgaben. Wir wollten Machbarkeitsanalysen, Untersuchungen, Konstruktion und Simulation und dedizierte Softwareentwicklung anbieten und uns möglichst wenig mit Hardware und mechanischer Konstruktion beschäftigen. Innerhalb von nur wenigen Monaten mussten wir allerdings unser Spektrum bis hin zur kompletten Prototyperstellung erweitern. Heute besteht unser Hauptgeschäft daraus, unseren Kunden - die meisten von ihnen Maschinen- und Anlagenbauer - vollständig integrierte Robot Vision-Systemlösungen zur Verfügung zu stellen. Ein Schlüssel zu unserem Erfolg ist unser Bildverarbeitungs-orientierter Zugang zur Robotik: Wir haben über die Jahre einen vollständigen Robot Vision Applikations-Layer entwickelt, der über eine LabView-basierende Bibliothek für eine Reihe von Roboterfabrikaten verfügt. Aus Programmierungssicht gibt es nur eine Softwareumgebung für sowohl die Bildverarbeitung als auch den Roboter. Das ermöglicht kürzere Entwicklungszeiten und eine insgesamt bessere Performance der Maschinen, die sich diese Technologie zunutze machen. Wir haben darüber hinaus investiert in gemeinsame Entwicklungsprozesse mit unseren Kunden und dabei soviel Technologie-Know-how an sie übertragen, dass sie die volle Verantwortung für ihre Systeme übernehmen können und damit die Notwendigkeit, uns in Inbetriebnahme und Support zu involvieren, deutlich sinkt.

Herr Piacentini, ganz herzlichen Dank für dieses interessante Gespräch.

Kontakt

ImagingLab Srl

via XX Settembre 51
26900 Lodi
Italien

+39 0371416366

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