Vision 2016: Industrie 4.0 beflügelt Embedded Vision-Systeme

29.09.2016 -

Vor fast 20 Jahren wurden auf der Vision die ersten Embedded Vision-Systeme vorgestellt. Das Konzept, erstmals die gesamte Bildverarbeitung mit Hard- und Software in einem Stand-Alone-System zu vereinen, erwies sich als Erfolgsstory. Sie hat die Welt der industriellen Bildverarbeitung verändert und führte sogar zur Gründung einer eigenen, ständig wachsenden VDMA-Arbeitsgruppe. „Das Interesse an unserer Arbeitsgruppe nahm nach der Vorstellung unserer Studie enorm zu, mittlerweile haben wir 20 aktive Mitglieder“, berichtet Dr. Klaus-Henning Noffz, Leiter der VDMA-Arbeitsgruppe Embedded Vision und CEO der Silicon Software GmbH aus Mannheim. Die Rede ist vom Embedded Vision Study Group (EVSG) Report, der im Sommer 2015 auf dem G3 Future Standards Forum in Chicago vorgestellt wurde. 

Embedded Vision spielt eine wichtige Rolle bei Industrie 4.0

Die Studie spiegelt vor allem die enormen technischen Veränderungen. „Früher ging es bei Embedded-Technologie darum, alles möglichst kompakt in einem Gerät unterzubringen, das sich auch mobil einsetzen lässt“, erklärt das Mitglied des VDMA Boards Fachabteilung Bildverarbeitung. „Doch Embedded Vision geht deutlich weiter: Im Mittelpunkt steht die Klärung der Frage, welche Rolle die Bildverarbeitung im Zusammenhang mit Industrie 4.0 spielen kann.“ So fragen sich die Experten beispielsweise, wie Geräte aussehen müssen, damit sich mit ihnen „Bildinspektion am Ort des Geschehens“ verwirklichen lässt. „Wie lässt sich beispielsweise ein Sensor so mit Prozessorintelligenz verbinden, dass sie seine Bilddaten automatisch in ein Netzwerk einspeist?“, nennt Dr. Noffz eine der typischen Fragen. „Es geht also um den Aufbau von dezentraler Intelligenz.“

Das wirke sich auch auf die Automatisierungstechnik aus, denn die Embedded Vision-Systeme wandeln sich zu intelligenten, selbstständig agierenden Teilnehmern in der smarten Fabrik. „Diese Bildverarbeitungsgeräte melden sich nicht nur automatisch im Netzwerk an, sondern sie wissen auch, welcher Netzwerkteilnehmer ihre Messergebnisse benötigt“, sagt der CEO. „Das Automatisierungs-Netzwerk kann es dann aber auch ansprechen, um gezielt von dem Gerät detaillierte Informationen – etwa von einer aktuellen Bildinspektion – abzurufen.“ Entsprechend wandle sich auch das Netzwerk vom früheren Pyramidenmodell mit streng hierarchischen Ebenen zur durchgängigen, dezentralen EDV-Struktur, in der jeder mit jedem kommuniziere.

Die Nachfrage nach entsprechenden Systemen, die sich problemlos in die smarte Fabrik der Zukunft integrieren, wächst. „Wir stellen daher auf der Vision eine Software vor, die Kameras intelligenter macht“, erläutert Dr. Noffz. „Die Kamera leitet dann nicht mehr Bilddaten, sondern bereits komplett aufbereitete Ergebnisse weiter.“

Plötzlich ist Echtzeitverarbeitung gefordert

Auch enorm gestiegener Rechnerleistung und Hardwarekomplexität verdankt Embedded Vision seinen Erfolg. Carsten Strampe, Geschäftsführer der IMAGO Technologies GmbH aus Friedberg: „Äußerlich sehen die Boards unscheinbar aus. Jedoch werden bei einem heutigen Prozessor bis zu 1.300 Pins angeschlossen – inklusive der Peripherie sowie Highspeed-Layouts eine Herausforderung.“ In den Rechnern arbeiten multicore-multitaskingfähige Echtzeitbetriebssysteme, alternativ mit Linux-Betriebssystemen. Zum Einsatz kommen wesentlich komplexere Schnittstellen mit Ethernet- oder paketorientierten Kameraprotokollen (z.B. GigE Vision). Separate RISC-Prozessoren können sogar Echtzeit-Feldbusprotokolle verarbeiten. Hinzu kommen die Anforderungen durch Industrie 4.0. „Neueste Betriebssysteme und reichhaltige Zusatzprogramme sind gefragt, weil die Systeme selbstverständlich ins Netz und in Datenbanken eingebunden werden“, sagt Strampe. „Das Embedded Vision-System ist nicht mehr nur auf die Bildverarbeitung spezialisiert, sondern es führt ergänzend viele andere Aufgaben aus – und das möglichst in der Prozessechtzeit heutiger schnell laufender Maschinen und Produktionsanlagen.“

„Auf der Vision 2016 zeigen wir als wahrscheinlich erstes Unternehmen einen Embedded Vision-Rechner mit dem ARM-Prozessor Flaggschiff von NXP“, meint Strampe. „10GigE-Kameraschnittstelle, I/O-, Encoder-, LED-Controller, Feldbusschnittstellen und 10 GigE-Ethernet vereinen sich mit einem 2-GHz Achtkernprozessor der ARM A72-Architektur. Wir sind gespannt auf die Resonanz der professionellen Entwickler auf die VisionBox LeMans.“

Auf eine sehr enge Zusammenarbeit mit Anwendern setzt die Xilinx, Inc. aus San Jose (US-Bundesstaat Kalifornien) mit ihrem Partnerprogramm (ecosystem of partners), in dessen Rahmen Lösungen für Hard- und Software-Entwickler von Embedded Vision-Systemen entstehen. So gibt es bereits eine Reihe von anspruchsvollen Embedded Vision-Anwendungen mit Xilinx-Technologie – von der Überwachung, Robotik, Drohneneinsatz bis hin zur Augmented Reality. Industrie 4.0 spielt bei diesen industriellen Einsätzen für Aaron Behman, Director of Strategic Marketing/Embedded Vision „eine bedeutende Rolle“, denn erst sie ermögliche es, die Echtzeit- und hohe Leistungsfähigkeit etwa der Field-Programmable Gate Arrays (FPGAs) von Xilinx voll auszuschöpfen.

Chip schützt vor Datendiebstahl

Auf der Vision präsentiert Xilinx, wie sich dank frei programmierbarer Systeme Sensorfusion mit hohen Freiheitsgraden verwirklichen lässt. „Sensorfusion ist mehr als nur eine nach vorne und nach hinten gerichtete Kamera“, betont Behmann. „Xilinx unterstützt in einem System auch homogene Anwendungen wie Stereo-Vision- oder Multi-Kamera-Surround-Ansicht und heterogene Sensorfusion – etwa von infraroten und sichtbaren Daten.“ Zu den Highlights zählt mit Blick auf den möglichen Datendiebstahl aber auch die neue „Trust Zone“: Auf einem einzigen Chip befinden sich Verschlüsselungssysteme und Anti-Tamper-Funktionen für Embedded Vision.

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