Umfrage: KI in der Bildverarbeitung
03.05.2024 - Heutige und zukünftige Anwendungsfelder von KI in der industriellen Bildverarbeitung
Peter Felber, Product Manager Digital Imaging bei der Baumer Group
Nach vielen Jahren voller faszinierender KI-Experimente von Universitäten und Laboren sehen wir nun endlich richtige Anwendungen im Alltag. Während wir im privaten Umfeld schon länger wie selbstverständlich KI nutzen, um zum Beispiel per Smartphone das Menü im Restaurant zu fotografieren und zu übersetzen, ist die Anwendung von KI in der industriellen Bildverarbeitung noch nicht ganz selbstverständlich.
Dies ändert sich aktuell und wir erwarten, dass KI-basierende oder -unterstützte Anwendungen in den nächsten Jahren die klassische Bildverarbeitung in vielen Bereichen ersetzen werden. Baumer bietet die speziell auf KI-Anwendungen abgestimmten, frei programmierbaren AX Smart Cameras mit Nvidia-Jetson-Technologie an, um diesen Trend zu unterstützen.
Viele einfachere Anwendungen wie das Zählen von Objekten, die Vollständigkeitskontrolle oder OCR-Aufgaben lassen sich schon heute mit geringem Aufwand mit Hilfe von KI umsetzen. Der große Vorteil für den Anwender liegt hier in der einfachen Handhabung von KI-Software. So können Maschinenbediener ohne tiefes Wissen zur Bildverarbeitung heute neuronale Netze mittels nur weniger Gut-/Schlecht-Bilder auf das
aktuell gefertigte Produkt trainieren. Komplexere Anwendungen, welche bisher nicht oder nur unter größten Herausforderungen gelöst werden konnten, werden mit KI deutlich einfacher. Aufgaben wie Unkrauterkennung auf dem Feld oder das Finden von Webfehlern in Textilien etwa können mit gut trainierten Modellen automatisiert werden. Dies ermöglicht den Einsatz von Industrie 4.0 oder Smart-Farming-Technologien und steigert damit die Effizienz in der Produktion.
Daniel Routschka, Specialist Artificial Intelligence bei IDS Imaging Development Systems
Wir erwarten einen quantitativen als auch einen qualitativen Anstieg von KI-basierten Anwendungen. Dafür sind zwei Faktoren wesentlich: Zum einen entwickelt sich die Technologie weiter, was bedeutet, dass sie je nach Anwendung in puncto Stabilität und Leistungsfähigkeit überlegen ist. Ein Beispiel ist die Fehlererkennung bei Montageprüfungen und Oberflächeninspektionen. Mit Hilfe von Anomaly Detection können relativ kleine und vor allem auch unerwartete Fehler entdeckt werden. Ihr Vorteil ist, dass die KI den Sollzustand anhand von „guten“ Trainingsbildern erlernt und Abweichungen anzeigt. Betrachten wir zudem den Anwendungsbereich OCR. Bei Text- und Zeichenerkennung ist eine gleichbleibend hohe Qualität wichtig, unabhängig davon, ob Formfehler durch Rillen, Prägungen oder Lasergravuren vorliegen oder ob Zeichen überlagert oder unvollständig sind. KI kann mit diesen Sonderfällen und Abweichungen umgehen.
Neben der reinen Technologie ist Usability ein wichtiger Treiber für die Zunahme von KI in der Bildverarbeitung. Der Zugang ist oft intuitiver und einfacher als bei regelbasierten Ansätzen. Komplettsysteme wie IDS NXT oder die AI-Vision-Lösung Denknet setzen hier Maßstäbe. Sie können auch ohne KI-Vorkenntnisse genutzt werden und liefern Ergebnisse sozusagen auf Knopfdruck. Letztlich kommt es immer darauf an, dass ein Bildverarbeitungssystem die gewünschten Ergebnisse liefert – schnell, kostengünstig und präzise. Deshalb werden Anwender oft nicht mehr um KI herumkommen.
Argiro Saloni, DeepLearning Expertin und Softwareingenieurin bei VMT Vision Machine Technic Bildverarbeitungssyteme
KI wird auch bei VMT Vision Machine Technic Bildverarbeitungssyteme schon seit vielen Jahren eingesetzt, vor allem in Form von Deep-Learning-Klassifikatoren. Dabei ist künstliche Intelligenz besonders sinnvoll bei Anwendungen mit hohem Wiederverwendungsgrad. Folgende drei Aspekte spielen hierbei eine maßgebliche Rolle:
- Effiziente Inbetriebnahme: Die zur Verfügung stehende Zeit auf unseren Baustellen wird immer kürzer. Mit Hilfe von KI können wir den Aufwand verlagern und in die Inhouse-Erstellung universeller Klassifikatoren stecken. Auf der Baustelle können dann schnell zuverlässige Erkennungen umgesetzt werden. Dennoch können wir auch jederzeit schnell auf Bauteiländerungen oder ähnliches reagieren. Ein Beispiel hierfür ist die Inspektion von Stopfen verschiedener Automotive-Hersteller auf deren Vorhandensein.
- Robustheit: KI dient als weitere Auswertemethoden, neben den klassischen Bildverarbeitungsansätzen, wodurch Pseudofehler reduziert und somit die Zuverlässigkeit der Inspektionssysteme erhöht wird. Als Beispiel sei hier unsere Lösung zur Kleberaupenkontrolle, der VMT SpinTop G2, genannt, bei dem ein zusätzlicher Klassifikator erhöhte Robustheit bieten soll, indem er komplexe Fehlermuster erkennen kann.
- Neue Einsatzmöglichkeiten: Neben bestehenden Anwendungen werden neue Möglichkeiten geschaffen, die bislang nicht lösbar waren. Ein gutes Beispiel hierfür ist der sehr weitgehende Einsatz von KI in unserer Hygienemonitoring-Lösung Hyproscreen aus unserem Lifescience-Bereich, zur mikrobiologischen Erkennung von Keimen. Die Flexibilität von KI-Algorithmen ermöglicht die effektive Umsetzung solcher Anwendungen in komplexen Umgebungen.
Christian Eckstein, Product Manager & Business Developer bei MVTec Software
Wenn wir von KI in der industriellen Bildverarbeitung sprechen, dann sprechen wir in erster Linie von Technologien rund um maschinelles Lernen und insbesondere von Deep Learning. Durch selbstlernende Algorithmen ermöglichen entsprechend trainierte neuronale Netze nie dagewesene Ergebnisse bei der Objekt- und Fehlererkennung. Mit innovativen Technologien, wie der von MVTec entwickelten Global Context Annomaly Detection kann zum Beispiel in der Oberflächeninspektion eine Vielzahl von Kratzern, Dellen, Einschlüssen oder ähnliches erkannt werden. Das funktioniert dann sogar ohne allzu großen Aufwand – lediglich eine moderate Anzahl an leicht zu beschaffenden „Gut-Bildern“, also Bilder von einwandfreien Oberflächen, werden benötigt. Sinnvolle Anwendungsfälle für Deep-Learning-Algorithmen gibt es häufig dort, wo klassische Bildverarbeitungsmethoden an ihre Grenzen kommen – wenn beispielsweise die zu inspizierenden Fehler in solch großer Varianz vorkommen, dass es schier unmöglich wird, jede Fehlerausprägung in regelbasierte Bildverarbeitungsalgorithmen zu programmieren. So kann Deep Learning auch völlig neue Anwendungsfälle – jenseits klassischer Methoden – ermöglichen. Man denke zum Beispiel an die Inspektion von Objekten, die weich sind und/oder sich verformen. Da mittlerweile die Hersteller der Branche immer mehr einfach zu bedienende KI-Produkte auf den Markt bringen, wird KI in der Branche zukünftig immer mehr zum Einsatz kommen. Unterstützt wird dieser Trend zudem durch die zunehmend verbreiteten KI-Beschleuniger.
Michael Paintner, Geschäftsführer Produkte und Mitglied der zentralen Konzerngeschäftsleitung bei IFM
Künstliche Intelligenz und industrielle Bildverarbeitung sind zwei Themenfelder, die ideal zueinander passen. Der Grund ist einfach: Moderne Bildsensoren erzeugen sehr große Datenmengen, in der Anwendung wird aber häufig nur eine sehr einfache Information benötigt, zum Beispiel die Entscheidung, ob ein Bauteil in Ordnung ist oder nicht. Solche Informationen aus Bilddaten zu extrahieren, ist eine der Anwendungen, die sich mit KI gut lösen lassen. Das geht in vielen Fällen schneller, einfacher und zuverlässiger als mit herkömmlichen Algorithmen. Bei IFM verwenden wir deswegen KI in vielen unserer Vision-Sensoren, beispielsweise für die Bildverbesserung. Der Anwender bemerkt deren Einsatz gar nicht, die Sensoren liefern dadurch aber häufig bessere Ergebnisse in der Anwendung. Aber auch in Endanwendungen ist KI bei uns bereits weit verbreitet. So haben wir mit Mate ein Werkerassistenz-System entwickelt, das die menschliche Hand in einem Videobild erkennt und damit sicherstellen kann, dass die richtigen „Handgriffe“ ausgeführt wurden.
In allen Fällen sollte aber der Nutzen von KI in der Anwendung insbesondere im Verhältnis zu den Kosten im Vordergrund stehen. Durch die immer stärkere Verbreitung gehen wir aber davon aus, dass auf KI basierende Lösungen immer kostengünstiger werden und sich dementsprechend in Zukunft in immer mehr Anwendungen der industriellen Bildverarbeitung etablieren werden.
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