Automatisierung

„Spezialkabel im Bio-Design“

10.12.2024 - Im Gespräch: Jürgen Hova, Leiter Produktmanagement und Produktentwicklung bei SAB Bröckskes

Auch im Bereich Kabel- und Leitungstechnik sind nachhaltige Lösungen gefragt. Daher haben wir mit Jürgen Hova, Leiter Produktmanagement und Produktentwicklung bei SAB Bröckskes, über eine neue  Produktlinie im Bio-Design gesprochen. Mit den schleppkettenfähigen Daten- und Steuerleitungen der Serie SABorganic soll der CO2-Fußabdruck gegenüber vergleichbaren, konventionellen Leitungen um durchschnittlich ein Viertel sinken.

Herr Hova, was hat den Ausschlag für die Entwicklung einer nachhaltigeren Produktlinie gegeben?

Jürgen Hova: Wir entwickeln unsere Produkte in engem Austausch mit unseren Kunden. Dadurch kennen wir die aktuellen Branchenanforderung, die wir als Spezialkabelhersteller in unseren passgenauen Lösungen berücksichtigen müssen. Neben Belastbarkeit, Funktionalität und Sicherheit wird immer mehr Wert auf ein leichteres und schlankeres Kabeldesign gelegt. Gerade in der Automatisierung und Robotik sind Gewichtseinsparungen und verkleinerte Außendurchmesser entscheidende Faktoren. Deshalb haben wir uns entschlossen, mit der SABorganic S 1000 eine rundum erneuerte Modellreihe schleppkettenfähiger Steuer- und Datenleitungen zu konzipieren. Durch verschlankte Materialstärken bei Isolierung und Ummantelung konnten wir das Eigengenwicht der Leitung verringern. Der leichtere Leitungsaufbau reduziert den Material- und Verarbeitungsaufwand sowie die Transportkosten. Zudem sinkt der Energiebedarf im Schleppketteneinsatz, da weit weniger Antriebsleistung benötigt wird.

Für die neue Produktlinie setzen Sie ein neues, nachhaltigeres Mantelmaterial ein. Wie verbessert sich dadurch die Ökobilanz? 

Jürgen Hova: Für die Kabelummantelung bieten sich diverse Kunststoffe mit unterschiedlichen Materialeigenschaften an. Neben Polyurethan – kurz PUR – stehen mittlerweile auch andere Werkstoffe wie Polyethylen und Polyvinylchlorid mit biobasiertem Rohstoffanteil zur Verfügung. In vielen Anwendungsfällen mit hohen Beanspruchungen überwiegen allerdings die Vorteile einer PUR-Ummantelung, da das Material mechanisch stark belastbar ist. Zudem weist PUR eine gute chemische Beständigkeit gegenüber mineralischen Ölen, alkoholfreien Benzinen, Wasser und vielen Lösungsmitteln auf. Um den Verbrauch fossiler Ressourcen bei der Kunststoffherstellung zu reduzieren, wird beim klimafreundlichen PUR dem Rohstoff vor der Polymerisation ein größerer Anteil aus Pflanzen erzeugtes Öl beigemischt. In unserem Fall beträgt dieser Anteil 45 Prozent. Mit dem neuen Mantelmaterial, das wir aus kurzen, lokalen Lieferketten beziehen, verringern wir den CO2-Fußabdruck der SABorganic S 1000 gegenüber vergleichbaren fossilen Produkten um durchschnittlich 25 Prozent.

Sie haben Ihre neue Modellreihe für schleppkettenfähige Steuer- und Datenleitungen konzipiert. Warum hat sich SAB genau für diesen Anwendungsbereich entschieden und welche Herausforderungen waren damit verbunden?

Jürgen Hova: Aktuell bieten wir die SABorganic S 1000 standardmäßig als Control- und Data-Ausführung in geschirmten und ungeschirmten Varianten mit drei bis 20 Adern in Querschnitten zwischen 0,14 mm2 und 10,0 mm2 an. Auf Anfrage können wir auch andere Abmessungen realisieren. Wir haben mit diesen beiden Kabeltypen begonnen, da sie für uns wichtige Marktsegmente in einem breiten Anwendungsspektrum darstellen. Die Mantellösung aus biobasiertem PUR lässt sich aber konstruktiv auch auf viele andere Produkte anwenden, die bisher mit Kabelmänteln aus konventionellem Polyurethan gefertigt werden. Beispielsweise haben wir bereits eine klimafreundliche Cat 6-Version in 4x2x26 AWG-Ausführung produziert. Als zentrale Herausforderung erweist sich natürlich immer die Belastbarkeit des gesamten Kabeldesigns. In umfangreichen Prüfungen und mechanischen Belastungstests haben wir sichergestellt, dass unsere Lösung den anspruchsvollen Einsatzbedingungen mit millionenfachen Biegewechselzyklen und engen Biegeradien zuverlässig und dauerhaft standhält. Zudem erfüllt die für eine zu erwartende Lebensdauer von 20 Jahren ausgelegte Produktlinie alle aktuellen Industrienormen. Des Weiteren haben wir die Standardvarianten durch werkseigene Typprüfungsreihen unter anderem auf Alterungs- und chemische Beständigkeit, Reiß- und Bruchfestigkeit sowie ihre UV-, Ozon- und Temperaturresistenz getestet. 

Welche Auswirkungen haben das neue ­Mantelmaterial und Kabeldesign auf die ­Produkteigenschaften der Leitungen? 

Jürgen Hova: Da der biobasierte Rohstoffanteil bereits vor der Polymerisation in die Kunststoffproduktion einfließt, gleichen die Produkteigenschaften der neuen, klimaverträglicheren Kabelmäntel denen von herkömmlichen SAB-Schleppkettenleitungen. Auch die Verarbeitung des Materials unterscheidet sich kaum von konventionell erzeugtem Polyurethan. Die bis 60° pro Meter tordierbaren Leitungen können in Temperaturbereichen von -50 °C beziehungsweise -40 °C bis +90 °C eingesetzt werden und halten bei eingeschränkter Gebrauchsdauer auch höheren Temperaturen bis +125 °C stand. Das halogenfreie, flammwidrige Mantelmaterial entspricht der IEC 60332-1-2. Zudem ist SABorganic S 1000 beständig gegen mineralölbasierte Schmierstoffe und viele Chemikalien. Die neue Serie verfügt über eine Ozonbeständigkeit gemäß EN 50396, ist UV- und witterungsbeständig nach HD 605 sowie frei von lackbenetzungsstörenden Substanzen. 

Wie beurteilen Sie das Marktpotenzial für nachhaltige, CO2-reduzierte Produktlinien im Bereich der Kabel- und Leitungstechnik? 

Jürgen Hova: Die industrielle Nachfrage nach klimafreundlicheren, nachhaltigeren Lösungen betrifft alle Bereiche von der Produktion über die Infrastruktur bis zur Energieversorgung. Überall lassen sich Einsparpotenziale heben, um die Klimabilanz des eigenen Unternehmens zu verbessern oder Kompensationsleistungen zu erbringen. Schlankere Leitungen mit Kabelmänteln aus biobasiertem Kunststoff können einen signifikanten Beitrag zur CO2-Reduktion leisten, der sich genau beziffern und dokumentieren lässt. Deshalb lohnen sich Investitionen in nachhaltiger produzierte Kabelreihen wie SABorganic, auch wenn die Anschaffungskosten noch über denen konventioneller Leitungen liegen. Im Rahmen unseres Unternehmensziels einer nachhaltigen, auf CO2-Neutralität ausgerichteten Produktion wollen wir unser Angebot ökologisch verbesserter Kabelsysteme schrittweise ausbauen. Als weitere Maßnahmen betreiben wir seit 2005 ein Umweltmanagementsystem nach ISO 14001 und seit 2011 ein Energiemanagementsystem nach ISO 50001. Mittlerweile decken wir circa ein Viertel unseres Strombedarfs durch regenerativ erzeugte Energie aus eigenen PV-Anlagen.

Kontakt

SAB Bröckskes GmbH & Co. KG

Grefrather Str. 204-212b
41749 Viersen

+49 21 62 898 0
+49 21 62 898 101

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