Bildverarbeitung

Smart Kamera mit intuitiver Software zur automatisierten Sichtprüfung

15.12.2011 -

Wissenschaftler haben Algorithmen entwickelt, die das Prinzip des menschlichen Sehens nachahmen und so schneller und effizienter Defekte identifizieren können. Diese und weitere Algorithmen wurden auf eine intelligente Kamera portiert.

Windows kennt jeder. Kaum jemand schreibt heute einen Brief oder eine Mail, berechnet Tabellen oder plant Präsentationen, ohne vorher das Microsoft-Betriebssystem hochzufahren. Auch Schulen bilden daran aus. Gerade deswegen fällt vielen auch an ihrem Arbeitsplatz der Umgang mit Software leichter, wenn sie auf dem Microsoft-Betriebssystem basiert.

Leichter dank Windows

Das wusste auch das Fraunhofer Institut für Produktionstechnik und Automatisierung (IPA) bei der Entwicklung der Bildverarbeitungssoftware EMSIS. Diese Software wurde auf eine intelligente Kamera portiert, die bei der Qualitätskontrolle in der Fertigung helfen soll. Die basiert auf Sonys Modell XCI-SX1 und arbeitet mit Windows XP. Die Entwicklung erfolgte in Zusammenarbeit mit der Firma Maxxvision, die die Kamera zusammen mit SmartEMSIS in Zukunft vertreiben wird. Das System hat zwei Vorteile: Es ist leicht in bestehende Anlagen zu integrieren und dank der bekannten Windowsoberfläche einfach zu bedienen. So kann der Anwender mit von Windows bekannten Symbolen komplexe Prüfungen in Messprogrammen definieren. Auch spezielle Prüfsoftware erstellt und modifiziert sich leichter.

Strukturen prüfen

Die intelligente Kamera nutzt man bspw. zur automatischen Prüfung strukturierter Oberflächen (Texturen). Bisher hatte dies den Nachteil, dass man Sollwerte für Grauwert- und Texturmerkmale der Oberfläche und Toleranzbänder fest einstellen musste, besonders bei Oberflächen hoher Variabilität. Je nach Textur können die Toleranzbänder aber zu weit oder zu eng gefasst sein. Sind sie zu weit gefasst, nimmt die Anzahl der übersehenen Defekte zu, bei zu enger Fassung entsteht eine große Zahl von Pseudofehlern.

Das Auge nachgeahmt

Die am Fraunhofer IPA entwickelte Prüfung orientiert sich an der Fähigkeit des Menschen, Unregelmäßigkeiten auf Oberflächen zu erkennen. Dieses Vorgehen wird von der Prüfsoftware DefDetect nachgeahmt. Im ersten Schritt führt die Software eine Analyse der Oberfläche im Bild durch. Dabei wird ein Modell der Oberflächenstruktur erzeugt, das lokale Störungen ausblendet. In einem zweiten Schritt wird die gesamte Oberfläche mit dem erzeugten Modell verglichen und die Oberflächendefekte für eine gut-schlecht Klassifizierung der Prüfobjekte genutzt. Anders als bei einer herkömmlichen Software zeigen sich Defekte jetzt nicht mehr als Abweichung gegenüber einem extern definierten Modell, sondern als Störung der im Bild dominierenden Oberflächenstruktur.

Schnell in Löcher schauen

Ein weiteres Beispiel für die Anwendbarkeit der am Fraunhofer IPA entwickelten Algorithmen ist ein Softwaremodul zur Prüfung von Bohrlöchern und Innengewinden auf Fehler- und Verschmutzungsfreiheit. Deren schwer zugängliche Geometrie stellt eine Herausforderung für Inspektionssysteme dar.

Bisherige Sichtprüfsysteme beruhen in der Regel auf dem Einsatz von Endoskopen, die in die Bohrung eingeführt werden müssen. Damit lassen sich die Bohrlöcher und Innengewinde in hoher Qualität abbilden, allerdings dauert dies lange. Zudem besteht im praktischen Einsatz immer die Gefahr, dass die empfindlichen Endoskope durch defekte Prüflinge beschädigt werden. Das neue Prüfverfahren des Fraunhofer IPA verwendet statt Endoskopen Superweitwinkel-Objektive, die eine Abbildung der Bohrung von außen ermöglichen. Die gewonnene Geschwindigkeit wird aber durch eine geringere Abbildungsqualität erkauft. Aus diesem Grund war die Entwicklung von neuen Auswerteverfahren der digitalen Bildverarbeitung erforderlich, die robust gegenüber den Abbildungsdefiziten sind.

Fazit

Neben den beiden in den Beispielen beschriebenen Algorithmen stehen auch alle sonstigen Auswerte- und Messfunktionen (Abstände, Winkel, Durchmesser,…) in SmartEMSIS zur Verfügung. Damit kann ohne aufwändige Hardware, allein mit der Smart Kamera, eine in die Fertigung integrierte Qualitätsprüfung erreicht werden. Da sich das Fraunhofer IPA als Technologieentwickler sieht, werden die vorgestellten Beispiele von Auswerteverfahren auch als Module zur Integration in eigene Entwicklungen angeboten.

Kontakt Dipl.-Math. Martin Stotz Fraunhofer Institut für Produktionstechnik und Automatisierung IPA Tel.: 0711/970-1855 martin.stotz@ipa.fraunhofer.de www.ipa.fraunhofer.de

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