Automatisierung

Sicherheitssystem vereint Safety und Industrial Security

27.10.2022 - Modular aufgebautes Schutztürsystem bietet Flexibilität und dezentrale Intelligenz, um vielfältige Anwendungen abzusichern

Jede Applikation stellt andere Anforderungen an das Sicherheitskonzept. Entsprechend groß ist die Auswahl an Lösungen. Ein Beispiel dafür ist die Absicherung von Gefahrenbereichen mit Schutztürsystemen. Dabei reichen die Möglichkeiten von einfachen Sicherheitsschaltern bis hin zu modular aufgebauten Schutztürsystemen. Letztere erlauben nicht nur maßgeschneiderte Lösungen, sondern kombinieren mit den passenden Erweiterungen Safety und Industrial Security.

Beweglich trennende Schutzeinrichtungen bieten ein hohes Maß an funktionaler Sicherheit. Im Mittelpunkt steht dabei der Schutz des Werkers vor gefährlichen Maschinenbewegungen. Je nachdem, ob es sich um eine Stand-alone-Maschine oder um komplexe, verkettete Anlagen handelt, ist dafür ein maßgeschneidertes Sicherheitskonzept gefragt. Haben Maschinen beispielsweise einen gefährlichen Nachlauf, wird Zuhaltung eine wichtige Rolle spielen, sind Türen begehbar, ist eine Fluchtentriegelung ein Muss.
Doch über den Schutz des Menschen hinaus soll auch die Anlage selbst geschützt werden – zum Beispiel vor Manipulationen. Um zu verhindern, dass Sicherheitsvorkehrungen ausgehebelt oder Maschinen falsch bedient werden, sind grundsätzlich intuitive, einfach zu handhabende Bediensysteme gefragt. Das Thema „Umgehen von Schutzeinrichtungen“ ist ein zentraler Punkt der EN ISO 14119. Die Norm definiert Leitsätze für die Gestaltung und Auswahl von Schutztürsystemen und bietet damit konkrete Hilfestellung, wie Manipulation vermieden werden kann.

Baukasten für Schutztürabsicherung

Ein modular aufgebautes Schutztürsystem bietet die Flexibilität und die dezentrale Intelligenz, um vielfältige Anwendungen abzusichern. Die individuelle Lösung besteht aus einer Kombination von Sensoren, Fluchtentriegelung, Türgriffen sowie einer Bedien- und Taster-Unit. Je nach Applikation wählen Anwender den passenden Schutztürsensor und kombinieren diesen mit den für ihre Anwendung erforderlichen Komponenten zu ihrer individuellen Lösung. Immer, wenn von der Maschine nach dem Stoppbefehl noch eine Gefahr ausgeht, das heißt wenn es einen Nachlauf gibt, wie zum Beispiel bei Maschinen mit rotierenden Messern oder Schwingrädern und bei Robotern, ist eine Verriegelungseinrichtung mit Zuhaltung das Mittel der Wahl.

Sicher verriegeln und zuhalten

Die ISO 14119 gibt vor, dass eine Verriegelungseinrichtung die gefährliche Maschinenbewegung beim Öffnen der Schutzeinrichtung sofort stoppen und auch den Wiederanlauf verhindern muss, solange die Schutzeinrichtung geöffnet ist. Der Schutztürsensor PSENmlock von Pilz bietet eine sichere Verriegelung sowie eine sichere Zuhaltung. Damit ist er für den Personen- und Prozessschutz bis zur höchsten Sicherheitskategorie PL e einsetzbar. Die Schutzeinrichtung wird erst entsperrt, wenn sich die Maschine in einem sicheren Zustand befindet oder komplett gestoppt hat – die Schutztür kann erst dann geöffnet werden, wenn keine Gefahr mehr von der Maschine ausgeht.

Diagnose- und Statusinformationen für eine schnelle Fehlerbehebung

Kombiniert man den Schutztürsensor PSENmlock mit der Diagnoselösung Safety Device Diagnostics (SDD) stehen umfangreiche Diagnose- und Statusinformationen zur Verfügung, die eine schnelle Fehlerbehebung ermöglichen und so Stillstandzeiten reduzieren. Zudem ermöglicht die SDD eine sichere Reihenschaltung und gleichzeitig die gezielte Ansteuerung einzelner Sensoren. So können Anwender definieren, welche Türen nach Abschalten geöffnet werden dürfen, wenn in einer Anlage etwa Wartungsarbeiten anstehen. Ansonsten würden bei Anforderung der Entriegelungsfunktion alle in Reihe geschalteten Schutztüren auf einmal aufgehen, was eine Einschränkung der Produktivität bedeuten kann.
Neben den Sicherheitssensoren vervollständigen passende Bedienelemente die individuelle Schutztürlösung. PSENmlock-Türgriffmodule verfügen über einen ausfahrbaren Betätiger und eine integrierte Fluchtentriegelung. Sie können flexibel an der Innen- und Außenseite der Tür montiert werden und ein Sperreinsatz verhindert den Wiederanlauf der Maschine. So werden begehbare Türen optimal abgesichert. Die Bedienung des Schutztürsystems erfolgt über eine Taster-Unit. Hier bietet Pilz für die Taster-Unit PITgatebox verschiedene vorkonfigurierte Varianten mit Kombinationen aus Drucktastern, Schlüsselschaltern und Not-Halt-Tastern.

Zugang nur für autorisierte Personen

Eine Variante der PITgatebox enthält die integrierte Ausleseeinheit PITreader, um den Zugang zu Maschinen und Anlagen zu regeln. Neben der klassischen Safety können mit Schutztürlösungen auch Security-Aufgaben gelöst werden. Damit ausschließlich autorisierte Personen Zugang zur Anwendung erhalten, lassen sich in moderne Schutztürsysteme Module für die Zugangsberechtigung integrieren. Es werden die Mitarbeiter identifiziert, die aufgrund ihrer Aufgabe oder Qualifikation Zutritt zur Maschine oder Anlage bekommen dürfen. Solche Freigaben oder Zugriffsrechte können je nach Unternehmensgröße auch für unterschiedliche Benutzergruppen oder beispielsweise für einen Maschinentyp, der konzernweit eingesetzt wird, vergeben werden. Anwender von PITreader erhalten ihre individuelle Berechtigung auf einem codierten RFID-Schlüssel und authentifizieren sich so an der Schutztür: Der Schlüssel wird im PITreader ausgelesen und der Zugang bei entsprechender Berechtigung erteilt. Befehle wie Maschinenstopp, Entriegeln, Verriegeln oder das Quittieren der Maschine lassen sich nach erfolgter Authentifizierung steuern. Somit ist die Maschine optimal gegen Fehlbedienung oder gar Manipulation geschützt.

Berechtigungen zentral managen

Ein effizientes Berechtigungsmanagement mit PITreader ist in Kombination mit der konfigurierbaren Kleinsteuerung PNOZmulti 2 realisierbar: Der Anwender kann die Zugangsberechtigungen für Maschinen und Anlagen per Drag & Drop mit der dazugehörigen Software PNOZmulti Configurator konfigurieren. Selbst komplexe hierarchische Berechtigungsmatrizen können im freien Anwenderbereich konfiguriert werden. Diese werden anschließend über die Ausleseeinheit PITreader auf die RFID-Keys übertragen.

Security-Vorfälle auswerten

Auch Security-Aspekte sind mit Blick auf Benutzerauthentifizierung, Qualifizierung und Zugriffsschutz berücksichtigt. Sollte sich trotz aller Sicherheitsmaßnahmen ein Unfall oder Security-Vorfall an der Maschine ereignen, ist über das Auslesen des RFID-Schlüssels nachvollziehbar, wer welche Änderung vorgenommen hat. Das ist vor allem bei Security-Vorfällen wichtig, um gezielt Gegenmaßnahmen einleiten zu können. Das Steuerungssystem erfasst anhand dieser Authentifizierung auch die Zeit des Zugangs im Ereignislog.
Mit einem solchen modular aufgebauten System, das Schutztürüberwachung und Zugangskontrolle kombiniert, können individuelle Schutztürlösungen umgesetzt werden. Wird das Schutztürsystem mit sicherer Steuerungstechnik von Pilz eingesetzt, entsteht eine sichere Komplettlösung: Das Ergebnis ist ein einfach bedienbares und ganzheitliches Sicherheitssystem, das Safety und Industrial Security vereint und gleichzeitig zu mehr Produktivität beiträgt.

Autor
Martin Bellingkrodt, Product Management Sensorik

Bilder: © Pilz GmbH & Co. KG

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