Sichere Rübenverarbeitung
Individuelle Sicherheitslösung sichert Herstellung und Intralogistik bei Südzucker ab
Bis aus einer Rübe Zucker wird, der am Ende aus dem Hochregallager ausgelagert und in LKWs verladen werden kann, müssen zahlreiche Prozessschritte durchlaufen werden. Den Beginn macht der Wiegeprozess. Pro Tag werden am Südzucker-Standort Ochsenfurt während einer Zuckerkampagne zwischen September und Januar von regionalen Bauern mehrere Tausend Tonnen Rüben angeliefert. Diese müssen zunächst gewogen, ihr Schmutzgehalt geschätzt sowie ihr Zuckergehalt bestimmt werden. Beim Abladen gilt wie bei allen internen Prozessen: safety first. Die Sicherheit, dass sich beim Entladen der LKWs keine Person im Gefahrenbereich der kippbaren Plattformen befindet, stellen mehrere von Leuze installierte Sicherheits-Lichtschranken MLD sicher. Diese sind Bestandteil des Sicherheitskonzepts, das von Leuze für Südzucker ausgearbeitet wurde. Während einer Zuckerkampagne werden sieben Silos, die den gesamten Vorrat bis zur nächsten Erntezeit beinhalten, befüllt.
Die nächsten Verarbeitungsschritte umfassen die Saftgewinnung, -reinigung, -eindampfung sowie Kristallisation bis hin zur Weiterverwendung und Verwertung der Nebenprodukte Futtermittel, Melasse und Carbokalk. Das fränkische Werk hat sich auf die Weiterverarbeitung von kristallinem Zucker zu flüssigen und pastösen Veredelungsprodukten für die weiterverarbeitende Lebensmittelindustrie, Imkereien und Bäckereibedarf spezialisiert. Dazu zählen zum Beispiel flüssige Zucker für alkoholfreie Erfrischungsgetränke, Fondants für Füllungen oder Glasuren auf Backwaren sowie Bienenfutter (Apiinvert, Apifonda).
Das Hochregallager im Werk Ochsenfurt verfügt über 72.000 Stellplätze. In sieben Gassen finden bis zu 6.000 Europaletten, auf denen Sackware und Eimer gelagert werden, Platz. Die Sackware ist bereits im Hochregallager mit Stretchfolie zur Transportsicherung fest mit der Europalette verbunden. Bei Eimerware erfolgt diese feste Verbindung erst kurz vor dem Verladen auf den LKW. Im Durchschnitt wird das Lager in maximal vier Wochen einmal komplett umgeschlagen.
Risikofaktor Übergabestation und Materialtransport
Je nach Warenabruf verlassen täglich 10 bis 25 Zucker-LKWs das Werk Ochsenfurt. Maximal zwei LKWs können gleichzeitig beladen werden. Dies geschieht mit Hilfe von bis zu zwei gleichzeitig arbeitenden Elektro-Niederhubwagen. Beim Andocken eines LKWs wird vom Lagerlogistiker die abzuholende Ware über SAP direkt aus dem Hochregallager abgerufen. Über Rollenförderer kommen die georderten Europaletten am Ende der Intralogistik-Prozesskette an: einem 5-spurigen Schwerkraftförderer, der von einem Querförderer mit Paletten beschickt wird. Die fünf Rollenbahnen des Schwerkraftförderers sind dicht nebeneinander angeordnet. Auszufördernde Europaletten mit Transportsicherung werden direkt auf die Schwerkraft-Rollenbahn übergeben und zu ihrem Übergabeplatz transportiert. Welche der fünf Bahnen angesteuert wird, bestimmt der Lagerlogistiker bei der Eingabe des jeweiligen Auftrags. Europaletten ohne festen Verbund werden vor ihrer Bereitstellung auf einen separaten Folienwickler umgeleitet, der mit Sicherheits-Lichtschranken MLD von Leuze abgesichert ist. Dort erhalten auch diese Paletten eine Folienumverpackung zur Transportsicherung, sodass auch sie danach fest mit ihrer Europalette verbunden sind. Die am Ende der leicht abschüssigen Transportanlage ankommenden Paletten werden von mechanischen Bremsen gestoppt. Die Niederhubwagen nehmen die Paletten am Übergabeplatz auf, transportieren sie zu den angedockten LKWs und verladen direkt.
Grenzen klassischer Sicherheitskonzepte
In vielen mehrspurigen Förderanlagen wurde in der Vergangenheit ein einzelnes Muting-Lichtgitter oder eine Lichtschranke benutzt, um gleichzeitig mehrere nebeneinander liegende Förderstrecken auf einmal abzusichern. Bei dieser Art der Installation handelt es sich aber um kein Muting wie es die DIN EN IEC 62046 fordert. Denn wenn während des aktiven Mutings die Schutzfunktion des Sicherheits-Lichtgitters temporär unterdrückt wird, können Personen den Gefahrenbereich neben einer aus ihm heraus geförderten Palette betreten – etwa von einer benachbarten Transportbahn aus.
Neben den Kostengründen gibt es aber wie hier bei Südzucker häufig konstruktive Gründe, die den Einsatz von mehreren benachbarten Muting-Strecken erschweren oder auch unmöglich machen. Selbst die effizientere Alternative zur Zugangsabsicherung Smart Process Gating, die 2016 von Leuze entwickelt wurde, konnte hier nicht genutzt werden. Diese Technologie basiert auf den Sicherheits-Lichtgittern MLC 530 SPG, welche zusätzliche Muting-Sensoren überflüssig machen. Doch Leuze Safety Consultant Volker Rohbeck erkannte, dass sich dieses Verfahren bei Südzucker an dieser Stelle nicht einsetzen lässt, da es konstruktiv auf dieser mehrspurigen Transportanlage nicht möglich ist, mehrere Muting- oder SPG-Strecken nebeneinander anzuordnen.
Safety-Check für ein neues Sicherheitskonzept
Der Bereich, in dem Paletten an den Schwerkraftförderer übergeben werden, sowie der dahinterliegende Gefahrbereich mussten sicherheitstechnisch zwingend gegen den Zugang von Personen abgesichert werden. Gleichzeitig sollte die Sicherheitslösung auch jeweils nur diejenige Bahn freigeben, auf der die Palette letztlich ausgegeben wird. Hierfür bedurfte es eines neuen Sicherheitskonzepts, das diese erweiterten Anforderungen erfüllte. Und zwar ein solches, das auch bei automatischen Abläufen lückenlose Sicherheit bietet, gleichzeitig aber einen effizienten Materialfluss sowie eine hohe Anlagenverfügbarkeit gewährleistet. Unter diesem Aspekt unterzog Volker Rohbeck mit Dieter Düll, verantwortlicher Elektromeister bei Südzucker, die Anlage einem kompletten Safety-Check. Gemeinsam suchten sie nach neuen sicheren und gleichzeitig effizienten Sicherheitslösungen und setzten diese am Ende um.
Absicherung mehrspuriger Transportanlagen
Heute erfolgt die Zugangssicherung der fünfspurigen Palettenauslagerung bei Südzucker über zwei vertikal ausgerichtete Sicherheits-Laserscanner RSL 400 von Leuze. Sie bilden zusammen ein vertikales Schutzfeld, das alle Bahnen abdeckt. Das Sicherheitssystem erhält von der Anlagensteuerung die Information, auf welcher Bahn die Palette ausgegeben wird und passt die Schutzfelder der beiden Laserscanner kurz vor der Durchfahrt der Palette entsprechend an. Übergibt der Querverschiebewagen eine Palette, wird dies an der Steuerung des Systems angemeldet und ein Schutzfeld an der entsprechenden Stelle in der Größe der Palette ausgewählt. Nach Durchfahrt der Palette werden die Schutzfelder der Sicherheits-Laserscanner zurück auf ihre Ausgangsgröße gesetzt und „schließen“ dadurch den Förderbereich wieder komplett. So wird lückenlose Sicherheit während der Transportzyklen gewährleistet. Zudem garantiert diese Lösung hohe Zuverlässigkeit und Verfügbarkeit. Das Sicherheitssystem bedarf keiner zusätzlichen Signale wie etwa die von Muting-Sensoren.
Damit gibt es auch keine anlagenbedingten konstruktiven Einschränkungen. Die Lösung ist manipulationssicher und für das Nachrüsten von Bestandsanlagen ideal: Die beiden Sicherheits-Laserscanner werden durch eine eigene zum Schutzkonzept gehörende vorprogrammierte Sicherheitskleinsteuerung gesteuert und über zweikanalige Sicherheitsausgänge in die Anlage integriert. Nötige Anpassungen der Software der Kleinsteuerung und der Konfiguration der Schutzfelder der Laserscanner sind einfach durchführbar – optional auch als Leuze-Dienstleistung für die jeweiligen Applikationsanforderungen.
Autor
Martina Schili,
Corporate Communications Manager