Bildverarbeitung

Qualitätssicherungssysteme im Wandel

Anforderungen durch eine KI-gestützte Konstruktion und Produktion an Inspektionssysteme

04.04.2022 - Trotz künstlicher Intelligenz, Automatisierung und additiver Fertigung bleiben Inspektionssysteme essenziell für die industrielle Produktion. Was sich vor allem ändert, sind die Bauteile. Die Qualitätssicherung muss sich also wandeln, etwa in Richtung Roboter-gestützte automatische 3D-Messsysteme.

Die Fabrik der Zukunft ist ein Schritt entfernt. Ein Schritt vom heute gängigen Just-in-Time-Prinzip hin zu Optimierungsmethoden, die nicht auf die Teilefertigung beschränkt sind, sondern bereits beim Formendesign beginnen – erdacht von Computern mit Berechnungsmethoden, die den menschlichen Geist übertreffen. Dies würde Teilegeometrien ermöglichen, die bisher nicht existierten, und die mit Mitteln produziert werden könnten, die weit fortgeschrittener sind als traditionelle Methoden. Die einzige Konstante, die von unseren bisherigen Fertigungsprozessen erhalten bliebe, ist die Notwendigkeit der Qualitätskontrolle, die im Endergebnis eine vollautomatische Inspektion wäre.

Drei Elemente sind für die Fabrik der Zukunft unabdingbar: Robotik, additive Fertigung und künstliche Intelligenz. In diesem Artikel versuchen wir zu umreißen, welche Auswirkungen, Folgen und vor allem welche Vorteile eine solche Zukunft für das Wachstum und die Umsätze der Unternehmen haben kann.

Roboter beherrschen die Fabriken der Zukunft

Mittlerweile ist eine Zukunft absehbar, in der niemand mehr eine Fabrik betritt oder sich in ihr bewegt, da Maschinen alle Vorgänge übernehmen, um Rohmaterialien so schnell und sicher wie möglich in Fertigprodukte zu verwandeln. Damit wird das Werk im Wesentlichen zu einem Ort, an dem ein elektromechanisches Ballett von Robotern abläuft, auf die Millisekunde genau choreografiert und von unermüdlichen Darstellern aufgeführt.

Da hier keine Menschen mehr unterwegs sind, können Sicherheitsstandards neu konzipiert und Abläufe überarbeitet werden, die Arbeitsgeschwindigkeit kann erhöht und die gesamte Schicht optimiert werden, da der Arbeitsschutz für die Mitarbeiter keine Rolle mehr spielt. Das Licht kann ausgeschaltet bleiben, da optische und Bewegungssensoren alle Vorgänge steuern.
Während die Fabriken von heute so konzipiert sind, dass sich Flurförderzeuge sicher bewegen können, bietet sich in der Fabrik der Zukunft ein ganz anderes Bild. In vollautomatischen Werken bewegen sich unermüdliche Roboter über riesige Hallenflächen und drehen ihre Kurven mit geringem Abstand zueinander. Sie stoppen nur kurz zur Qualitätskontrolle.

Amazon und Boston Dynamics schieben Robotereinsatz an

Die Lager von Amazon mit ihren Bestandsmanagement- und Warenentnahmesystemen, die zahlreiche Roboter einsetzen, um die Ware vom Hersteller zum Verbraucher zu bringen, bieten bereits einen Einblick in die Fabrik der Zukunft. Und der Fortschritt dürfte damit noch nicht beendet sein, da Amazon bereits Drohnen und selbstfahrende Fahrzeuge entwickelt, um Lieferungen zu beschleunigen und die robotergeführten Wege seiner Waren stilvoll zu vollenden.

Auch Boston Dynamics hat zum Robotik-Boom beigetragen und mobile und vielseitige, humanoide Roboter für den Umschlag von Kartons bei unterschiedlichen Lagervorgängen entwickelt. Diese intelligenten Roboter beschleunigen unseren Fortschritt in Richtung Fabrik der Zukunft, da sie mit fortschrittlichen Mobilitäts- und modernen optischen Systemen den Kartonumschlag an einem beliebigen Punkt der Lagerhalle automatisieren können, womit die Notwendigkeit zur Installation neuer, fester Infrastruktur entfällt.

Additive Fertigung: Materialangebot wächst stetig

Einige Branchen haben bereits einen Schritt in die Zukunft getan und machen sich die Leistungsfähigkeit der modernen Fertigungstechnologien zunutze. Vom beschleunigten Prototyping über erhöhte Agilität beim Anpassen von Designs bis zum Abbauen überschüssiger Teilebestände – die additive Fertigung ist eine Technologie, die das Potenzial hat, die Fertigung aus Kosten- und Effizienzperspektive zu revolutionieren.

Medizinprodukte, unbemannte Luftahrzeuge und Flugzeugmotoren können mittlerweile mit Industrie-3D-Druckern hergestellt werden. Es überrascht nicht, dass das Sortiment der druckbaren Materialien ständig wächst. Neben Basiskunststoffen und lichtempfindlichen Harzen umfasst die Palette mittlerweile auch Keramik, Zement, Glas, zahlreiche Metalle und Legierungen sowie neue thermoplastische Verbundwerkstoffe, in die Kohlenstoffnanoröhren und -fasern eingearbeitet sind. 

Zu den Vorreitern des 3D-Drucks von Metall gehört Lincoln Electric Additive Solutions, ein Hersteller großer Prototypen, Produktions- und Ersatzteile sowie Werkzeuge aus Stahl und Edelstahl, Invar und Nickellegierungen.

Optische Inspektion auch langfristig essenziell für hohe Qualität

Wegen der Größe und Komplexität der Metallteile, die Lincoln Electric im 3D-Druck fertigt, ist eine exakte Beurteilung der Abmessungen von fundamentaler Bedeutung, um Probleme bei der Qualitätskontrolle zu vermeiden. Qualitätskontrollen an sehr großen und schweren Teilen, die noch so heiß sind, dass sie nicht berührt werden können, sind aber immer noch eine Herausforderung, die sich bislang nur mit kontaktlosen, tragbaren und präzisen 3D-Scan-Technologien bewältigen lässt. Deshalb bleibt der Zugang zu einer modernen Inline-Qualitätskontrolle unerlässlich für die weitere Entwicklung additiver Lösungen.

Künstliche Intelligenz entkoppelt Bauteilgeometrie und -funktion

Der nächste Schritt besteht darin, künstliche Intelligenz in die Konstruktion von Bauteilen einzubeziehen und damit bisher unbekannte Möglichkeiten zu entdecken. Da der Konstruktionsansatz der menschlichen Intelligenz sehr pragmatisch ist, besteht in der Regel ein recht direkter Zusammenhang zwischen der Geometrie eines Teils und seinen mechanischen Funktionen. Künftig werden wir hingegen dank der Entwicklung der künstlichen Intelligenz und ihrer Fähigkeit, pro Sekunde Millionen von Berechnungen durchzuführen, in der Lage sein, Formen zu schaffen, die es bisher nicht gab, mit einer Komplexität, die sich ein menschliches Hirn allein nicht hätte vorstellen können.

Ausgehend von den Befestigungspunkten und den diversen technischen Zwangsbedingungen (Wärme, Spannung oder Festigkeit), denen ein Bauteilteil ausgesetzt ist, kann künstliche Intelligenz das Netzwerk der ­Umgebungsbedingungen simulieren und dann iterativ eine optimierte Konstruktion mit möglichst geringem Materialverbrauch und Produktionsabfall erstellen, die gleichzeitig die Leistungsstandards unverändert erfüllt.

Diese Form der künstlichen Intelligenz, bei der die Möglichkeiten des maschinellen Lernens zum Optimieren des gesamten Prozesses vom Design bis zur Fertigung genutzt werden, wird als generatives Design bezeichnet. Es erfreut sich bei Konstrukteuren zunehmender Beliebtheit, beschleunigt den Designprozess und ermöglicht es Unternehmen, perfekt an die jeweilige Anwendung angepasste Designs schneller zur Marktreife zu bringen.

KI verlängert den Produktlebenszyklus

Mit diesem neuen Konstruktions-Know-how sind Hersteller heute in der Lage, den Produktlebenszyklus zu verlängern, Schwachstellen zu verringern und nachhaltigere Materialien auszuwählen. Sie können zudem neue Designlösungen ausloten, bei denen sie mehrere Komponenten zu Massivteilen zusammenführen, wodurch die Montagekosten sinken und die Montagekette vereinfacht werden kann. Kurz gesagt: Künstliche Intelligenz verfügt über das Potenzial, Innovationen voranzubringen mit hochwertigeren Produkten, die in kürzerer Zeit entwickelt und gefertigt werden.

Inspektionssysteme bleiben essenziell

Obwohl diese technologischen Fortschritte bereits Einzug halten, stehen die Prüfung und Gegenvalidierung weiterhin auf der Tagesordnung von Fertigungsunternehmen. Natürlich geht die Maschine davon aus, dass sie die richtige Aufgabe durchführt und den 3D-Druck des Teils korrekt ausführt. Allerdings kann nur ein fehlersicheres Inspektionssystem die Abmessungen der 3D-gedruckten Teile überprüfen und ihre Fertigungsqualität bestätigen. Die Abmessungen und die Qualität von 3D-gedruckten Teilen müssen mithilfe von präzisen 3D-Messsystemen nach wie vor streng kontrolliert werden.

3D-Scansystem prüft 3D-gedruckte Bauteile automatisch

In diesem Zusammenhang entschied sich Lincoln Electric Additive Solutions für 3D-Messtechnik von Creaform – genauer: für den Metrascan 3D –, um 3D-Oberflächenmodelle von seinen 3D-gedruckten Metallteilen zu erstellen und sie mit dem ursprünglichen CAD vergleichen zu können. Damit kann das Team schnell überprüfen, ob alle Merkmale der ursprünglichen Konstruktionsabsicht entsprechen und innerhalb der erwarteten Toleranzen liegen.

Automatisierte Qualitätskontrolle in der Fertigung

Positive Effekte hat die Automatisierung auch in der Qualitätskontrolle: In Produktionshallen, in denen tragbare 3D-Scanlösungen bisher ein häufiger Anblick waren, machen diese mittlerweile automatisierten Qualitätsprüfungssystemen Platz. Diese Roboterzellen bestehen aus robotergeführten optischen 3D-Scannern und verbessern die Qualität in mehrfacher Hinsicht: Sie schließen den menschlichen Fehler aus, erhöhen Wiederholbarkeit und Genauigkeit, ermöglichen die Erstellung komplexerer Teile und ermitteln Fehler während des Prozesses. 

Konstruktion und Fertigung auf dem Weg in die Zukunft

Roboter, die alle Vorgänge von Umschlag und Transport bis hin zur Qualitätskontrolle übernehmen; Algorithmen, die die optimalen Geometrien anhand technischer Einschränkungen erstellen; industrietaugliche 3D-Drucker, die Teile jeglicher Art unabhängig von Größe, Komplexität und Materialien produzieren – all diese Komponenten sind für Unternehmen, die den Bau der Fabrik der Zukunft planen, bereits vorhanden. Die durch die Covid-19-Pandemie hervorgerufenen Herausforderungen und Auswirkungen am Arbeitsmarkt sind zusätzliche Anreize, um diesen technologischen Wandel anzugehen.

Obwohl Maschinen im Vergleich zum Menschen effizienter arbeiten und künstliche Intelligenz im Laufe der Zeit aus vorab eingespeisten Daten und Erfahrungen aus der Vergangenheit lernen kann, können sie nicht lernen über den Tellerrand hinaus zu denken und sind daher nicht zu kreativen Ansätzen fähig. Deshalb werden der menschliche Geist, seine Kreativität, emotionale Intelligenz und sein Sinn für Ethik unabdingbare Komponenten für die Fabrik der Zukunft bleiben.

Insgesamt werden sich neue Fertigungsmethoden auch weiterhin im gleichen Takt entwickeln wie neue Konstruktionsmethoden. Solange Qualität oberste Priorität hat, wird diese Synergie Möglichkeiten zur Entwicklung und Herstellung einer unendlichen Anzahl neuer Teile freisetzen, von denen wir bislang nicht einmal eine Vorstellung haben.

Autor
François Leclerc, Program Manager bei Creaform

Kontakt

Ametek GmbH - Division Creaform Deutschland

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