Prozess- und Qualitätsüberwachung mit dem digitalen Auge
11.12.2024 - Interview mit Peter Stelzer, Geschäftsführer von Ivii
Mit Iriis 2.0 hat Ivii, ein Tochterunternehmen der Knapp-Gruppe, ein KI-gestütztes Qualitätssicherungs- und Assistenzsystem im Portfolio, das voll auf Einfachheit in der Bedienung und Verwaltung des Systems setzt. Praktisch jeder, unabhängig von technischen Vorkenntnissen, kann dieses Produkt in wenigen Minuten einsetzen. Peter Stelzer, der führende Kopf hinter dieser Entwicklung, erklärt im Interview weitere Details und erläutert, wie das System die produzierende Industrie und Logistik bei den aktuellen Herausforderungen unterstützt.
inspect: Welche Herausforderungen sehen Sie aktuell für Ihre Kunden?
Peter Stelzer: Digitalisierung und Automatisierung haben in der industriellen Fertigung und Logistik zu erstaunlichen Effizienz- und Produktivitätssteigerungen geführt. Es ist leicht zu glauben, dass wir der Prozessperfektion und der ultimativen Effizienz nahe sind. Ausschlaggebend ist aber trotzdem das, was in der realen Welt passiert. Produkte werden hergestellt, montiert, Aufträge verpackt und versandt, Lieferungen entgegengenommen und gelagert etc. Und wie wir wissen, ist die reale Welt unberechenbar. Schäden, Schmutz und nicht zuletzt menschliches Versagen sind nur einige der Risikofaktoren, die in der digitalen Welt nur schwer vorhersehbar sind. Soll heißen: Die besten digitalen Pläne und Abläufe sind immer noch anfällig, wenn etwas Unvorhergesehenes passiert. Viele Industriebetriebe kämpfen mit Ineffizienzen und unentdeckten Fehlern. Genau hier setzt Ivii Iriis an. Sie schließt diese Lücke zwischen perfekter Planung und realer Umsetzung; sie gibt die beruhigende Sicherheit, dass alle Prozesse fehlerfrei ablaufen.
inspect: Sie gelten als treibende Kraft hinter dem Unternehmen Ivii und dem Produkt Ivii Iriis. Was motiviert Sie?
Stelzer: Meine Motivation liegt darin, gemeinsam mit unseren agil organisierten Teams komplexe Technologien so zu gestalten, dass sie intuitiv nutzbar und für jeden leicht zugänglich sind, unabhängig von technischer Expertise. Und genau das ist uns mit Ivii Iriis gelungen.
inspect: Ivii ist ein Tochterunternehmen der Knapp-Gruppe. Warum wurde Ivii gegründet?
Stelzer: Ursprünglich waren wir eine Abteilung innerhalb der Knapp AG, spezialisiert auf Bildverarbeitung in der Logistikbranche. Wir haben erkannt, dass unsere Expertise in Logistik und industrieller Bildverarbeitung auch in anderen Branchen enormen Nutzen stiften kann. 2016 wurden wir daher ausgegliedert und die Ivii wurde gegründet.
inspect: Ivii Iriis gilt – obwohl ein Newcomer am Markt – als wegweisendes Produkt in der industriellen Qualitätssicherung. Was zeichnet dieses System aus?
Stelzer: Ivii Iriis ist ein KI-basiertes Kamerasystem mit moderner Bildverarbeitung und leistungsstarkem, integriertem Nvidia Jetsonboard. Stellen Sie sich Iriis als ein digitales Auge vor, das im industriellen Fertigungs- und Logistikumfeld kontinuierlich beobachtet, ob Abläufe nach Plan verlaufen und bei Abweichungen sofortige Korrekturen veranlasst.
inspect: Wie funktioniert das konkret?
Stelzer: Iriis vergleicht in Echtzeit, was in der Realität passiert, mit dem, was laut digitalem Plan geschehen soll. Sie erkennt, analysiert und prüft Objekte auf Abweichungen in Qualität und Anzahl und veranlasst bei Bedarf umgehend Korrekturmaßnahmen. Damit schließt das System die Lücke zwischen der geplanten und der realen Welt und stellt sicher, dass alle manuellen als auch alle automatisierten Prozesse planmäßig und fehlerfrei ablaufen.
inspect: Können Sie ein konkretes Anwendungsbeispiel nennen, damit unsere Leserinnen und Leser eine bessere Vorstellung von den möglichen Einsatzbereichen bekommen?
Stelzer: Natürlich: Angenommen, Ihre Tochter liebt Salamipizza. Wie groß wäre die Enttäuschung, wenn die beim Laden um die Ecke gekaufte TK-Pizza aus dem Backofen kommt und es ist keine Salami drauf. Oder es sind einfach zu wenige Scheiben vorhanden. Und zu klein ist die Pizza obendrein. Da kann die Stimmung kippen. Damit das nicht passiert, stellt Ivii Iriis im Produktionsprozess sicher, dass auf der richtigen Teiggröße der richtige Belag am richtigen Platz und in der richtigen Anzahl vorhanden ist.
Für Unternehmen bedeutet dies zufriedene Kunden und zufriedene Mitarbeiter – es läuft einfach alles fehlerfrei nach Plan. Oder wie man heute so schön sagt: Fünf-Sterne-Bewertung. Und Ihre Tochter, die ist begeistert – alles drauf, was ihr schmeckt. Da gibt’s dann „Daumen hoch“ von ihr.
Genial ist dabei auch Folgendes: Ändert der Pizzakoch sein Rezept, kann er Iriis die Anpassungen für die Qualitätskontrolle ganz einfach selbst beibringen. Er zeigt ihr, wie die Pizza ab jetzt auszusehen hat. Die lernende KI sieht mit und schon nimmt Iriis ihre Arbeit auf. Plug & Play, ohne spezielle Vorkenntnisse. Dasselbe gilt für das Einlernen neuer Pizzakreationen.
Die Vorteile liegen klar auf der Hand: mit dem KI-gestützten System können Unternehmen Qualitätskontrollen überall dort schnell und eigenständig einsetzen, wo diese notwendig sind. Dafür sind keinerlei Aufwände von Spezialisten oder Programmierern erforderlich. Dies spart Zeit und Kosten und gewährleistet eine zuverlässige und flexible Qualitätssicherung.
inspect: Wie kompliziert oder wie einfach ist die Installation und Integration?
Stelzer: In der Standardversion ist Ivii Iriis schnell und einfach installiert. Dazu braucht es weder einen Techniker von uns vor Ort noch spezielle Bildverarbeitungskenntnisse. Aufwändige Schulungen entfallen. Die Kamera wird an kritischen Prüfpunkten montiert, nimmt Bilder auf, trainiert im Hintergrund ein KI-Netz und startet innerhalb weniger Minuten ihre Arbeit. Jeder Mitarbeitende, der die Qualitätsmerkmale seines Produkts kennt, kann diesen Vorgang problemlos durchführen. Je nachdem, wie Ivii Iriis bei Abweichungen reagieren soll – zum Beispiel das Förderband stoppen, über ein Ampelsystem Alarm schlagen oder fehlerhafte Produkte ausschleusen – variiert die Tiefe der Integration in bestehende Systeme. Einfache Integration und schneller Start – Plug & Play.
inspect: Sie haben gerade die Standardversion erwähnt – gibt es spezielle Varianten für bestimmte Branchen oder Anwendungen?
Stelzer: Ja, wir haben wirklich coole Produktvarianten entwickelt – gemeinsam mit unseren Kunden und auch mit bestehenden, internationalen Partnern.
Ein Beispiel ist das Unternehmen Rika Blechkomponenten, wo wir mehrere Ivii-Iriis-Systeme in Montagetischen integriert haben. Hier fungieren sie als kollaborative Assistenzsysteme. Sie leiten Mitarbeitende durch Montageprozesse und veranlasst im Fehlerfall umgehend Korrekturen. Ob Neu- oder Quereinsteiger – alle arbeiten dank Ivii Iriis fehlerfrei. Einmal eingelernt, kann ihr Wissen an andere Standorte weltweit übertragen werden – im einfachsten Fall als Datei per Mail –, um so international überall den gleichen Qualitätsstandard zu gewährleisten.
Interessant ist Ivii Iriis auch im Warenausgang – sie dokumentiert genau, was in den Paketen oder Behältern liegt und liefert im Reklamationsfall den Nachweis.
Sind Behälter vom Empfänger zu retournieren, prüft das System im Wareneingang die Anzahl und Art der zurückgesandten Behälter und fordert fehlende ein. Verschmutzte oder beschädigte Behältnisse werden entsprechend ausgeschleust. Das schönste Lob eines Kunden dazu? Ein zufriedener Gesichtsausdruck und ein Wort: „Läuft“.
inspect: Was ist aus Ihrer Sicht die coolste, spannendste oder außergewöhnlichste Anwendung, in der Ivii Iriis zum Einsatz kommt?
Stelzer: Eine besonders spannende und nicht alltägliche Anwendung ist bei einem großen Einzelhandelsunternehmen in Europa im Einsatz. Hier werden angelieferte Mischpaletten im Wareneingang von Ivii Iriis vollautomatisiert vereinnahmt sowie alle relevanten Daten für eine fehlerfreie Depalettierung ausgelesen und an die nachgelagerte Robotik geliefert. Hier steckt viel Herzblut von meinem Team drin. Ein ausführliches Whitepaper zum Thema „automatisierte Depalettierung im Wareneingang“ steht auf unserer Website zum Download zur Verfügung. Und demnächst wird es dazu ein Video auf unserem Youtube-Kanal geben. Für all jene, die das gerne in Aktion sehen möchten.
Die coolste Anwendung ist für mich nach wie vor die Do-it-yourself-Anwendung in der Standard-Version. Weil es einfach so einfach ist.
inspect: Wo sehen Sie die Zukunft von Ivii Iriis?
Stelzer: Es setzen vermehrt Integratoren auf Ivii Iriis, um den Nutzen ihrer eigenen Produkte für Kunden zu erweitern. Das System wird daher zukünftig in immer mehr industriellen Anwendungen in vielen Branchen integriert werden. Besonders relevant ist dies, wenn man bedenkt, dass KI-Lösungen erst am Anfang stehen – hier wird sich noch viel tun. Unser System ist offen für neue Entwicklungen, over the air updatefähig und zentral über ein Portal verwaltbar. Das ist einzigartig. Für alle jene, die sich dafür entscheiden, bedeutet dies: Investitionssicherheit. Damit wird Ivii Iriis ihre Rolle in der industriellen Qualitätssicherung weiter ausbauen und festigen.