Messtechnik für den berührungslosen Schienenverkehr
11.04.2023 - Berührungsloser, optischer Senor misst Geschwindigkeit, Lage, Beschleunigung und Weg des Pods
Studierende treiben derzeit im Rahmen der jährlichen European Hyperloop Week die Entwicklung des berührungslosen Schienenverkehrs voran. Um die schwebenden Kapseln durch vakuumierte Röhren schießen zu lassen, braucht es vor allem eins: hochpräzise, berührungslose Messtechnik, die auf zwei Achsen antennenfrei messen kann.
In ihren Grundzügen stammt die Idee der schwebenden Personenkapseln aus dem 19. Jahrhundert. Ziel der European Hyperloop Week ist es, diese in die konkrete Umsetzung zu bringen, befeuert durch Elon Musk, der die Vision von Hyperloop 2013 in einem Papier beschrieb. Nachwuchsingenieure aus der ganzen Welt ringen bei der European Hyperloop Week um den besten Entwurf für die druckluftluftgetriebenen Kapseln.
So auch der Verein Mu-Zero Hyperloop aus Baden-Württemberg. Innerhalb kurzer Zeit haben sich die Karlsruher und Stuttgarter Studierenden in der Szene einen Namen gemacht: Im Mai 2020 mit sieben Leuten gestartet, führten Pia Mogge, Robin Köhnlein und Tobias Wittmann in der zweiten Saison als Vereinsvorstand eine Non-Profit-Organisation mit 70 Teammitgliedern. Für die Finanzierung ihrer Technologie sind sie auf Sponsoren angewiesen, da die Hochschulen allein die finanziellen Mittel nicht aufbringen können.
Kistler unterstützt seit dem vergangenen Jahr Mu-Zero Hyperloop und stattete ihren Prototypen Aurora mit dem optischen Sensor Correvit aus. Prompt fuhr Mu-Zero Hyperloop im Sommer 2022 auf der European Hyperloop Week den inoffiziellen Weltmeistertitel ein: „Auf dem 260 Meter langen Schienenstrang waren wir die Schnellsten. Zudem bekamen wir auch den Award für das beste Elektronikkonzept“, so Robin Köhnlein, CFO von Mu-Zero Hyperloop. Aurora verfügt über ein fahrzeugeigenes CAN-System, in das der Correvit-Sensor von Kistler eingebunden ist. „Am Anfang war es schwierig, den Sensor so zu platzieren, dass er eine optimale Sicht auf die Strecke hat, um die Geschwindigkeit und Lage unseres Pods zu messen“ erläutert Köhnlein. „Kistler stand uns jedoch immer zur Seite. Sehr geholfen hat uns auch das Testkit zum händischen Ausprobieren des Sensors, um uns erst einmal mit der Technologie, dem Handling und den gesammelten Messdaten vertraut zu machen.“ Der Correvit SFII ist ganz hinten am Fahrzeug befestigt, wird passiv gekühlt und ist in das eigenentwickelte 24V-Bordnetz des Pods eingebunden.
Die Zukunft: Verzicht auf redundante Systeme der Wegmessung
Mit seinen Eigenschaften ist der zweiachsige Sensor für die Anwendung ideal, denn das berührungslose Messprinzip ist besonders hilfreich, sobald der Pod über der Schiene schwebt. Die sogenannte elektrodynamische Levitation über ein rotierendes Drehstromsystem – mit einem optimalen Luftspalt von ein bis zwei Millimetern zwischen Schiene und Fahrzeug – eliminiert zusätzlich zum Luftwiderstand auch den Rollwiderstand. Diese auf dem optischen Messprinzip basierende Technologie von Kistler ist in der Lage, berührungsfrei und zugleich extrem präzise und schlupffrei die Geschwindigkeit von Hyperloop zu erfassen.
„Der Sensor von Kistler ist aus mehreren Gründen sehr relevant für uns“, erklärt Hendrik Behling, Business Lead bei Mu-Zero Hyperloop. „Er liefert die Messgrößen Geschwindigkeit, Weg und Beschleunigung direkt an das Regelsystem – essenziell zum Beispiel beim Bremsen, damit der Pod auf der relativ kurzen Strecke rechtzeitig zum Stehen kommt. Die zweite Messachse des Kistler Sensors in Y-Richtung erlaubt es, die seitliche Bewegung des Pods zukünftig so zu regeln, dass er uns nicht von der Schiene kippt“. Damit will Mu-Zero Hyperloop in Zukunft auf redundante Systeme der Wegmessung wie IMUs und das Encoder-basierte System verzichten und nur noch mit dem optischen Sensor von Kistler messen. „Im dritten Jahr wird es darum gehen, unseren Platz in der Spitzengruppe zu behaupten und die Skalierbarkeit unseres Ansatzes weiter auszubauen. Erstmals wollen wir auch ein eigenes Streckensystem bauen“, gibt Köhnlein die Richtung vor. Die nächste European Hyperloop Week wird im Sommer 2023 in Schottland stattfinden.
Optimale Straßenlage mit zweiachsigem optischen Sensor
Genauso wie für das Studierendenteam ist der Correvit für Fahrzeugentwickler unterschiedlicher Anwendungen von Nutzen, denn er misst physikalische Größen, die für die sichere und zugleich agile Auslegung von Fahrzeugen jeglicher Bauart relevant sind. Der zweiachsige Sensor erfasst das Signal optisch und verarbeitet es optoelektronisch weiter. Als resultierende Messgrößen liegen Weg und Geschwindigkeit in Längs- und Querrichtung sowie der Winkel vor. Selbst unter schwierigen Bedingungen, wie zum Beispiel ungünstigen Fahrbahnoberflächen, liefern die Correvit-Sensoren hochpräzise Ergebnisse. Zudem sind sie widerstandsfähig gegenüber Stößen und Vibrationen. Jenseits der Zukunftsmobilität finden sie vor allem in Fahrdynamiktests auf der Straße ihre Anwendung, das heißt, an gelenkten Fahrzeugen von Pkw über Off-Road-Gefährte hin zu größten Kipplaster und der Formel 1.
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