Laservibrometrie präziser, schneller und für alle Oberflächen
Den Signal-Rauschpegel bei Schwingungsmessungen verbessern
Vom Prinzip her ist die Laser-Doppler-Vibrometrie ein sehr robustes, berührungsloses Messverfahren und die grundsätzliche Funktionsweise ist einfach: Wird ein Lichtstrahl von einem bewegten Objekt reflektiert, so ändert sich die Frequenz des Lichtes proportional zur Objektgeschwindigkeit. Die Geschwindigkeitsinformation der Schwingung ist dann in der Frequenzverschiebung kodiert und wird als Messgröße genutzt. Ein Präzisionsinterferometer und eine digitale Dekodierungselektronik wandeln diese Frequenzverschiebung dann in ein Spannungssignal um, das herkömmliche Datenerfassungssysteme verarbeiten können.
Die Signalqualität verbessern
Die Signalqualität einer Laservibrometer-Messung hängt dabei immer von der Intensität des zurückgestreuten Lichts ab. Die Oberfläche des Messobjekts bestimmt die räumliche Verteilung des zurückgestreuten Lichts und damit die Güte der Informationen, die der Photodetektor an seiner Position im Raum erhält. Sie bestimmt demzufolge auch, auf welchen Oberflächen gemessen werden kann, und ist verantwortlich für den Signal-Rauschpegel, den Messabstand und bei einem Scanning-Vibrometer auch für die Größe der scanbaren Fläche.
Auf einer optisch glatten Oberfläche wird das reflektierte Laserlicht verlustfrei zum Photodetektor zurückgeführt. Messoberflächen in der Praxis sind jedoch meist optisch rau. Das Licht wird nicht mehr reflektiert, sondern gestreut. Es enthält dunkle und helle Bereiche, sogenannte Speckles (Flecken). Der Laserpunkt sieht körnig aus und sein Muster ändert sich je nach Perspektive des Beobachters. Hierdurch entstehen Schwankungen der Lichtintensität am Photodetektor bis hin zu einem kurzzeitig möglichen völligen Einbruch der Lichtintensität. Diese Effekte können bei optischen Messungen zu breitbandigem Rauschen und unerwünschten Signalaussetzern führen.
Multi-Detektor-Konzept
Genau hier setzt die patentierte Q-Tec-Technologie an, die Polytec entwickelt hat. Sie verbessert den Signal-Rauschpegel bei Schwingungsmessungen signifikant. Den Schlüssel dazu liefert ein Multi-Detektor-Konzept, das heißt, die zurückgestreuten Signale erreichen unterschiedliche Photodetektoren. Unregelmäßigkeiten der Oberfläche spielen dadurch kaum noch eine Rolle, weil – vereinfacht ausgedrückt – bei der Reflexion weniger Licht verloren geht. Jeder Detektor ist ein Beobachter des Messpunkts mit eigener Perspektive und sieht ein eigenes Speckle-Muster. Zu jedem Zeitpunkt variiert der Signalpegel entsprechend dem Speckle-Muster. Da diese voneinander unabhängig und quasi zufällig sind, ergibt die Kombination der Signale der räumlich verteilten Detektoren einen statistisch stabilen Signalpegel.
Eine schnelle Elektronik im Messkopf gewichtet die Detektorsignale in Echtzeit und nur der stabile Teil des Signals wird als Nutzsignal ausgegeben. Der Anwender erhält ein gemeinsames Messsignal, sodass die neuen Messköpfe kompatibel mit den vorhandenen Einkanal-Vibrometer-Decodern sind.
Verlässliche Daten bei anspruchsvollen Messaufgaben
Von der höheren Signalqualität kann der Anwender gleich in mehrfacher Hinsicht profitieren: Auch bei anspruchsvollen Messaufgaben verhilft das neue Konzept der Mehrkanal-Interferometrie zu verlässlichen Messdaten, zum Beispiel auch auf bewegten, entfernten oder rotierenden Prüflingen. Gute Messdaten mit niedrigem Rauschen lassen sich damit auch von eher schlecht reflektierenden Oberflächen erhalten, zum Beispiel von menschlicher Haut. Außerdem müssen kritische Objektoberflächen nicht zwangsläufig vorbehandelt werden. Dadurch verkürzt sich die Vorbereitungszeit für Prüfungen, und Messungen sind nun bei Oberflächen möglich, die keine Veränderungen erlauben, zum Beispiel bei biologischen Anwendungen oder in der Raumfahrt. Eine höhere optische Empfindlichkeit ist damit der Schlüssel zu mehr Datenqualität und höherer Produktivität.
Kürzere Messzeit durch weniger Mittelungen
Bislang wurde ein schlechtes Signal-Rauschverhältnis durch die Mittelung mehrerer Messungen zum Teil kompensiert. Mit dem neuen Ansatz sind je nach Anwendungen vier- bis zehnmal weniger Mittelungen notwendig Das verkürzt die Messzeit deutlich. Zudem werden sogar rauscharme Schwingungsmessungen möglich, bei denen man gar nicht mitteln kann, weil der Zeitfaktor einfließt, zum Beispiel wenn der Weg bestimmt werden soll, den ein Objekt zurücklegt, oder die Pulsmessung beim Menschen. Bei letzterer verursacht die seitliche Bewegung der Haut aufgrund der Patientenbewegung und der Druckschwankungen in der Halsarterie normalerweise Speckles. Bei der neuen Technologie dagegen ist das Signal-Rauschverhältnis deutlich besser und die sonst auftretenden Aussetzer beeinflussen das Messsignal nicht mehr.
Die Q-Tec-Technologie gibt es wahlweise als Messkopf für das bestehende Vibroflex-System, optional mit der Software Vibsoft-VL für die digitale Erfassung und Auswertung der Daten, und als Scanning-Vibrometer in einer Kompaktausführung oder als 3D-Variante zur Erfassung aller Schwingrichtungen. Die Scanning-Vibrometer werden immer als schlüsselfertiges System mit integrierter Datenerfassung und 3D-Visualisierung der Schwingformen geliefert.
Autoren
Jörg Sauer, Strategisches Produktmarketing, Geschäftsbereich Optische Messsysteme, Polytec
Ellen-Christine Reiff, Redaktionsbüro Stutensee