Automatisierung

Kontaminationsfreie und sichere Produktion

07.03.2024 - Elektronische Inline-Druckmessmethode erhöht die Sicherheit steriler Prozesse in der Lebensmittelindustrie 

Absolute Sterilität, Optimierung der Prozessabläufe und Reduzierung der Betriebskosten – in diesem Spannungsfeld muss die Lebensmittelindustrie ihre Produktionsverfahren ausrichten. Die Messtechnik zur Kontrolle der einzelnen Prozessparameter spielt hierbei eine entscheidende Rolle. Ein „trocken“ messender Inline-Prozesstransmitter soll die Überwachung dieser Messgröße in sterilen Anwendungen auf eine höhere Stufe heben.

Die entscheidende Voraussetzung für eine einwandfreie Produktqualität ist eine Herstellung unter aseptischen Bedingungen. Die rückstandsfreie Reinigung von Rohrleitungen und Tanks zählt dabei zu den zentralen Aufgaben nach den einzelnen Prozessschritten. Sämtliche Prozesse sind durchgehend heterogen instrumentiert, hier treffen Absperrventile, Pumpen und Messgeräte unterschiedlicher Hersteller aufeinander. Eine solche Aneinanderreihung verursacht folglich einen erheblichen Reinigungsaufwand. Mehrere Durchgänge mit unterschiedlichen Substanzen wie Zitronensäure und Lauge sind notwendig, steriler Sattdampf markiert den Abschluss. 

Der letzte Schritt im Reinigungsprozess stellt zugleich einen kritischen Moment dar. Trifft der bis zu 150 °C heiße Dampf auf Wasserpartikel vorheriger Reinigungsdurchläufe, kommt es unweigerlich zu explosionsartigen Reaktionen – den Druckschlägen. Dieser Effekt ist auch unter der Bezeichnung „Water Hammer“ beziehungsweise „Wasserhammer“ bekannt. Diese „Wasserhämmer“ können eine Gewalt entfachen, welche die im Prozess eingesetzten Druckmessgeräte bis hin zum Ausfall beschädigen kann. Konsequenz in solchen Fällen: Das Verfahren muss gestoppt werden, um die betroffenen Geräte auszutauschen.

Allerdings wird nicht jeder Schaden wie beim Geräteausfall umgehend erkannt, und dann können die Folgen von Druckschlägen durch Produktverunreinigungen weit gravierender ausfallen. Denn ein Teil der Messstellen in der Lebensmittelherstellung sind mit Druckmittlersystemen mit integriertem Druck- oder Prozess­transmitter bestückt. Werden deren Membranen auf der Prozessseite beschädigt, tritt die Übertragungsflüssigkeit des Druckmittler aus und kontaminiert das Produkt. Eine Verunreinigung kann auch bei Keramiksensoren vorkommen. Im Schadensfall gehen sie zwar sofort in den Fehlermodus, dennoch gelangen losgelöste Keramikpartikel in das Medium. Damit ist die Produktreinheit hier ebenfalls nicht mehr gegeben.

In den meisten Fällen muss die betroffene Charge dann vernichtet werden. Die wirtschaftlichen Folgen sind beträchtlich: Die Anlagen laufen in der Regel im 24-Stunden-Betrieb, sodass vor der Einleitung von Gegenmaßnahmen bereits eine große Menge Produkt umgesetzt ist. Ein solcher Verlust ließ sich bisher ausschließlich durch ein Druckmittlersystem mit integrierter Membranüberwachung (eine patentierte Wika-Lösung) vermeiden. Es arbeitet mit einer Doppelmembran: Bei Beschädigung der prozessseitigen Membran setzt das System zeitgleich ein Alarmsignal ab. Die zweite Mem­bran hält den Prozess geschlossen, bis der Fehler behoben ist. 


Druckerfassung ohne Übertragungsflüssigkeit verhindert Kontamination 

Die Wika-Entwicklung zur Drucküberwachung in aseptischen Verfahren zielt darauf ab, dass zuvor beschriebene Gefährdungspotenzial weiter zu reduzieren und zugleich den Reinigungsprozess zu verbessern. Der Inline-Prozesstransmitter Typ DMSU22SA mit HART-7-Kommunikationsprotokoll und Flanschanschluss wird, wie der Name sagt, ein Teil der Rohrleitung. Seine Konstruktion ermöglicht ein besseres Strömungsverhalten als herkömmlich angebaute Messgeräte. 

Ein weiterentwickeltes Hygienic Design macht das Messelement um ein Vielfaches widerstandsfähiger gegenüber Druckschlägen und anderen extremen Prozessbedingungen. Zugleich erfasst der DMSU22SA den Druck ohne Übertragungsflüssigkeit und verursacht damit im möglichen Schadensfall keine Kontamination. Darin besteht der wesentliche Unterschied zu den bisher üblichen Inline-Mess­anordnungen mit Rohrdruckmittlern oder frontbündig eingebauten Prozesstransmittern. 


Fehlerausgleich bis zu Faktor 10 besser

Herzstück des neuen Geräts ist das hermetisch abgeschlossene Sensorelement aus Edelstahl 316L. Es ist wie eine Rohrfeder elliptisch und verformt sich entsprechend unter Druck. Auf dem Sensorkörper ist eine Wheatstone’schen Messbrücke angebracht, um die Änderungen des elektrischen Widerstands aufgrund des jeweiligen Drucks exakt zu erfassen und an den Transmitter zu übertragen. Der DMSU22SA verfügt zusätzlich über einen Pt-Sensor für eine aktive Temperaturkompensation zwischen -10 °C und +80 °C. Sein Fehlerausgleich ist bis zu Faktor 10 besser als der bei herkömmlichen Geräten und ermöglicht deshalb eine genauere Prozesssteuerung.

Besseres Strömungsverhalten und erhöhte Prozesssicherheit 
Zwar unterscheiden sich die Durchmesser von Rohrleitung und Rohrsensor. Dennoch weist das neue Messgerät gemäß einer Widerstandsbeimessung ein deutlich besseres Strömungsverhalten auf als andere Lösungen, auch als diejenigen mit Hygieneanschlüssen. Die totraumfreie Konstruktion trägt somit dazu bei, Energie für die Aufrechterhaltung des Prozessdrucks beziehungsweise für CIP/SIP-Verfahren sowie Wasser und Reinigungsmittel einzusparen.

Um die Prozesssicherheit zu erhöhen, verfügt der Rohrsensor über eine robuste Wandung. Sie hat, je nach Geräteausführung, eine Stärke bis zum Zehnfachen einer herkömmlichen Druckmittlermembran (0,05 mm). Dennoch können anhaltend widrige Prozessbedingungen auch hier Undichtigkeiten herbeiführen, durch die Produkt in den Raum zwischen Sensor und Stützrohr eindringt. Dieser ist evakuiert und hat eine integrierte Vakuumüberwachung, deren Sensor bereits bei einem Druckwert von 50 mbar reagiert. Der Anlagenbetreiber wird sofort direkt via HART-Protokoll informiert. Wo kein Bus-Leitsystem vorhanden ist, lässt sich der Schadensfall über einen Fehlerstrom signalisieren.
Die Implementierung einer Drucküberwachung per Inline-Prozesstransmitter empfiehlt sich in erster Linie für Neuanlagen. Ein Umrüsten bestehender Anlagen mit dem neuen System stellt einen unverhältnismäßigen Aufwand für den Anlagenbetreiber dar. Um das Risiko einer Produktverunreinigung zu minimieren, können die Unternehmen bei einem Retrofit auf das Wika-Druckmittlersystem Typ DMSU21SA mit integrierter Membranüberwachung zurückgreifen.


Konzipiert für Neuanlagen mit digitalisierten Abläufen

Fazit: Mit dem „trocken“ messenden Inline-Prozesstransmitter von Wika mit integrierter Sensorüberwachung lässt sich die Prozesssicherheit in der Lebensmittelproduktion erhöhen. Die Entwicklung mit der Typenbezeichnung DMSU22SA schließt eine Produktkontamination aus und ermöglicht aufgrund einer aktiven Temperaturkompensation eine genauere Verfahrenssteuerung. Sein Strömungsverhalten senkt den Verbrauch von Betriebsmitteln. Das Gerät ist in erster Linie für den Einsatz in Neuanlagen mit digitalisierten Abläufen konzipiert.

Autor
Tobias Hench, Product Management, Process Instrumentation Pressure

Kontakt

Wika Alexander Wiegand SE & Co. KG

Alexander-Wiegand-Straße 30
63911 Klingenberg
Deutschland

+49 9372 132 0

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