Bildverarbeitung

Kollisionsschutz zum Nachrüsten

3D-Kamera sorgt für Sicherheit in der Intralogistik

16.06.2021 - Es fordert vom Staplerfahrer allerhöchste Konzentration, beim Rückwärtsrangieren den Überblick zu behalten. Unterstützung bietet ein kamerabasiertes Kollisionsschutzsystem, das Personen und Hindernisse im Rückbereich des Fahrzeugs automatisch erkennt, den Fahrer warnt, notfalls sogar das Fahrzeug sofort stoppt. Das Besondere: Bestehende Fahrzeuge lassen sich problemlos nachrüsten.

Das Unternehmen Risse + Wilke Kaltband in Iserlohn produziert Bleche in definierten Stärken und Güten. Dazu walzt es das unbearbeitete Stahlband, das zu Coils aufgerollt ist, mit dem sogenannten Kalt­walzen mehrfach, bis es exakt die gewünschten Materialeigenschaften besitzt. Daraus stanzt es später zum Beispiel Sägeblätter, Kupplungslamellen oder andere Metall­teile aus. Schwere Stapler transportieren die Coils vom Lagerplatz zum Walzgerüst und wieder zurück. Dabei sind es gewaltige Massen, die sich in Bewegung setzen: Bis zu 30 Tonnen bringen Stapler samt Fracht auf die Waage. 12 Tonnen oder mehr wiegt allein das zu einer Rolle gewickelte Stahlblech. Dabei fällt der Bremsweg schon mal etwas länger aus als bei einem PKW.

Vorsicht beim Rangieren

Gerade beim Rückwärtsfahren, etwa nach dem Aufladen des Coils vom Lagerplatz oder Walzgerüst, ist höchste Vorsicht geboten, damit es beim Einkurven auf den Fahrweg nicht zur Kollision mit anderen Staplern oder gar Personen kommt. Der Fahrer muss nicht nur den Rückraum zu beiden Seiten im Auge halten, auch vorne darf er mit der schwenkenden Ladung auf dem Dorn nirgendwo anstoßen.
Florian Rolf, Produktionsleiter bei Risse + Wilke, erklärt die enormen Herausforderungen an den Fahrer: „Der Staplerfahrer hat seine Hilfsmittel auf dem Stapler, zum Beispiel Spiegel und Kameras. Er muss aber trotzdem jederzeit voll wachsam sein, immer Rundumsicht haben, natürlich seine Last beobachten und schauen, wohin er fährt. Gleichzeitig muss er aber auch gucken, was um ihn herum passiert, zum Beispiel auf Kollegen oder Fremdhandwerker achten, die im Fahrweg herumlaufen könnten. Ansonsten kann es ganz schnell zu kritischen Situationen kommen, die man natürlich vermeiden möchte.“

Kollisionswarnsystem

Um solche kritischen Situationen zu vermeiden, hat der Essener Sensorik-Spezialist IFM ein automatisches Kollisionserkennungs­system entwickelt. Das System überwacht mittels 3D-Kamera permanent den rückwärtigen Fahrweg des Staplers und gibt dem Fahrer ein visuelles und akustisches Feedback. Das Assistenzsystem wäre in einer weiteren Ausbaustufe sogar in der Lage, das Fahrzeug im Notfall selbständig zu stoppen.
Es erkennt sämtliche Hindernisse zuverlässig. Durch die Klassifizierung von reflektierenden Materialien, zum Beispiel auf Warnwesten oder Kleidung, kann die Kollisionswarnung für Personen früher erfolgen als die für Gegenstände. Das erhöht die Sicherheit von Personen. So bleibt dem Fahrer genug Zeit, um den Stapler rechtzeitig abzubremsen. Das macht das Rangieren deutlich sicherer.

Einfach nachrüsten mit dem Komplettset

Diesen Kollisionsschutz bietet IFM als „Ready-to-start“-Applikationspaket an. Es beinhaltet alle Komponenten, um das Kollisionswarnsystem an einer mobilen Arbeitsmaschine, etwa Staplern, Radlader, Bagger, Reach­stacker oder Transportfahrzeuge, zu installieren und in wenigen Minuten in Betrieb zu nehmen. Neben Kamera, Monitor und Steuerung sind auch die benötigten Kabel und das Montagezubehör im Set enthalten. Somit kann es einfach an allen mobilen Arbeits­maschinen mit einer Bordnetzspannung von 24 V nachgerüstet werden.
Die Inbetriebnahme des Systems ist denkbar einfach: Nach der mechanischen Montage des Systems und der „Plug & Play“-Verdrahtung dauert das Einrichten mittels Tasten und Farbdisplay auf der Steuerungseinheit nur wenige Minuten. Dabei fragt das System nur wenige Parameter, wie Höhe und Neigungswinkel der Kamera oder die Fahrzeugbreite, in einem intuitiven Einrichtungsvorgang ab. Danach ist das System funktionsbereit. Anders als bei anderen Systemen ist zur Parametrierung kein PC erforderlich.

Warnzonen und Erweiterungsmöglichkeiten

Damit der Fahrer nur dann gewarnt wird, wenn es wirklich notwendig ist, lassen sich verschiedene Zonen definieren. So lässt sich die 3D-Kamera O3M situationsspezifisch einsetzen, was dazu beiträgt, Unfälle zuverlässig zu vermieden. Fehlauslösungen sind aufgrund der patentierten PMD-Time-of-Flight-Technologie nahezu ausgeschlossen. Für besondere Anforderungen stehen im Einrichtungsvorgang Experteneinstellungen zur Verfügung. Vorprogrammierte Ein- und Ausgänge für eine zusätzliche Warnleuchte, akustische Signalgeber, Standby-Betrieb oder dem Bereitschaftsstatus des Systems sind ebenfalls vorhanden.
Die 3D-Sensorik ist für den robusten Einsatz im Innen- und Außenbereich geeignet. Eine hohe Schutzart, Schock- und Vibrations­festigkeit sowie ein weiter Temperaturbereich erfüllen alle Anforderungen für den Einsatz an mobilen Arbeitsmaschinen.
Rolf resümiert: „Das System ist sehr gut zur Risikominimierung geeignet. Ich kann es an Staplern einsetzen, um zu verhindern, dass Mitarbeiter in den Gefahrenbereich treten und es erst gar nicht zu einer Gefahrensituation bzw. Risikosituation kommt.“ Somit sorgt das einfach nachrüstbare Kollisionsschutz­system für eine hohe Sicherheit für alle Arten von mobilen Arbeitsmaschinen und entlastet den Fahrer bei seiner täglichen Arbeit. 

Autor

Andreas Biniasch, Technischer Redakteur 

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