KI- und Datenziele mit erweiterter Cloud-Nutzung erreichen
12.12.2024 - Die Produktion mittels Bildverarbeitung und KI effizienter gestalten
Die Einführung der Elektromobilität und damit neue und modernisierte Produktionsanlagen bieten die Chance, Werkzeuge und Prozesse zu überdenken. Doch die Einführung neuer Technologien wie KI und Deep Learning bringt auch Herausforderungen mit sich. Standortübergreifende Datenqualität und die Nutzung von Bildverarbeitungssystemen für Qualitätskontrollen sind entscheidend. Wie können Unternehmen diese Technologien optimal einsetzen und gleichzeitig Cloud-Sicherheit und Governance gewährleisten?
Wenn Automobilhersteller und Zulieferer neue Anlagen für die Produktion von Elektrofahrzeugen aufbauen oder bestehende Standorte dafür modernisieren, bietet sich eine hervorragende Gelegenheit, Werkzeuge und Prozesse zu überdenken, um Effizienz, Qualität und Arbeitsaufwand zu maximieren. Interessant war in diesem Zusammenhang auch eine Meldung über einen führenden Hersteller von Elektrofahrzeugen: Das Unternehmen hat über 100 Arbeitsschritte bei der Batterieherstellung, 52 Ausrüstungsgegenstände in der Karosseriewerkstatt und über 500 Teile bei der Konstruktion seiner Fahrzeuge eingespart. Das Ergebnis waren um 35 Prozent geringere Materialkosten für Lieferwagen und Einsparungen in ähnlicher Größenordnung bei anderen Fahrzeugen. Das Beispiel zeigt, wie wichtig die Vereinfachung der Herstellung von Elektrobatterien und -fahrzeugen für die Automobilindustrie ist.
Bei der Entwicklung neuer und bestehender Fabriken und der Beschaffung von Lösungen liegt der Schwerpunkt auf der Standortebene, wobei Input und Validierung auf Standort- und Unternehmensebene gemeinsam erfolgen. Es ist jedoch immer möglich, dass verschiedene Standorte unterschiedliche Lösungen für ähnliche Arbeitsabläufe verwenden. Zudem besteht das Risiko, dass Fachwissen und Daten nicht standortübergreifend genutzt werden, selbst bei der Verwendung neuerer KI-gestützter Lösungen, bei denen die Datenqualität entscheidend ist. Dies gilt auch für Teams, die Bildverarbeitungssysteme für die Qualitätskontrolle und die Einhaltung von Vorschriften einsetzen.
Bildverarbeitungssysteme könnten mit künstlicher Intelligenz (KI) besser funktionieren oder mehr leisten. Laut einem aktuellen Zebra-Bericht sind fast 20 Prozent der Anwender entsprechender Systeme in der Automobilindustrie dieser Meinung. Dies betrifft insbesondere den deutschen und britischen Markt.
Es stellt sich somit die Frage, wie Technologien – wie Deep Learning – in der Bildverarbeitung besser eingesetzt und genutzt werden können. Vielleicht ließen sich auch die Diskussionen über Cloud-Sicherheit und -Governance mit den Möglichkeiten zur Nutzung der Cloud mit Deep Learning für hochwertige Arbeitsabläufe wie Tests und Qualitätskontrollen in Einklang bringen. Auch neue Rechen- und Kooperationsressourcen für Ingenieure und Datenwissenschaftler sollten bedacht werden.
Standortübergreifende Herausforderungen
Die Anwendung von KI, insbesondere von Deep Learning, erfordert eine umfangreiche, vielfältige und schnelle Bereitstellung qualitativ hochwertiger Daten. Diese Daten sind die Grundlage für das Training und Testen von Deep-Learning-Modellen, um die erwarteten Ergebnisse zu erzielen, wenn sie in der Praxis eingesetzt werden.
Die Erfahrung damit und die verfügbare Zeit können jedoch von Team zu Team und von Standort zu Standort variieren. Das kann zu Daten-Silos und zu erschwerten Bedingungen für eine hohe Datenqualität führen. Daten müssen gespeichert, annotiert und für das Modelltraining verwendet werden; andere Datensätze werden für Tests benötigt. Es ist jedoch kontraproduktiv, wenn die Unternehmensdaten in diesen Fällen isoliert bleiben, da dies die Entwicklung von Bildverarbeitungsmodellen beeinträchtigt.
Es empfiehlt sich, ein neuronales Netzwerk für Deep Learning so vielen Variationen wie möglich auszusetzen, darunter auch verschiedenen Stunden und Tagen der Produktion. Eine Mischung aus zufälligen Daten im Datensatz ist erforderlich, auch wenn dies mit einem gewissen Aufwand verbunden ist. Idealerweise erfolgt die Datenerfassung über einen längeren Zeitraum, es sei denn, eine Plattform zur Simulation von Trainingsdaten wird verwendet. Für das Training eines robusten Modells ist dies jedoch sehr wichtig. Des Weiteren sind industrielle Prozesse Umweltfaktoren ausgesetzt, beispielsweise wechselndem Umgebungslicht, Materialien mit leichten Qualitätsschwankungen, Vibrationen, Lärm, Temperaturen sowie Änderungen der Produktionsbedingungen. Eine Nichtberücksichtigung dieser Veränderungen in den Trainingsdaten kann zu einer geringeren Modellgenauigkeit führen.
Jeder Standort kann Variationen in Bezug auf Schärfe, Arbeitsabstand, Umgebungslicht und andere Faktoren mit sich bringen. Das Modell lernt, damit umzugehen, sodass die Trainingsdatensätze die gesamte Bandbreite der Variationen widerspiegeln, mit denen das Modell in realen Szenarien konfrontiert werden kann. Wenn industrielle Prozesse mehrere Produktionsstandorte umfassen, wäre es ein Fehler, Daten nur von einem dieser Standorte zu sammeln. Ebenso nachteilig wäre es, Daten von allen Standorten zu sammeln, diese aber in Silos zu speichern. Um dies zu vermeiden, sollten Daten aus verschiedenen Umgebungen und Produktionsstandorten gesammelt und gemeinsam genutzt werden.
Ein weiteres Problem bei der Arbeit mit isolierten Standorten ist die Annotation der Trainingsdaten für Deep-Learning-Modelle. Ungenaue, unklare und inkonsistente Annotationen führen unweigerlich zu einer schlechteren Leistung. Es ist entscheidend, dass die Annotation präzise und eindeutig ist, und zwar über Produktionsstandorte hinweg, an denen die gleichen Artikel hergestellt werden. Dies erfordert eine enge Zusammenarbeit zwischen den Teams.
Ein häufiger Fehler in der Praxis besteht darin, dass verschiedene Fehlerarten auf Bildern unterschiedlich markiert werden und einige Fehler dafür überhaupt nicht. Die Definition dessen, was als Fehler angesehen wird, kann auch subjektiv sein, weshalb eine Kreuzvalidierung wichtig ist. Alle Fehler, unabhängig von ihrer Art, sollten auf allen relevanten Bildern deutlich markiert werden. Auch hier gilt: Ohne einen einheitlichen Ansatz und die Nutzung der Cloud bleibt die Herausforderung der Datenmarkierung über Standorte und Länder hinweg bestehen.
Vorteile cloudbasierter Deep-Learning-Plattformen
Die gesamte Fertigungsindustrie benötigt neue Wege, um Deep Learning für die Bildverarbeitung zu nutzen. Dazu gehört auch der Einsatz der Cloud. Eine cloudbasierte Plattform für maschinelles Sehen würde es Nutzern ermöglichen, Daten von mehreren Produktionsstandorten sicher hochzuladen, zu beschriften und mit Anmerkungen zu versehen – und zwar standort-, länder- und regionenübergreifend. Dieser größere, vielfältigere Datenpool ist für das Deep-Learning-Training besser geeignet. Außerdem könnten Nutzer in Echtzeit gemeinsam an Annotations-, Schulungs- und Testprojekten arbeiten und ihr Fachwissen teilen.
Eine Cloud-basierte Plattform ermöglicht es Nutzern mit definierten Rollen, Rechten und Verantwortlichkeiten, Deep-Learning-Modelle in der Cloud zu trainieren und zu testen. Aufgrund der wesentlich besseren Trainings- und Testdaten wäre es möglich, für bestimmte Anwendungsfälle ein höheres Maß an visueller Inspektionsanalyse und Genauigkeit zu liefern als mit herkömmlichen, regelbasierten Bildverarbeitungssystemen. Diese Ergebnisse sind für eine Vielzahl von Herstellern diverser Branchen, darunter Automobil-, Elektrobatterie-, Halbleiter-, Elektronik- und Verpackungsindustrie, von großem Interesse.
Weitere Vorteile einer Cloud-basierten Lösung sind die Möglichkeit der Skalierbarkeit sowie des Zugriffs auf Rechenleistung. Bei herkömmlichen Systemen werden einigen ausgewählten Mitarbeitern sehr starke GPU-Karten in ihren Computern zur Verfügung gestellt, um umfangreiche Schulungen durchzuführen. Die Cloud ermöglicht es aber jedem Nutzer, von seinem Laptop aus auf die gleiche hohe Rechenleistung zuzugreifen. Zwar entstehen Kosten, doch dank eines Pay-As-You-Go-Abonnementmodells kann dies vorteilhafter sein als eigene Server und zusätzliches, ohnehin schwer zu findendes IT-Personal.
Cloud-basierte Plattformen im Abo
Ein Software-as-a-Service-Modell bietet die Vorteile einer flexiblen Investition in eine Cloud-basierte Plattform mit einem Abonnement. Zudem kann der Technologiepartner neue Funktionen, Modelle und Updates nahtlos hinzufügen. Cloud-basierte Deep-Learning-Plattformen ermöglichen die Bereitstellung von Modellen auf PCs und Geräten, um flexible, digitalisierte Arbeitsabläufe an der Produktionslinie zu unterstützen. Dabei ist es unerheblich, wo sich ein Benutzer oder ein Team befindet, da die Plattform auf jedem PC oder Gerät genutzt werden kann.
Laut der Manufacturing Vision Study 2024 von Zebra rechnen 54 Prozent der Führungskräfte in der Fertigungsindustrie in Europa damit, dass KI bis 2029 das Wachstum vorantreiben wird. Im Jahr 2024 waren es noch 37 Prozent. Der Anstieg bei der Einführung von KI in Verbindung mit der Tatsache, dass 92 Prozent der Umfrageteilnehmer der digitalen Transformation Priorität einräumen, unterstreicht die Absicht der Hersteller, das Datenmanagement zu optimieren und neue Technologien zu nutzen, um die Transparenz und Qualität im Fertigungsprozess zu verbessern.
Autor
Donato Montanari, General Manager und VP Machine Vision bei Zebra Technologies