Bildverarbeitung

Industrielle Einsatzmöglichkeiten der THz-Messtechnik

Materialanalyse, Prozessüberwachung und Qualitätskontrolle mittels berührungsloser THz-Spektroskopie

28.05.2014 -

Terahertzspektrometer fanden in den letzten Jahren in vielen und zum Teil sehr unterschiedlichen messtechnischen Aufgabenstellungen Anwendung und bilden in vielen Fällen Alternativen zu etablierten Messverfahren.

Die im Frequenzspektrum zwischen Mikrowellen und infrarotem Licht angesiedelte Strahlung weist besondere Eigenschaften auf: Sie ist ungefährlich, da nicht ionisierend, und viele Stoffe sind in diesem Terahertz-Frequenzbereich transparent, die im Sichtbaren oder Nahinfrarotem undurchsichtig sind. Darüber hinaus ist die Wellenlänge mit 100 µm - 3 mm (Abb. 1 a) klein genug für aussagekräftige bildgebende Messverfahren. Dies alles führte dazu, dass sich die THz-Spektroskopie in den letzten Jahren von einer Laboranwendung zu einer Technologie mit industriellen Einsatzmöglichkeiten im Bereich der Materialanalyse, der Prozessüberwachung und der Qualitätskontrolle entwickelt hat.

Brechungsindex, Absorption und Probendicke bestimmen

Das gebräuchlichste Verfahren für die breitbandige Erschließung des THz-Frequenzbereichs ist die THz-Zeitbereichsspektroskopie. Mit Hilfe halbleiterbasierter photoleitender Antennen wird die THz-Strahlung optoelektronisch generiert und detektiert (Abb. 1 b). Durch einen ultrakurzen Laserpuls wird das Halbleitermaterial kurzeitig angeregt und dadurch leitfähig geschaltet. Aufgrund einer an die Antennenstruktur angelegten Spannung kommt es zu einem kurzzeitigen Stromfluss, der wiederum die Abstrahlung eines elektromagnetischen Pulses bewirkt. Die Dauer des THz-Pulses beträgt typischerweise wenige Pikosekunden und enthält Frequenzkomponenten von 100 GHz bis 5 THz.
Die Detektion der THz-Wellen erfolgt auf eine ähnliche Weise. Auch die Empfangsantenne wird durch einen optischen Puls geschaltet. Hier liegt jedoch keine äußere Spannung an, sondern Ladungsträger werden durch das elektrische Feld des einfallenden THz-Pulses beschleunigt und erzeugen einen Stromfluss, der gemessen wird. Durch ein zeitliches Verschieben dieses Abfragepulses gegenüber dem Anregungspuls wird das THz-Signal zeitaufgelöst abgetastet.
Mit den so ermittelten Zeitbereichs-THz-Wellenformen kann entweder direkt die gesuchte Messgröße bestimmt werden oder sie werden zunächst mittels Fourier-Transformation in den Frequenzbereich überführt. Bei bekannten Materialeigenschaften lässt sich beispielsweise aus der Laufzeit des THz-Pulses auf die Dicke des Materials schließen. Umgekehrt lassen sich bei bekannter Materialdicke die Materialeigenschaften wie z.B. die Additiv-Konzentration in Kunststoffen ermitteln. Zudem ist die Dämpfung des Pulses ein Maß für die Absorption in der Probe, was Aufschluss über den Feuchtigkeitsgehalt geben kann. Mit ausgefeilten Algorithmen, die auf der Basis frequenzabhängiger Messdaten arbeiten, können gleichzeitig auch Brechungsindex, Absorption und Probendicke ermittelt werden.

Inlinemessung

Mittels Glasfasern lassen sich Laserpulse auf einfache Weise zu den THz-Antennen leiten, die somit flexibel und nahezu beliebig installiert werden können. Mit dem erstmaligen Einbau eines fasergekoppelten THz-Spektrometers zu Inlinemessungen an einem Kunststoffextruder hat die Arbeitsgruppe „Terahertz-Systemtechnik" bereits im Jahr 2008 das Potential für diese Technologie in der Industrie demonstriert. Hiermit konnte während des Extrusionsprozesses der Additivgehalt des hergestellten Kunststoffes überwacht werden. Ein deutlich weiterentwickeltes System wurde 2012 erfolgreich zur Inline-Bestimmung des Rußgehalts bei der Extrusion von Elastomeren eingesetzt.
Die THz-Zeitbereichs-Spektroskopie kann über kleinste Laufzeitunterschiede der THz-Pulse minimale Dickenschwankungen eines dünnen Produkts, wie beispielsweise Papier oder Folien ermitteln. Mit der Installation eines fasergekoppelten THz-Systems in der Versuchspapiermaschine der Papiertechnischen Stiftung Heidenau haben wir die THz-basierte inline Flächenmassenbestimmung von Papier demonstriert. Wir haben dabei gezeigt, dass die Inlinemessung der Papierdicke mit einer Genauigkeit erfolgen kann, die mit der Messgenauigkeit der dort üblicherweise verwendeten Isotopen-Messverfahren vergleichbar ist - bei gleichzeitigem Verzicht auf radioaktive Strahlung. Zurzeit wird ein Nachfolgersystem geplant, dass auch mit den in der Papierindustrie üblichen Produktionsgeschwindigkeiten Schritt halten kann.
Ein nach einem ähnlichen Prinzip arbeitendes THz-Spektrometer zur Bestimmung von Wandstärken von Kunststoffrohren wurde mittlerweile zur Marktreife weiterentwickelt. Bei diesem in Reflexion arbeitenden Spektrometer wird der Laufzeitunterschied zwischen dem Reflex von der Außen- und Innenseite der Rohrwand verwendet, um deren Dicke zu ermitteln (Abb. 2). Im Vergleich zu Ultraschallmessungen erfolgen diese Messungen kontaktlos und die einzelnen Schichtdicken von mehrlagigen geschäumten Rohrwänden lassen sich präzise bestimmen.

Bildgebende Messungen

In vielen Anwendungsfällen kann die Messaufgabe nur durch eine bildgebende Messung zufriedenstellend gelöst werden. Die einfachste Möglichkeit, um ein THz-Bild zu erzeugen besteht darin, eine THz-Probe schrittweise durch den Fokuspunkt eines THz-Systems zu bewegen. Abbildung 3 zeigt das so erstellte THz-Bild eines mit PVC-Flocken versehenen Polypropylen-Testkörpers. Durch den Unterschied der Dielektrizitätskonstante der beiden Kunststoffe lassen sich die PVC-Flocken klar von dem umgebenden Kunststoff abgrenzen. Diese relativ zeitintensive Messmethode eignet sich vor allem für Benchtop-Messungen von einzelnen Proben im Rahmen der Qualitätskontrolle, jedoch nicht für die Inline-Messung von Produkten. Für bildgebende Inline-Messungen wurde ein THz-Linienscanner entwickelt, der Proben auf einem Fließband bildgebend überwachen kann. Mit Hilfe des Scanners können beispielsweise auch nicht-metallische Fremdkörper in Schokolade auf einem Fließband detektiert werden. Selbst die Detektion ganzer Haselnüsse in Nugat gelingt hiermit mühelos.

Mobile THz-Systeme

Eine konsequente Weiterentwicklung und Anpassung der THz-Systeme führte zur Entwicklung mobiler Geräte. Hierbei lag ein besonderes Augenmerk auf den Anforderungen hinsichtlich der Lasersicherheit, der Stabilität und der Robustheit, denen durch den Einsatz von faserbasierten Komponenten Rechnung getragen wurde. In Kombination mit einem auf die Aufgabenstellung angepassten Messkopf können mit mobilen THz-Systemen unterschiedlichste Anwendungen abgedeckt werden.
Ein in Marburg entwickeltes und an der Universität Bonn/Gießen eingesetztes System wird dazu verwendet, den Wasserstatus von Raps/Gerste in-vivo zu bestimmen. Durch die Auswertung der THz-Wellenformen lassen sich der Wassergehalt sowie die Blattdicke angeben und daraus Rückschlüsse auf den Erfolg bei der Züchtung von trockenstressresistenter Pflanzen ziehen.
Der Einsatz eines mobilen THz-Spektrometers erschließt auch Anwendungen in der Sicherheitstechnik. Mit einem mobilen Spektrometer konnten wir zeigen, dass sich mit THz-Strahlen gefährliche Flüssigkeiten in Kunststoffgebinden wie Getränkeflaschen erkennen lassen.
Eine weitere Anwendung für mobile THz-Systeme ist die Überprüfung von Kunststofffügeverbindungen. Verunreinigungen durch Fremdpartikel wie Sand oder nicht formschlüssige Verbindungen mit Lufteinschlüssen können Schwachstellen an Klebe- oder Schweißverbindungen sein. Beides lässt sich mittels berührungsloser THz-Messungen sicher erkennen und erlaubt Aussagen zu Qualität und Stabilität der Verbindung.

Fazit

Die THz-Zeitbereichsspektroskopie hat den Schritt von der reinen Laboranwendung hin zu einem Werkzeug zur zerstörungsfreien Untersuchung in einem industriellen Umfeld vollzogen. In zahlreichen Anwendungsfällen stellt die THz-Zeitbereichsspektroskopie Informationen bereit, die mit anderen etablierten Verfahren nur schwer oder gar nicht gewonnen werden könnten.

Kontakt

Philipps-Universität Marburg

Emil-Mannkopf-Str. 2
35037 Marburg

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