Automatisierung

Industrie 4.0 oder Advanced Manufacturing

12.03.2015 -

Der Begriff „Industrie 4.0" wurde der Öffentlichkeit erstmals zur Hannover Messe 2011 als deutsche Wortschöpfung präsentiert und beherrscht die deutsche Medienlandschaft. Demnach befinden wir uns in der Phase einer vierten industriellen Revolution mit einer Perspektive auf eine effizientere und kostengünstigere Produktion. Die allgegenwärtige Verfügbarkeit von Daten und Diensten erfasst alle Bereiche der Lebensmittel-Produktion, -Verpackung und -Distribution.

Lebensmittelindustrie 4.0 oder Advanced Manufacturing in Verbindung mit dem Internet der Dinge bedient die Kunden von morgen mit ihren Vorlieben für mobilen Einkauf und für individuelle Lebensmittel und Getränke.
Die Chancen, die sich durch Industrie 4.0 ergeben sind nach Angaben von BITKOM (Bundesverband Informationswirtschaft, Telekommunikation und neue Medien e.V.):

  • hohe Wettbewerbsstärke,
  • flexible Fertigung,
  • individuelle Produktion,
  • innovative Geschäftsmodelle
  • neues Arbeiten.

Vierte industrielle Revolution

Aus der ersten industriellen Revolution gingen industrielle Maschinen hervor. James Watt verhalf der Dampfkraft um 1769 zum Durchbruch und Werner von Siemens machte 1866 mit dem Generator Energie transportabel. Sie schufen die Grundlagen für den modernen Maschinenbau. Mit der zweiten industriellen Revolution kamen industrielle Fertigungsprozesse auf, die um 1870 den jungen Henry Ford inspirieren, das Prinzip der Fließbandfertigung auf die Automobilmanufaktur zu übertragen. Die Elektronik legte mit dem erste Flipflop-Schaltkreis den Grundstein für die dritte industrielle Revolution und lieferte damit wichtige Impulse für die Automatisierung in Deutschland und weltweit. Bei der vierten industriellen Revolution verschwinden die Grenzen zwischen realer und virtueller Welt, mit ungeahnten neuen Möglichkeiten für Industrie und Handel.
Pate für die Bezeichnung Industrie 4.0 stand der Begriff Web 2.0, der synonym für einen Quantensprung in der Nutzung und Bandbreit des Internets steht. Das Internet hat Kommunikation und Verbraucherverhalten grundlegend verändert, nun folgen Industrie und Fertigung. International findet sich als Pendant zur Bezeichnung Industrie 4.0 häufig der Begriff „Advanced Manufacturing". Beide Ausdrücke haben eine große Übereinstimmung und werden oft gleichbedeutend angewandt. Sie gehen aber auf unterschiedliche Ansätze zurück. Industrie 4.0 stellt den zukünftigen fundamentalen Paradigmenwechsel, nämlich weg von der zentralen Steuerung und hin zu dezentralen intelligenten Prozesseinheiten, auf die Basis von bewährten Industriestandards. Während Advanced Manufacturing sich dieser Wandlung aus der Welt der IT- und Unterhaltungselektronik nähert. Ob neue Materialien, individuelle Artikel, intelligente Produkte, selbststeuernde Maschinen, modulare Prozesse, Datenverarbeitung oder Kommunikation: im Kern dreht es sich bei beiden Ansätzen um das Zusammenspiel von Netz, Produkt und Anwender.

IPv6 und das Internet der Dinge (IoT)

Die IP-Adresse (Internet Protokoll) definiert die Eindeutigkeit im Internet. Sie wird benutzt um Computer und andere Geräte direkt anzusprechen. Der klassische IP-Adressraum ist zu über 99% belegt. Rechner, Tablets und Smart Phones etc. werden dynamisch verwaltet und müssen sich Adressen teilen. Webcams, Spielekonsolen, Fernseher und intelligente Haushaltsgeräte sorgen für eine ständig wachsende Nachfrage nach eigenen IP-Adressen.
Das neue IPv6 (RFC 2460) stellt daher einen Adressraum von über 340 Sextillionen IP-Adressen zur Verfügung. Um IPv6 Adressen kompakt darstellen nutzt man hexadezimale Notation. Mit "::1" kann man die bekannte Host-Local-Adresse aus 16 binären Stellen definieren, die dem klassischen local host 127.0.0.1 entspricht. Angesicht der Verfügbarkeit von neuen Internetadressen kann ab sofort jedes Objekt seine eigene eindeutige IP-Adresse erhalten. Jedes Produkt und jedes Paket kann damit über eine eigene Internetadresse direkt und unmittelbar angesprochen werden. Alle wesentlichen Voraussetzungen für ein Internet der Dinge (IoT) sind somit vorhanden. Das Internet erstreckt sich damit auch auf Dinge des täglichen Lebens und Gebrauchsgegenstände einbinden.

Virtuelle Stores und Private Produkte

In einem virtuellen Store kann man alles rund um die Uhr einkaufen. Auch frische Lebensmittel, die entweder fertig verpackt abgeholt oder geliefert werden. Das Verbraucherverhalten ändert sich. Und die Produkte werden individueller. Man stellt sich heute schon sein eigenes Müsli zusammen oder bestellt sein privates und individuell etikettiertes „Geburtstagsbier". Das verlangt nach organisatorischen und technischen Veränderungen bei der Fertigung.

Neuer Standard AML?

Die bisherige Trennung in die Anwendungsbereiche:

  • PLM (Produktentwicklung bis Produktionsfreigabe),
  • ERP (Enterprise Resource Planning zur Steuerung der Produktion),
  • Digitale Fabrik (Fertigungsplanung und Simulation der Produktion),
  • MES (Manufacturing Execution Systems zur Überwachung von Fertigungsanlagen),
  • SCADA /SPS / CNC für Anlagensteuerung auf Signalebene

erschwert eine effiziente Nutzung der Digitalisierung im Sinne einer autonomen und flexiblen Produktion. Automation ML (Automation Markup Language, AML) verfolgt dabei den Ansatz ein gemeinsames und durchgängiges Format für alle Anlagendaten von der Topologie über 3D-Geometrie und Kinematik bis hin zu Abläufen und logischen Abhängigkeiten zu schaffen. AML (IEC62714) möchte damit der produktiven Industrie ein umfassendes Datenformat für den Anlagenbau der Fertigungs- und der Prozessindustrie als offenen und XML-basierter Standard zur Verfügung stellen.

Sicherheit

Je weiter das Internet und seine smarten Objekte in das alltägliche Leben und in Produktionsrelevante Systeme vordingen, desto wichtiger wird es, sich über die Sicherheit Gedanken zum machen. Hier zeigen sich Chancen und Risiken der unterschiedlichen Ansätze von Industrie 4.0 und Advanced Manufacturing. Bedeutet eine abgestürzte App etwa das Versagen eines Reaktorkühlsystems? Der Bundesverband Informationswirtschaft, Telekommunikation und neue Medien (BITKOM) unterscheidet daher auch zwischen der Betriebssicherheit (Safety) und der Angriffssicherheit (Security). Während die Betriebssicherheit auf Maschinen- und Feldbusebene einen sehr hohen Stellenwert in Deutschland hat und auf umfassendes Potential zugrückgreifen kann, kommen führende Lösungen für die Angriffssicherheit klassischer IT und Betriebssysteme aus den USA. Cyber-Physischen-Produktionssysteme (CPPS) müssen aber von Anfang an in beiden Kategorien sattelfest sein. Die Fälle Stuxnet, Duqu und Flame haben gezeigt, dass Schadsoftware nicht vor Steuerungssystemen halt macht.

Wann kommt die Industrie 4.0?

Schon heute sind wesentliche Basistechnologien im Einsatz. Verschiedene Industriezweige setzen fortgeschrittene Produktionstechniken bereits erfolgreich industriell ein. Die Chancen die sich eine flexible Fertigung, eine individuelle Produktion und intelligente Maschinen und Prozesse ergeben bewerten Unternehmen unterschiedlich. Genau so sieht es mit den Investitionen aus. Die USA haben sich mit der massiven Investition in die New Economy eine unbestrittene Führungsrolle in der Internettechnologie gesichert. Bei Industrie 4.0 und Advanced Manufacturing werden die Karten neue gemischt. Dabei bestimmt die Information heute über Produkt und Markt und nicht mehr umgekehrt. Sie wird zum Schlüssel des Erfolges. Moderne Software macht die Informationen nutzbar. Der europäische Markt und insbesondere die deutsche Industrie sind noch recht zögerlich mit Investitionen in neue Anlagen, Technologien und Software. Einige Wirtschaftsinstitute sprechen bereits von einer Investitionslücke. Wichtig wird sein, dass aus der Investitionslücke, keine Innovationslücke wird.

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