Mobile Automation

Im Interview: Ralph Engel, Geschäftsführer von EKS Engel

Mein Wunsch: weniger Bürokratie, mehr Digitalisierung und eine leistungsfähige Infrastruktur

22.02.2023 - Was hat ein Tunnelbrand mit dem Erfolg von Lichtwellen­leitern zu tun?

Mit Ralph Engel sprechen wir darüber, was ein Tunnelbrand mit dem Erfolg von Lichtwellen­leitern zu tun hat, wie die Ideen der Mitarbeitenden dazu beitragen, den ökologischen Fußabdruck des Unternehmens zu reduzieren, und was er sich für den Mittelstand wünscht.

Herr Engel, Ihr Unternehmen feierte im Jahr 21 90-jähriges Bestehen. Herzlichen Glückwunsch nachträglich. Sie führen das Unternehmen nun seit 1994 in dritter Generation. Was war rückblickend – neben der Pandemie – die größte Herausforderung für Sie und was der größte Erfolg?

Ralph Engel: Die größte Herausforderung war der Umbau des Unternehmens von einem Dienstleister rund um die Elektrotechnik hin zu einem Hersteller industriegerechter Lichtwellenleitersysteme. Als 1999 ein Auffahrunfall im Tauerntunnel eine Brandkatastrophe auslöste, haben wir eine redundante, stromsparende Lösung für die optische Datenübertragung via Profibus realisiert, mit der alle Entlüftungsklappen einzeln gesteuert und so Rauch gezielt abgesaugt werden kann. Das war der endgültige Durchbruch am Markt und somit auch der größte Erfolg. Heute bieten wir neben kundenspezifischen Entwicklungen ein komplettes Produktprogramm für hochverfügbare Netzwerke, das von Spleißboxen über Feldbuskonverter bis hin zu Switchen und Routern reicht, und haben über 1.500 Kunden weltweit.

2021 haben Sie trotz vieler Widrigkeiten Ihren Umsatz um fast 11 Prozent steigern können. Wie ist Ihnen dies gelungen?

Ralph Engel: Zunächst sind wir durch umfassende Maßnahmen und die Disziplin der Belegschaft von einem Corona-Ausbruch im Unternehmen verschont geblieben. Der Schlüssel für den Erfolg war jedoch, dass wir trotz unglaublicher Schwankungen beim Auftragseingang und der Materialverfügbarkeit durch den unermüdlichen Einsatz unserer Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter alle Bestellungen ohne jegliche Abstriche bei der Qualität ausliefern konnten. Geholfen hat sicherlich auch, dass wir unsere Aktivitäten auf dem Gebiet der Feldbustechnologie nochmals verstärkt und mit unseren modularen Mastanschlussboxen der Pe-light-Familie neue Branchen wie etwa den kommunalen Sektor erschlossen haben. Denn mit ihnen lassen sich Lichtmaste zu Knoten von Glasfasernetzen für Smart-City-Anwendungen aufrüsten.

Und wie schaut der Umsatz für das vergangene Jahr aus und wie die Erwartung für 2023?

Ralph Engel: 2022 haben wir rund 6,5 Millionen Euro erwirtschaftet, also den Umsatz erneut um elf Prozent gesteigert. In diesem Jahr rechnen wir mit einem Plus von 14 Prozent, das wären dann unter dem Strich rund 7,4 Millionen Euro.

Mit Corona zog ein Digitalisierungsschub durch die Unternehmen. Wie steht es bei EKS Engel um das Thema?

Ralph Engel: Wir haben bereits vor mehreren Jahren begonnen, wichtige Geschäftsprozesse mit SAP Business One zu digitalisieren. Jüngstes Beispiel ist ein komplett in diese Software integriertes Dokumentenmanagementsystem, mit dem wir Lieferscheine und Rechnungen sozusagen per Mausklick schnell und papierlos erstellen und versenden können. Als nächstes haben wir uns vorgenommen, den gesamten Produktionsprozess digital abzubilden, also vom Ausfassen der Komponenten über die Montage bis hin zum Prüfzyklus. Aber das ist eine harte Nuss, die sich nicht so einfach knacken lässt.

Geringe Lagerhaltung und eine Produktion im Ausland waren bislang gang und gäbe, um die Kosten im Rahmen zu halten. Wie haben Sie dies bislang gehandhabt und inwieweit hat der Ukrainekonflikt Ihr Denken und Handeln verändert?

Ralph Engel: Die wirtschaftlichen Auswirkungen des russischen Angriffs auf die Ukraine spielen für uns kaum eine Rolle, da wir kein energieintensives Unternehmen sind. Dagegen haben wir bereits während der Pandemie Geräte wie Low-Cost-Switche nicht mehr in Asien fertigen lassen, sondern durch Lieferanten in Deutschland. Obwohl die Kosten etwas höher sind, überwiegen die Vorteile. Denn wir haben nicht nur einen besseren Einblick in den Produktionsprozess, sondern können technische Änderungen auch schneller umsetzen. Zudem schlagen die kurzen Lieferwege natürlich positiv zu Buche. Bei Vorprodukten können wir auf Lieferanten aus Asien nach wie vor nicht verzichten, aber auch hier schauen wir uns nach Alternativen um.

Aktuell steigen die Kosten für Energie und Rohstoffe erheblich. Mit welchen Maßnahmen begegnen Sie dieser Entwicklung? Und wie stellen Sie Ihre Lieferfähigkeit sicher?

Ralph Engel: Wir haben eine Photovoltaik-Anlage, mit der wir mehr Strom erzeugen, als wir verbrauchen. Jetzt prüfen wir, ob in diesem Jahr Stromspeicher angeschafft werden, um die Lasten besser zu verteilen. Bei den Rohstoffen, insbesondere den elektronischen Bauteilen, haben wir den Lagerbestand nahezu verdoppelt. Zusammen mit sehr guten Lieferanten konnten wir so im vergangenen Jahr rund 95 Prozent aller Produkte innerhalb von maximal vier bis sechs Wochen ausliefern. Und ich bin guter Dinge, dass uns dies auch künftig gelingen wird.

Das Thema Nachhaltigkeit rückt derzeit wieder verstärkt in den Fokus der Unternehmen und der Medien. Was leistet EKS Engel, um die Größe seines ökologischen Fußabdrucks zu verringern?

Ralph Engel: Unser Unternehmen ist bereits seit 2012 CO2-neutral. Aber auf diesen Lorbeeren ruhen wir uns natürlich nicht aus. Beispielsweise haben wir das gesamte Verpackungsmaterial einschließlich der Klebebänder auf recycelbare Produkte umgestellt. Zudem rüsten wir unsere Firmenfahrzeuge nach und nach mit E- oder Hybridmodellen aus – zurzeit haben nur noch die Hälfte von ihnen einen klassischen Verbrennungsmotor –, die mit grünem Strom aus unserer Photovoltaik-Anlage aufgeladen werden können. Schließlich setzen wir verstärkt auf Ideen aus der Belegschaft. Denn unser ökologischer Fußabdruck lässt sich nur stetig verringern, wenn alle mit im Boot sind.

Eine abschließende Frage: Was wünschen Sie sich für die Industrie respektive den Mittelstand?

Ralph Engel: Vor allem weniger Bürokratie, mehr Digitalisierung und eine leistungsfähige Infrastruktur. Jedoch muss man sich um den Mittelstand keine Sorgen machen. Denn wir sind mit unseren vielen Hidden Champions nicht umsonst das Rückgrat der deutschen Wirtschaft und werden es sicherlich auch bleiben. Aber, und hier spreche ich aus eigener Erfahrung, man darf nie den Glauben an sich selbst verlieren, was auch immer kommen mag.

Das Interview bieten wir Ihnen auch in voller Länge als Video an. Das finden Sie hier.

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