Getriebe als Zünglein an der Waage
Form, Auslegung und Fertigungsqualität des Getriebes entscheidet über Effizienz und Langlebigkeit des Antriebssystems
Wenn es darum geht, ein Unternehmen angesichts rasant steigender Energiepreise und staatlicher Richtlinien „grüner“ und damit nachhaltig zukunftssicher zu machen, zählt jedes Detail. Die Bedeutung von Elektromotoren, die nach aktuellen Schätzungen der Europäischen Kommission (https://ec.europa.eu) in den EU-Ländern rund 50 Prozent des hier erzeugten Stroms verbrauchen, wurde in diesem Zusammenhang längst erkannt und schlägt sich beispielsweise auch in der europäischen „Verordnung (EU) 2019/1781 zur Festlegung von Ökodesign-Anforderungen an Elektromotoren und Drehzahlregelungen“ nieder.
Weniger im Bewusstsein ist hingegen, dass der Wirkungsgrad eines Servomotors durch den Einsatz eines Getriebes weiter verbessert werden kann. So lässt sich insbesondere dasselbe Drehmoment bei geringerer Wellendrehzahl mit einem kleiner dimensionierten Motor erreichen. Der Energieverbrauch, aber auch Investitions- und Betriebskosten sowie der Bedarf an Platz und Steuerungsperipherie reduzieren sich dementsprechend. Die Auswahl des Getriebes entscheidet damit maßgeblich über die Effizienz und die Langlebigkeit des gesamten Antriebs. Dabei zählen vor allem drei Punkte: seine Form, seine Auslegung und nicht zuletzt die Fertigungsqualität.
Planetengetriebe mit einem Wirkungsgrad bis zu 98 Prozent
Den höchsten Wirkungsgrad aller Getriebeformen sowie eine große Leistungsdichte in sehr kompakter Bauform bieten Planetengetriebe. Bei diesem Typ umkreisen in einem Hohlrad mindestens drei Zahnräder (Planetenräder) ein Zentralrad (Ritzel oder Sonnenrad) wie Planeten die Sonne. Weil – anders als etwa bei Kegelrad- oder Zykloidgetrieben – immer mehrere Zahneingriffe gleichzeitig stattfinden, wird das zu übertragende Drehmoment auf mehrere Verzahnungselemente verteilt, sodass sich die Reibung je Zahneingriff verringert. Hochwertige Werkstoffe und eine gute Oberflächenbearbeitung unterstützen diesen positiven Effekt. So kommen am Abtrieb bis zu 98 Prozent der am Antrieb eingesetzten Energie an. Zudem erfordert die Konstruktion einen geringeren Materialeinsatz bei Lagern und Gehäuse als etwa ein vergleichbares Stirnradgetriebe.
30.000 Betriebsstunden und mehr
Seinen optimalen Wirkungsgrad entwickelt das Getriebe, wenn es möglichst nah an seinem idealen Arbeitspunkt betrieben wird. Eine Auslegungssoftware wie das Neugart Calculation Program (NCP) ermöglicht die Dimensionierung und Überprüfung der entsprechenden applikationsbedingten Kennwerte. Anhand eines digitalen Modells kann das Tool zudem das thermische Verhalten des Getriebes in der Applikation abbilden, sodass der tatsächliche Wirkungsgrad in der Simulation bereits sehr genau vorherberechnet werden kann.
Noch stärker tragen energie- und platzeffiziente Lösungen zu einer nachhaltigen Unternehmensführung bei, wenn sie möglichst lange eingesetzt werden können. So sind die Getriebe des Herstellers standardmäßig auf 30.000 Betriebsstunden ausgelegt. Bei entsprechender Betriebsweise sind noch deutlich längere Lebensdauern realisierbar. Zudem sind alle Modelle lebensdauergeschmiert. Das bedeutet zum einen, dass sie ihren Wirkungsgrad über die gesamte Betriebsdauer beibehalten. Zum anderen wird das Schmiermittel selbst optimal genutzt und muss nur ein einziges Mal am Ende des Produktlebenszyklus umweltverträglich entsorgt werden. Die Hauptbestandteile eines Planetengetriebes (rund 95 Prozent) sind Stahl und Aluminium, wodurch sich das Getriebe fast vollständig recyceln lässt.
Hohe Wertschöpfungstiefe made in Germany
Neugart-Getriebe sorgen durch ihr Engineering und ihre Fertigungsqualität seit Jahrzehnten für mehr Nachhaltigkeit bei den Kunden. Als Familienunternehmen fühlt sich die 1928 gegründete Firma schon immer an Werte gebunden, die einen verantwortungsvollen Umgang mit Menschen und Ressourcen selbstverständlich erscheinen lassen. Dazu zählt eine traditionell große Wertschöpfungstiefe ebenso wie die regionale Verwurzelung am Produktionsstandort Deutschland und besonders auch am badischen Stammsitz in Kippenheim. Die positiven Effekte dieser Mischung zeigen sich nicht zuletzt angesichts immer schwieriger werdender Rahmenbedingungen. So lassen sich beispielweise mit kurzen Transportwegen Lieferzeiten stabil halten. Und ein – im besten Sinne – nachhaltig zufriedener Mitarbeiterstamm gewährleistet Stabilität in wirtschaftlich bewegten Zeiten und federt den allgemeinen Fachkräftemangel ab.
Klimaneutralität
Auf der Basis solcher Faktoren hat sich Neugart im Zuge seiner Nachhaltigkeitsstrategie konkrete und quantitativ messbare Ziele gesetzt: So soll zuerst bis 2025 die Klimaneutralität (Scope 1 und 2) ohne Kompensationsmaßnahmen am Standort Kippenheim erreicht sein. Auf dem Weg dorthin setzt man als Hightech-Unternehmen auch auf alle verfügbaren Möglichkeiten in der Produktions-, Gebäude- und Energietechnik und möchte auf Kompensationsgeschäfte ganz verzichten.
Das 2008 eröffnete (und 2014 erweiterte) Werk 2 in Kippenheim setzte seinerzeit neue Effizienz- und Umweltstandards – von einer energiesparenden Betonkernkühlung über entsprechende Belüftungs- und Beleuchtungskonzepte bis zur Regenwassernutzung und zur Renaturierung des Dorfbachs. Das Bestandswerk (Werk 1) wurde entsprechend nachgerüstet. Das neue Werk 3, das am Stammsitz Kippenheim entsteht, wird diese Ansätze konsequent weiterführen.
Druckluftversorgung
Ein weiteres Optimierungsprojekt beschäftigte sich mit der Druckluftversorgung: Durch entsprechende technische Maßnahmen konnten der Strombedarf der energieintensiven Anlagen sowie die Lärmentwicklung bei der Handhabung der Druckluftpistolen reduziert werden. Zudem wird gerade eine Kälteanlage modernisiert und künftig mit dem CO2-freundlicheren Kühlmittel R290 Propangas betrieben.
Ökostrom
Die hundertprozentige Nutzung von Strom aus regenerativen Energiequellen am gesamten Standort Kippenheim ist schon seit einiger Zeit abgeschlossen. Aktuell steht die Umstellung auf ausschließlich regional erzeugten Ökostrom auf der Agenda. Eine wichtige Rolle spielt in diesem Zuge die Inbetriebnahme einer eigenen großflächigen Photovoltaikanlage. Mit 749 kWp Leistung ist diese bei voller Auslastung in der Lage, die Hälfte des Strombedarfs des Standorts in Kippenheim zu decken. Auch ein Messstellen- bzw. Energiemonitoringkonzept für mehr Verbrauchsdatentransparenz wurde umgesetzt.
Autoren
Andreas Beinroth, Geschäftsleiter Finanzen & Administration
Sven Borho, Teamleiter Produktmanagement
Swen Herrmann, Geschäftsleiter Business Development
Kontakt
Neugart GmbH
Keltenstr. 16
77971 Kippenheim
Deutschland
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