Europäische Bildverarbeitung wieder auf Wachstumskurs
Die meisten Unternehmen haben die Krise gut überstanden
Die Finanz- und Wirtschaftskrise hatte im vergangenen Jahr erhebliche Auswirkungen auch auf die Bildverarbeitungsindustrie in Europa. Die Ergebnisse der European Vision Technology Market Statistics 2010, der jährlich durchgeführten Marktuntersuchung des europäischen Branchenverbands EMVA, deuten allerdings auf eine positive Entwicklung des Gesamtumsatzes der Bildverarbeitung im laufenden Jahr hin.
Den größten Anteil am Gesamtumsatz der europäischen Bildverarbeitungsunternehmen haben nach wie vor die Industriekunden. Allerdings gewinnen die sog. nicht-industriellen Anwendungen kontinuierlich an Bedeutung. Bildverarbeitungstechnologien erobern mehr und mehr Bereiche wie etwa Sicherheit und Überwachung, das Gesundheitswesen, Markforschung, Umwelttechnik, aber auch die Unterhaltungselektronik und den Sport. Gleichzeitig schreitet die Integration von Bildverarbeitung in Anlagen und Maschinen weiter voran. Bildverarbeitungssysteme werden letztlich nicht mehr nur Zusätze zu Maschinen sein, sondern ein Kernbestandteil von Maschinen und Robotern werden.
Die Inspektion von Stückgut und Bahnware blieb auch 2009 die bedeutendste Anwendung der industriellen Bildverarbeitung. Der große Gewinner sind allerdings die 3D-Applikationen. Der Trend in Richtung 3D beeinflusst auch die Produktpalette der Hersteller von Kameras, Smart Cameras und Bildverarbeitungssoftware.
Deutlicher Umsatzeinbruch in 2009
Die in der Marktdatenerhebung gemeldeten Umsätze beliefen sich auf knapp 738,6 Mio. € für das Jahr 2009, ein Rückgang von 21,4 % im Vergleich zum Vorjahr. 72,6 % des Umsatzes wurden innerhalb Europas generiert. Der Absatz nach Deutschland - dem größten europäischen Markt - ging um 23,7 % zurück, während die Lieferungen nach Italien mit 19,7 % etwas weniger nachgaben. Die Verkäufe nach Großbritannien und Irland gingen um 12,5 % zurück. Auch Frankreich sah mit einem Minus von 12,1 % einen relativ moderaten Rückgang des Umsatzes. Spanien und Portugal waren mit einem Plus von 4,8 % die einzigen europäischen Länder, in denen die Umsätze im Vergleich zum Vorjahr anstiegen. Die Exporte nach Nord-, Mittel- und Südamerika gingen überdurchschnittlich um 24,2 % zurück. Verglichen damit waren die Umsätze mit Asien etwas robuster, die Geschäfte mit allen asiatischen Ländern gingen lediglich um 18,8 % zurück. Die Exporte nach Taiwan und Japan litten am meisten, während die Verkäufe nach Südkorea sogar zulegen konnten (+14 %) (s. Abb. 1). Insgesamt hatten die Exporte nach Übersee einen Anteil von 27,3 % am Gesamtumsatz.
Der Umsatz mit Bildverarbeitungssystemen hatte einen Anteil von 51,6 % und Umsätze mit Komponenten 43,7 % am Gesamtumsatz 2009. Der Rückgang des Umsatzes verteilte sich fast gleichwertig auf die beiden Produktkategorien. Alle Produktarten waren im vergangenen Jahr schwer von der Krise betroffen. Die Umsatzrückgänge reichten von 10,6 % bei sonstigem Zubehör bis 33,6 % bei Smart Cameras. Innerhalb der Systeme waren die konfigurierbaren Systeme am wenigsten betroffen, allerdings ging auch hier der Umsatz mit 14,5 % zweistellig zurück. Die gemeldeten Umsätze mit anwendungsspezifischen Systemen - die mit 37,5 % den größten Umsatzanteil aller Produkte haben - gingen um 22,3 % zurück. Verkäufe von Kameras, dem zweitgrößten Umsatzträger, gingen um 20,5 % zurück, in absoluten Zahlen von 261,3 Mio. € in 2008 auf 207,8 Mio. € im letzten Jahr.
Bildverarbeitungsunternehmen konnten Mitarbeiter halten
Insgesamt haben die Bildverarbeiter in Europa letztes Jahr ihr Personal unterproportional zum Umsatzrückgang reduziert. Die mittelständisch geprägte Industrie ist weitgehend unabhängig vom kurzfristigen Shareholder Value-Denken, Wachstumsstrategien sind mittel- bis langfristig angelegt. Außerdem sind sich viele Unternehmen der hohen Kosten der Einarbeitung neuer Mitarbeiter nach dem Ende von Krisenzeiten deutlich bewusst.
Durchschnittlich beschäftigten die europäischen Unternehmen im letzten Jahr 29 Mitarbeiter. Deutsche Bildverarbeiter sind mit 32 Mitarbeitern im Schnitt etwas größer. Dagegen sind ihre Kollegen in Italien mit durchschnittlich 16 Mitarbeitern deutlich kleiner. Unternehmen in Großbritannien haben im Schnitt sogar nur acht Mitarbeiter. Fast jedes zweite Unternehmen in Europa beschäftigt 10 oder weniger Mitarbeiter.
Umsatzplus außerhalb der Industrie
Noch nie waren die Umsatzanteile der einzelnen Kundenbranchen so ausgeglichen wie im vergangenen Jahr. Gleich drei Bereiche - Automotive (18,2 %), die nichtindustriellen Anwendungen (16,1 %) und die Glasindustrie (10 %) - hatten 2009 einen zweistelligen Umsatzanteil. Weitere sechs Branchen hatten einen Anteil zwischen 5 % und 10 %, namentlich die Metallindustrie, die Holz- und Papierindustrie, die Pharma- und Kosmetikindustrie, die Halbleiterindustrie, die Elektrik- und Elektronikindustrie, sowie die Gummi und Kunststoffindustrie. Dies geht hauptsächlich zu Lasten der Automotive-Branche, die besonders hart von der Krise im vergangenen Jahr betroffen war. Dementsprechend sanken die Umsätze der Bildverarbeitung mit dieser Schlüsselindustrie dramatisch um 35,3 %. Insgesamt verzeichneten die industriellen Branchen einen Umsatzrückgang von 27,6 %, während die Umsätze mit allen nichtindustriellen Bereichen trotz Krise um 29,4 % zunahmen. Der Umsatzanteil des nichtindustriellen Bereichs stieg zwischen 2008 und 2009 von 9,7 % auf 16,1 %. Dies unterstreicht das Potential, das in dem großen Bereich der nichtindustriellen Branchen für die Bildverarbeitung steckt.
3D-Messtechnik gewinnt Marktanteile
Die Inspektion von diskreten Bauteilen und von Bahnware ist noch immer das Haupteinsatzgebiet von Bildverarbeitungssystemen. Beide Inspektionsanwendungen zusammen hatten 2009 einen Umsatzanteil von 50,3 % aller Anwendungen, nach 61,9 % im Jahr 2008. Mit 32 % ist die Inspektion von diskreten Bauteilen die umsatzstärkste Anwendung von Systemen. Allerdings ging ihr Anteil am Umsatz 2009 stark zurück, hauptsächlich aufgrund der geringeren Nachfrage aus Branchen, die Produkte für Endkunden produzieren, wie etwa Automobile. Andererseits konnte die Inspektion von Endlosmaterial ihren Umsatzanteil von 17 % auf 18,3 % steigern. Den größten Umsatzzuwachs erlebten aber Systeme für die 3D-Messtechnik: Hier stieg der Anteil am Gesamtumsatz von 10 % auf 15,8 % in 2009, die absoluten Umsätze nahmen um 22,5 % zu. Ein Trend, der anhalten wird, da die noch relativ junge 3D-Technologie weitere Anwendungsgebiete erschließen wird. Visuell geführte Maschinen, das Erkennen von Schriftzeichen und Code-Lesen sind weitere Anwendungen, die 2009 an Umsatzanteil zugewinnen konnten. Dagegen gingen die Umsätze mit Systemen für die 2D-Messtechnik und die Bauteilerkennung absolut und relativ zurück.
11 % Wachstum in 2010
2009 war das bislang wohl schwierigste Jahr für die Bildverarbeitungsindustrie in Europa. Ein Großteil der Bildverarbeitungsunternehmen in Europa hat dieses Krisenjahr aber relativ gut überstanden. Darauf deutet die stabile Zahl der durchschnittlichen Mitarbeiterzahlen hin. Das Jahr 2010 lässt gute Wachstumsaussichten erkennen: Für den weltweiten Absatz von Maschinen wird im laufenden Jahr mit einem Umsatzplus von 9 % gerechnet. Auch von anderen Kundenbranchen kommen positive Signale. Der zunehmende Einsatz von Bildverarbeitung in nichtindustriellen Bereichen wird die Nachfrage zusätzlich ankurbeln. Für das laufende Jahr wird mit einer Steigerung des Gesamtumsatzes der europäischen Bildverarbeitungsunternehmen um 11 % gerechnet. Speziell die Märkte in Asien werden dabei Impulsgeber sein.
EMVA Marktstudie
Die „European Vision Technology Market Statistics" ist eine jährlich von der European Machine Vision Association (EMVA) durchgeführte Studie. Für die Markterhebung 2010 wurden Angaben von 205 Unternehmen der Bildverarbeitungsindustrie in Europa ausgewertet. Die Daten wurden in erster Linie direkt bei den Unternehmen anhand eines schriftlichen Fragebogens erhoben und durch zahlreiche Interviews mit Experten in ganz Europa ergänzt.
In der Marktstudie ist der Branchenabsatz aufgegliedert nach Regionen, Produktkategorien, Anwendungsbereichen und Kundenbranchen. Neben der Statistik für Europa finden die Leser nun auch drei länderspezifische Berichte zur industriellen Bildverarbeitung in Deutschland, Italien und - erstmals - Großbritannien. Ergänzend geht die Studie auf aktuelle Trends und Entwicklungen ein und zeigt Wachstumsmöglichkeiten für die Bildverarbeitungsindustrie auf. Die Marktuntersuchung wendet sich nicht nur an Unternehmen der Bildverarbeitungsindustrie, sie kann auch anderen Stakeholdern als wertvolle Grundlage für strategische Entscheidungsfindungen dienen. Die aktuelle Studie kann direkt beim Verband bezogen werden.
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