Bildverarbeitung

"Es ist wichtig, den Kunden zuzuhören"

Interview mit Robert Edmund, Chef von Edmund Optics

30.08.2012 -

Für die Heftrubrik "Visionäre" interviewten wir vor kurzem Robert Edmund, CEO und Vorstandsvorsitzender von Edmund Optics. Leider konnten wir nur einen Ausschnitt abdrucken - das vollständige Interview finden Sie hier.

INSPECT: Herr Edmund, die Wurzeln von Edmund Optics gehen zurück ins Jahr 1942 als Ihr Vater Norman Edmund die Firma gründete. Sie haben 1975 die Firma übernommen und führen nun ein globales Unternehmen. Was waren Ihre Gedanken als Sie die Firma Ihres Vaters erbten?

R. Edmund:  Mein Vater gründete zunächst eine Optikfirma. Ende der 1950er Jahre interessierte er sich zunehmend für Schulungs- und Wissenschaftssysteme für junge Leute. Dadurch konzentrierte man sich nicht mehr nur auf die Optik und mein Vater änderte den Firmennamen auf Edmund Scientific. Als mir mein Vater die Firma übertrug war es meine Idee, sich wieder mehr auf Optik zu konzentrieren. Schließlich veräußerten wir den Geschäftsbereich für Schulungssysteme und änderten den Namen wieder auf Edmund Optics.

Als Unternehmer und Firmengründer lag es meinem Vater, neue Produktideen hervorzubringen. Aber wie viele Unternehmer war er nicht so sehr daran interessiert, eine Unternehmensinfrastruktur aufzubauen und Mitarbeiter auszubilden, die die Firma zukünftig führen sollten. Aber genau dies interessiert mich. Ich mag die Wissenschaft der Organisationsentwicklung, welche beschreibt, wie man ein Unternehmen aufbaut. Bei Familienbetrieben ist es eher typisch, dass die zweite Generation sich auch auf die Entwicklung der Organisation konzentriert und nicht nur auf die Produkte.


Selbst mit den allerbesten optischen Geräten ist es unmöglich, in die Zukunft zu blicken. Aber Sie müssen eine Vision haben, wie Sie sich die Zukunft vorstellen. Was waren die Ideen hinter Ihren ersten Entscheidungen als Unternehmer?

R. Edmund:  Kürzlich haben wir einen langfristigen Strategieplan ausgearbeitet, der sowohl unsere Mission als auch Vision darstellt. Ich glaube, dass die wichtigste Mission des Unternehmens die Betreuung unserer Kunden ist. Unsere Zukunft wird davon bestimmt, was diese von uns erwarten. Als unsere Kunden beispielsweise nach asphärischer Optik fragten, wussten wir, dass wir diese in unsere künftigen Pläne mit einbeziehen mussten. Deshalb begannen wir, uns mit der Möglichkeit zur Herstellung asphärischer Optik zu beschäftigen und diese Produkte anzubieten. Es ist so wichtig, den Kunden zuzuhören - sie sagen dir wo deine Zukunft ist.

 

Heute bietet Edmund Optics über 26.000 Produkte an, die weltweit verkauft werden. Ein Großteil dieser Produkte sind Eigenentwicklungen. Würde Edmund Optics als reines Vertriebsunternehmen auf dem Vision-Markt genauso erfolgreich sein?

R. Edmund: Nein, ich glaube, wir konnten nur wachsen und auf unseren Märkten bestehen, indem wir eigene Fertigungsressourcen schafften.  Ich möchte nochmals betonen, dass unsere Kunden dazu den Anstoß gaben. Wir bemerkten, dass viele unserer guten Kunden zur Herstellung eines Produkts eine kleine Menge an optischen Komponenten kauften. Sobald sie das Produkt auf den Markt brachten, wurde eine größere Menge benötigt. Wir mussten diese Komponenten für die Kunden produzieren, sonst hätten sie sich an einen anderen Hersteller gewandt. Außerdem bevorzugen Kunden eine Zusammenarbeit mit einer einzigen Firma während allen Prozessphasen von der Produktentwicklung über die gesamte Produktlebensdauer.

Darüber hinaus stellten wir fest, dass viele hochtechnologischen Produkte Optiken verwenden, bei denen aufgrund der Natur des Produktes nicht Hunderttausende von optischen Komponenten, sondern manchmal vielleicht nur zwei bis dreihundert benötigt werden. Um ein Beispiel zu nennen: Unsere optischen Komponenten werden für DNA-Blutanalysatoren verwendet, von denen etwa 500 jährlich produziert werden. Der Kunde arbeitet vorzugsweise mit einem Unternehmen, das eine kleine Menge der erforderlichen Komponenten herstellen kann. Viele größere Hersteller akzeptieren keine solchen Kleinaufträge. Aus diesem Grunde beauftragten uns unsere Kunden als Hersteller. Somit haben eigentlich unsere Kunden uns aufgefordert, Hersteller zu werden.

 

Sie stellen eine sehr große Anzahl an Produkten her und halten viele davon auf Lager. Dies hat anscheinend Einfluss auf Ihren Erfolg. Aber stellen so viele lagernde Produkte kein bilanzielles Problem für Sie dar?

R. Edmund:  Nun, das ist eine Frage der Investition. Wenn Sie ein Lieferant sein möchten, dann ist es das Wichtigste, den Kunden das gewünschte Produkt schnellstmöglich zur Verfügung zu stellen. Haben Sie einen bestimmten Artikel nicht auf Lager, werden sie sich anderswo umsehen. Um also die Kundenloyalität zu gewinnen, müssen Sie sowohl in Ihren Lagerbestand als auch in die Herstellung investieren. Dies ist ein teures Unterfangen und offen gesagt, deshalb haben wir meiner Meinung nach nicht viele Mitbewerber, da viele lieber ihre finanziellen Mittel anderweitig einsetzen.

Ein Großteil der reinen Hersteller sagen, dass ihre gesamte Investition in Equipment steckt. Wenn man jedoch unsere Bilanz ansieht, sieht man, dass die Investition in Geräte hoch, die Investition in den Lagerbestand jedoch viermal höher ist.

 

Viele der Produkte von Edmund Optics wurden für industrielle Anwendungen optimiert und überzeugen mit höchster Qualität. Dieser Qualitätsstandard hat deutlich zum Unternehmenserfolg beigetragen. In welchem Umfang geht dieser Erfolg auf Ihren persönlichen Enthusiasmus für Optik und optische Systeme zurück?

R. Edmund:  Mein persönliches Ziel ist es, uns auf die Qualität unserer Produkte und die Qualität unseres Service zu konzentrieren. Wie bereits erwähnt, die Produktion von hochqualitativen Produkten ist nur ein Teil der Gleichung. Sie müssen auch einen guten Service bieten. Das heißt technischen Service und Support, Qualitätssicherung sowie schnelle und pünktliche Lieferung. Es bedeutet außerdem Investition in metrologische Systeme, um die eigenen Produkte zu testen und diese Daten bei Bedarf dem Kunden zur Verfügung zu stellen.

 

Sie führen nicht nur 26.000 Produkte in Ihrem Katalog, Edmund Optics betreut außerdem über 200.000 Kunden weltweit. Wie schaffen Sie es, mit dieser beeindruckenden Anzahl von Geschäftspartnern gute und dauerhafte Beziehungen zu pflegen?

R. Edmund:  Die Verwaltung der Kundendatenbank ist eine Wissenschaft für sich und erfordert wieder Investition; dieses Mal in Informationstechnik und in Mitarbeiter, die diese anwenden. Anhand unserer Kundendatenbank ersehen wir, welche Kunden technischen Support benötigen,  so dass wir gezielt Mitarbeiter dafür einsetzen können. Die Datenbank zeigt uns zudem, wie häufig Kunden unsere Produkte kaufen. Dadurch können wir bestimmen, wie oft wir ihnen Kataloge oder E-Mails senden. Die Pflege unserer Kundenkartei ist ebenfalls eine Wissenschaft für sich - ein statistischer Wissenschaftsbereich, der mathematisches Wissen verlangt.

 

Viele Ihrer Kunden bestellen Produkte aus Ihrem Katalog. Aber haben Sie auch Vertriebsmitarbeiter, die in direkten Kontakt mit Ihren Kunden treten?

R. Edmund:  Ja. Normalerweise hat ein Unternehmen eine Abteilung, die „Vertriebs- und Marketingabteilung", Edmund Optics hat hingegen zwei. Wir haben eine Marketingabteilung, die den Produktkatalog entwirft, die Website erstellt und die Kundendatenbank pflegt. Und dann haben wir noch den Vertrieb. Jede Abteilung wird von einer obersten Führungsebene geleitet. Dies stellt ein ungewöhnliches Unternehmensmodell dar, aber sobald ein Kunde eine Geschäftsbeziehung mit Edmund Optics aufbaut und beginnt, eine bestimmte Anzahl von Produkten zu kaufen, beauftragen wir einen Vertriebsmitarbeiter, diesen Kunden beim Kauf zu unterstützen und zu beraten.

 

Dieses Modell ist anscheinend ziemlich typisch für Edmund Optics. Ist dies ein weiterer Faktor, der Sie von anderen Unternehmen unterscheidet?

R. Edmund:  Ja, dies ist ein Faktor unseres Erfolges. Wir glauben, dass unser Geschäftsmodell einzigartig ist und sich ständig weiterentwickelt.


Lassen Sie uns kurz über die Optikbranche sprechen, speziell über Mitarbeiter. In Deutschland gestaltet es sich zunehmend schwierig, hochqualifizierte Mitarbeiter und Entwickler anzustellen. Kennen Sie diese Problematik und wie geht Edmund Optics damit um?

R. Edmund:  Der Mangel an Optikingenieuren für den Technologiebereich ist ein weltweites Problem. In den USA gibt es sehr gute Universitäten für die Fachrichtung Optik, diese können aber nicht genügend Studenten gewinnen. Ich arbeite beispielsweise mit der University of Arizona zusammen, die ein absolut brillantes Optik-Programm anbietet. Aber nur 15 bis 20 Studenten jährlich machen in diesem Bereich ihren Abschluss. Diese Absolventen bekommen sofort eine Anstellung und werden sehr gut bezahlt, da Firmen dafür gute Gehälter bieten müssen. Wenn wir beispielsweise einem Studenten ein Angebot machen, bekommen wir oft zu hören: „Gut, ich warte auf weitere Angebote und sage der Firma zu, die mir das höchste Gehalt bietet."

Ich habe gehört, dass es in Europa ebenfalls nicht genügend Studenten für Optik gibt. Soweit ich weiß, ist China das einzige Land, das viele Optikingenieure ausbildet. Unserer Meinung nach ist es eine gute Idee, wenn Absolventen von chinesischen Hochschulen für ein Anschlussstudium in die Vereinigten Staaten oder nach Europa gehen und ihr in China erworbenes Basiswissen weiterentwickeln.

Ein weiteres interessantes Phänomen in den USA ist die Tatsache, dass immer mehr Frauen sich für Optik interessieren. Wir sehen es mit Freude, dass Frauen hervorragende Optikingenieure sind.

 

Wie kann man junge Leute Ihrer Meinung nach für Optik interessieren?

R. Edmund:  Wir unterhielten uns mit den Fraunhofer Instituten über dieses Thema und diese meinten, dass die Verwendung von unterschiedlichen Bezeichnungen das Interesse von jungen Leuten wecken könnte. Viele junge Leute finden das Wort "Optik" einfach nicht cool genug. Vielleicht sollten wir die Bezeichnung „Licht" verwenden wie z. B.: „Dies ist die Wissenschaft des Lichts." Dies könnte interessanter wirken.

 

Technologische Entwicklungen werden auch zukünftig das wirtschaftliche wie das private Leben erheblich beeinflussen. Welche bedeutenden Entwicklungen im Tätigkeitsfeld von Edmund Optics erwarten Sie in den kommenden Jahren?

R. Edmund:  Nach der Finanzkrise 2008/2009 ist das Interesse für Technik erneut gestiegen. In der Tat konnten wir 2010 einen technischen Boom beobachten. Ein Teil der wirtschaftlichen Probleme auf der ganzen Welt haben dazu geführt, dass die wirtschaftlichen Aktivitäten etwas gebremst wurden, sie werden aber voraussichtlich wieder zunehmen.

Technologie ist die beste Möglichkeit für Industrieländer, ihre Volkswirtschaften in den Griff zu bekommen und voranzukommen. Inzwischen werden optische Komponenten in einem sehr breiten Produktspektrum eingesetzt - nicht nur bei Inspektionsanwendungen, bei denen Optik traditionell Verwendung findet, sondern auch zunehmend in der Medizin, der Biowissenschaft und in der Sicherheitsbranche. Es gibt viele, viele Möglichkeiten und nochmals: es ist wichtig, mit den Kunden zu sprechen, dass diese Ihnen ihre Vorstellung von der Zukunft vermitteln. Ein Beispiel: Wir haben einen Kunden in den USA und einen in Europa, die beide optische Komponenten in ihren Dentalgeräten verwenden. Zahnärzte können inzwischen den Patienten die Karies an ihren Zähnen zeigen. Dadurch kann der Patient das Problem und die zahnärztliche Behandlung verstehen. Beispiele wie diese demonstrieren deutlich, wie die Optik Teil von nahezu allem in unserem täglichen Leben wird.

 

Ihr Beispiel über dentale Geräte scheint darauf hinzudeuten, dass optische Komponenten kleiner werden. Ist dies ein Trend?

R. Edmund:  Ja, wir beobachten definitiv einen Trend Richtung „kleiner" und es besteht ein wachsendes Interesse für sehr kleine optische Komponenten. Das Interesse für größere Komponenten ist weiterhin ungebrochen, aber das größte Wachstum liegt bei der Nachfrage nach sehr kleiner Optik.

 

Kommt diese Nachfrage auch von Kunden aus dem Bereich maschinelles Sehen und Robotertechnik?

R. Edmund:  Ja, definitiv. Bei maschinellem Sehen erfolgte beispielsweise die Qualitätskontrolle bislang durch große Maschinen. Aber diese Maschinen sind kleiner geworden. Somit mussten die optischen Komponenten angepasst werden. Sie sind ebenfalls kleiner geworden, um den Anforderungen gerecht zu werden.


Sie beobachten Europa und den Euro von der anderen Seite des Atlantiks bestimmt sehr genau. Inwieweit sind Sie über das momentane Geschehen beunruhigt?

R. Edmund:  Natürlich interessieren wir uns für die Entwicklung des Euros. Die meisten unserer europäischen Kunden sind in Hochtechnologieländern angesiedelt. Wir haben also wenige Kunden in Griechenland, aber viele in Deutschland und Frankreich. Ich nehme an, dass der Euro in Ländern, in denen sich die meisten unserer Kunden befinden, weiterhin Zahlungsmittel bleibt.

Aus unserer Sicht bringt der aktuelle Wert des Euro sowohl Vorteile als auch Nachteile. Wenn wir unsere auf dem Euro basierenden Umsätze in Dollar umrechnen, bekommen wir zur Zeit weniger Dollar heraus als zuvor. Das ist ein Nachteil. Wenn wir aber andererseits eine Menge optische Geräte von Deutschland kaufen, so bekommen wir diese Geräte günstiger. Das ist ein Vorteil. Zurzeit produzieren wir keine optischen Komponenten in Europa, aber wenn der Euro weiterhin an Wert verliert, könnte dies in Erwägung gezogen werden.

 

Das Europroblem hat also anscheinend wenig Einfluss auf Ihre globale Strategie?

R. Edmund:  Meiner Meinung nach haben Unternehmen, die sich nur auf einen Markt konzentrieren, Wachstumsschwierigkeiten. Mit einer globalen Perspektive lassen sich Risiken ausgleichen. Ein Beispiel: Wir stellen im Augenblick große Mengen in Asien her, aber die Produktionskosten dort steigen. Deshalb produzieren wir auch in den Vereinigten Staaten, denn der Preis für Erdgas ist dort im Moment niedrig. Wenn Sie also global operieren, können Sie sich anpassen und die Produktionsstätten nach Bedarf wechseln.

 

Im Mai dieses Jahres wurden Sie für die Ernst & Young-Auszeichnung „Unternehmer des Jahres 2012" nominiert. Wenn man dies hört, könnte man annehmen, dass Sie fast alles erreicht haben. Aber als Unternehmer müssen Sie nach wie vor Ziele für die Zukunft haben. Wo sehen Sie also Edmund Optics in der Zukunft?

R. Edmund:  Meiner Meinung nach ist es nie möglich, sein Ziel zu erreichen, wenn man ein Unternehmen führt. Denn man muss ständig zukunftsorientiert handeln und für das Überleben des Unternehmens gewappnet sein. Dazu muss man eine Strategie verfolgen, die sich mit der Zeit entwickelt und, was am Wichtigsten ist, ein Führungs- und ein Mitarbeiterteam haben, welche die Ziele, die Mission und die Vision des Unternehmens in der Zukunft erfüllen können. Ich bin 64 Jahre alt und ich verbringe mehr Zeit mit der Entwicklung des richtigen Führungsteams für die Zukunft als für andere Dinge.

 

Haben Mitarbeiter, die diesen Verantwortungsbereich übernehmen, die Freiheit, sich anzupassen und ihre eigenen Ideen vorzubringen?

R. Edmund:  Ja. Sie müssen den Mitarbeitern Verantwortung übertragen. Sie müssen ebenfalls akzeptieren, dass Menschen, die diese Verantwortung übernehmen auch einige Fehler machen. Aber solange sie von ihren Fehlern lernen und diese nicht wiederholen, haben Sie die richtigen Leute.

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