Bildverarbeitung

Elektronenmikroskopie und digitale Bildanalyse im Arbeitsschutz

19.10.2011 -

Asbestfasern können Lungenkrebs auslösen. Auch neuartige Nanopartikel bergen ein hohes Gesundheitsrisiko.Was für Fasern finden sich in einem bestimmten Material? Wie viele Partikel gelangen in die Atemluft? Im Rahmen des Arbeitsschutzes geht die Fachstelle „Gefährliche Arbeitsstoffe“ einer Düsseldorfer Berufsgenossenschaft solchen Fragen nach. Am Transmissionselektronenmikroskop kommt eine MegaView III Digitalkamera und die Bildanalyse-Plattform iTEM zum Einsatz.

Kontakt vermeiden

Die krebserregende Wirkung von Asbest ist seit den 30er Jahren des letzten Jahrhunderts bekannt. Wenn Asbestfasern in die Lunge gelangen und sich dort festsetzen, können sie Lungenkrebs auslösen. Schon kleinste Mengen sind gefährlich. Fasern und Staub können auch Asbestose („Asbeststaublunge“) verursachen. Im Arbeitsschutz wird deshalb heute alles getan, jeglichen Kontakt von Menschen mit Asbest und insbesondere mit Asbestfasern in der Atemluft zu vermeiden.

REM, TEM, EDX und mehr

Bei der Untersuchung von Materialien, die Asbest beinhalten könnten, gehören rasterelektronenmikroskopische Verfahren zum Standard. Soll neben der Form auch die chemische Zusammensetzung verdächtiger Fasern bestimmt werden, kommen Rasterelektronenmikroskope (REM) mit EDX-Einheit zum Einsatz. Mit ihnen ist energiedispersive Röntgenmikroanalyse (EDX) möglich. In manchen Fällen reicht auch sie nicht aus, verschiedene Faserarten zu unterscheiden. Dann hilft ein Transmissionselektronenmikroskop (TEM) weiter, das eine höhere Vergrößerung und Auflösung hat. Das TEM, das in der Präventionsabteilung der Fachstelle „Gefährliche Arbeitsstoffe“ der Verwaltungsgemeinschaft Maschinenbau- und Metall-Berufsgenossenschaft und Hütten- und Walzwerks- Berufsgenossenschaft in Essen verwendet wird, ist ein EM 420 von Philips. Es ist mit einer Rastereinheit (STEM) und einer EDX-Analytik ausgestattet. Der Einsatz des TEM empfiehlt sich z. B. dann, wenn die Fasern im untersuchten Material sehr dünn sind (in Flüssigkeiten meist nur 30–80 nm im Durchmesser) und mit einem REM nicht oder nur schlecht zu sehen sind. Sind die EDX-Spektren des Asbestes und anderer Faserarten in der Probe fast oder ganz identisch, ist der Asbestnachweis nur mit dem TEM möglich – unter Zuhilfenahme der Elektronenbeugung (s. u.).

Digital aufzeichnen und archivieren

Für die digitale Aufzeichnung der TEM-Bilder wird eine MegaView III eingesetzt. Diese CCD-Kamera ist seitlich an der Säule des TEM angeflanscht. Sie hat ein Umlenkprisma, das zur Bildaufnahme in den Strahlengang des Mikroskops eingefahren wird und die Elektronen in der Zwischenbildebene abfängt. Die Software zum Auslesen der Bilddaten und zur Steuerung von Kamera und Mikroskop einschließlich Autofokus-Routine ist Bestandteil der Bildanalyse-Plattform iTEM. Kamera und Bildanalyse-Plattform stammen von Soft Imaging System. Die Bilder liegen sofort digital vor, sie müssen nicht mehr wie früher im Fotolabor entwickelt werden. Vor der Aufnahme lassen sich die Aufnahmeparameter über das Livebild auf dem PC-Monitor optimieren, während der Aufnahme werden die Bilder automatisch kalibriert, und nach der Aufnahme kann die Bildqualität sofort überprüft werden. Per Drag&Drop werden die Bilder einschließlich aller Aufnahmeparameter und ggf. ihrer Auswertedaten in der iTEM-Datenbank strukturiert abgelegt.

Fest, flüssig und gasförmig

Im Rahmen des Arbeitsschutzes werden feste, flüssige und gasförmige Proben auf eine mögliche Gesundheitsgefährdung durch Asbest- und andere Fasern überprüft. Zu den Untersuchungsobjekten gehören Dämmstoffe, Stäube, Chemikalien, Trinkwasser, Luft aus Arbeitsbereichen und Lungengewebe. Alle diese Substanzen benötigen für eine TEM-Untersuchung eine spezielle Präparation. Deshalb werden feste Stoffe und Stäube zunächst in Flüssigkeit aufgelöst, mittels Ultraschall wird für eine gleichmäßige Dispergierung in faserfreiem Wasser gesorgt. Diese Lösung wird dann durch ein Kernporenfilter mit 0,2 μm Porenweite gefiltert. Luftproben und die meisten Flüssigkeiten werden direkt auf das Kernporenfilter beaufschlagt. Das Filter wird anschließend mit Kohlenstoff bedampft und weggelöst. Die Asbestfasern liegen für die TEM-Aufnahmen also auf einer Kohlenstoffschicht.

Beispiel Talkumpulver

Talkumpulver wird in der Industrie häufig als Gleit- oder Trennmittel oder als Trägersubstanz für andere Stoffe eingesetzt. Auch im täglichen Leben begegnet uns Talkum, z. B. in Kosmetika und Arzneien. Talkum besteht aus dem Silikatmineral Talk. Abhängig von der Herkunft des Talks kann das Talkumpulver Spuren von Asbest enthalten, mitunter sogar einige Prozent. Da die Asbestfasern in die Luft und dann in den menschlichen Körper gelangen können, müssen Arbeitsschutz-Untersuchungen sicherstellen, dass nur asbestfreier Talk eingesetzt wird.

Faser ist nicht gleich Faser

Talk ist ein Schichtgittersilikat und hat blättchenförmige Kristalle. Sie zeichnen sich in den TEM-Bildern als blättchenförmige, halbtransparente Bereiche ab. Die langen, aufspleißenden Strukturen sind Chrysotilfasern (Weißasbestfasern). Es gibt auch Talkfasern, die sich jedoch in Gestalt, Transparenz und der Art der Knickstellen deutlich von den Asbestfasen unterscheiden. Dieser Talk enthält also Asbest und ist für die oben genannten Anwendungen in Industrie und Alltag nicht geeignet.

Gefahr durch Nanopartikel?

Die Nanotechnologie gilt als eine der Schlüsseltechnologien der Zukunft. Nanopartikel, die nur wenige nm groß sind, können jedoch eine Gesundheitsgefahr darstellen. Tonerpartikel werden in Laserkopierern eingesetzt. Sie bestehen aus einem Kohlenstoffkern mit Polymerummantelung. Bei unsachgemäßem Wechsel einer Tonerkartusche können Partikel in die Umgebungsluft entweichen und eingeatmet werden. Die winzigen Partikel haben eine starke Neigung zur Agglomeration. Trotz kräftiger Ultraschallbehandlung ist es den Arbeitsschutzexperten nicht gelungen, einzelne Partikel zu trennen.

Wozu Beugungsbilder?

Neben Abbildungen und EDX-Spektren lassen sich mit einem TEM auch Beugungsbilder erzeugen. Die Elektronenbeugung (Selected Area Diffraction, SAD) lässt Rückschlüsse auf die Kristallstruktur einer Faser zu. Die Beugungsbilder der Asbeste unterscheiden sich von denen von Talk und vergleichbaren Silikatmineralien. Dadurch lassen sich die Asbeste und faserförmige Partikel mit ähnlichem Aussehen auch bei ähnlichem EDX-Spektrum klar auseinander halten. Sie verhalten sich in der Lunge unterschiedlich und haben unterschiedliche gesundheitliche Auswirkungen. Deshalb ist ihre Unterscheidung wichtig für den Arbeitsschutz und die Beurteilung von Berufskrankheiten, die durch Asbest verursacht sind.

Die Autorin: Dr. Gisela Binde Präventionsabteilung, Fachstelle „Gefährliche Arbeitsstoffe“ Verwaltungsgemeinschaft Maschinenbau- und Metall- Berufsgenossenschaft und Hütten- und Walzwerks- Berufsgenossenschaft 

Kontakt: Soft Imaging System Tel. 0251/79800-0 info.de@soft-imaging.net www.soft-imaging.net

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