Bildverarbeitung

Digitale Unterstützung für die Herstellung von Betonfertigteilen

18.12.2023 - Augmented Reality in der Baubranche

Die Betonfertigteilbranche zählt sicher nicht zu den naheliegendsten Einsatzfeldern, die man mit der Bildverarbeitung in Verbindung bringt. Dennoch gibt es auch dort interessante Lösungen auf Basis der Machine-Vision-Technologie, wie ein Assistenzsystem mit Augmented Reality beweist, das die Werker bei der Produktion von Betonfertigteilen unterstützt.

Wie in den meisten Branchen herrscht auch bei der Herstellung von Betonfertigteilen für Gebäude großer Fachkräftemangel sowie ein erheblicher Qualitäts- und Kostendruck. Zudem steigt die Komplexität von Betonfertigteilen, was die Unternehmen in diesem Umfeld vor anspruchsvolle Herausforderungen stellt. Digitale Hilfsmittel oder Lösungsansätze können hier Abhilfe schaffen, müssen aber besondere Voraussetzungen erfüllen: Verfügbare Plandaten aus CAD-Systemen müssen für die Mitarbeiter in Fertigteilwerken einfach und leicht verständlich interpretierbar sein. In den manuellen und oft papierbasierten Arbeitsprozessen der Branche liegt der Digitalisierungsgrad traditionell jedoch noch auf einem relativ niedrigen Niveau.

Das österreichische Unternehmen Beamionic möchte diese Situation mit dem AR-Assistenten Chekker ändern. „Erstmals erhalten Werker damit eine digitale Lösung zur Unterstützung bei handwerklichen, komplexen Tätigkeiten in einem Betonfertigteilwerk“, erläutert Hubert Fritschi, einer der Geschäftsführer des Grazer Unternehmens. „Das System besteht aus Hardware-Komponenten wie einem Hochleistungsprojektor, Industriekameras, diverser Sensorik und einem Industrie-PC. In Symbiose mit dieser Hardware sorgt eine spezielle Software dafür, dass alle erforderlichen Funktionalitäten ausgeführt werden.“


Sichere Ausführung durch 1:1-Projektion 

Eine der Hauptfunktionen des Systems besteht darin, Daten aus den CAD-Plänen wie beispielsweise Angaben zur Bewehrung im Maßstab 1:1 auf die Produktionsfläche zu projizieren. Dabei werden die Planinhalte so zur Verfügung gestellt, dass die Werker nur diejenigen Informationen erhalten, die für die entsprechenden Arbeitsschritte gerade benötigt werden. „Diese Vorgehensweise ermöglicht es den Mitarbeitern, planbasierte Tätigkeiten auf einfache und sichere Weise Schritt für Schritt auszuführen“, so Fritschi.

Ob die durchgeführten Arbeitsschritte zur Herstellung der Betonfertigteile richtig und plangemäß erfolgt sind, überprüft das System mittels zweier Industriekameras, die in den Systemen integriert sind. Sie nehmen fortlaufend Bilder der Produktionsfläche auf, die anschließend eine Bildverarbeitungs-Software auswertet. Erkennt das System dabei Abweichungen von den vorgegebenen Plänen, werden die Mitarbeiter umgehend über ein visuelles Signal darauf hingewiesen und können den fehlerhaften Arbeitsschritt korrigieren. Erst wenn die entsprechenden Korrekturen gemäß den Plänen umgesetzt sind, erfolgt die Freigabe für den nächsten Produktionsschritt. Klarer Vorteil dieser Vorgehensweise: Sämtliche Abweichungen werden den Werkern direkt rückgemeldet und können sofort in Ordnung gebracht werden. Das verhindert fehlerhafte Betonfertigteile.


Zwei Kameras mit 16 Megapixeln

Als Partner für die im Chekker eingesetzten Bildverarbeitungskomponenten entschied sich Beamionic für Rauscher aus Olching. Kernkomponenten der Beamionic-Entwicklung sind zwei Ace2-Farbkameras von Basler, die mit ihren Sony-Sensoren der aktuellen Pregius-S-Generation mit 16 Megapixeln Auflösung und darauf abgestimmten Objektiven von Basler für die Aufnahme hochwertiger Bilder sorgen. Für die Bildakquise kommt mit der Software Pylon zudem ein weiteres Basler-Produkt zum Einsatz. „Für diese Anwendung waren Kameras mit mehr als 12 Megapixel Auflösung erforderlich“, erinnert sich Rauscher-Sales-Manager Andreas Huber. „Wir hatten zunächst diverse andere Kameras getestet, uns dann aber aufgrund des neueren Sensors und der höheren Auflösung für diese Modelle entschieden, die in Kombination mit den geeigneten Objektiven die gewünschten Ergebnisse lieferten. Aus Kundensicht war außerdem das sehr attraktive Preis-Leistungsverhältnis dieser Komponentenauswahl ein entscheidendes Kriterium.“


Spätere Integration von KI möglich

Die reine Qualitätskontrolle der ausgeführten Arbeiten ist nicht der einzige positive Aspekt der Chekker-Systeme, betont Dr. Bernhard Reitinger, technischer Geschäftsführer von Beamionic: „Der Einsatz dieses Produkts ermöglich darüber hinaus das automatisierte Erfassen von Zeitdaten während der Produktionsprozesse. Das ermöglicht es – gegebenenfalls mit künstlicher Intelligenz –, eine fundierte Datengrundlage für zukünftige Prozessoptimierungen zu schaffen. Darüber hinaus stellen Funktionalitäten wie eine polychrome Flächenprojektion und die Möglichkeit der realitätsgetreuen Abbildung von Einbauteilen sicher, bei den durchzuführenden Tätigkeiten die bestmögliche Sicherheit zu gewährleisten.“

Noch einen Schritt weiter geht das Unternehmen mit dem Einsatz von Augmented Reality: Diese Technologie erlaubt eine optionale 3D-Visualisierung zukünftiger Bauteile auf einem Tablet oder mobilen Endgerät. Hologramme der Bauteile werden dabei als 3D-Modelle direkt mit der Realität überlagert. „So können die zusammengefügten Betonfertigteile räumlich dargestellt und von allen Seiten betrachtet werden“, erläutert Reitinger. „Das hilft Mitarbeitern und Kunden dabei, das räumliche Verständnis zu verbessern und eine präzise Vorstellung vom Endprodukt zu erhalten.“ Das bis dato erforderliche, mühevolle und fehleranfällige Übertragen der benötigten Informationen von Papierplänen auf den Werktisch entfällt somit und vereinfacht das Verständnis der ansonsten komplexen Pläne erheblich. Auch das Erstellen und Freigeben verifizierter Alternativvorschläge, zum Beispiel für Einbauprodukte oder -teile innerhalb einer Produktfamilie, wird auf diesem Weg erheblich intuitiver.


Digitale Zwillinge erhöhen die Effizienz in der Produktion

Aufgrund seiner Funktionen und der integrierten Bildverarbeitung ermöglicht das System eine zuverlässige und wirtschaftliche Qualitätsprüfung von Betonfertigteilen. Da diese Produkte als digitaler Zwilling vorliegen, können sie im Rahmen des gesamten Building-Information-Modeling-Lebenszyklus (BIM) zudem sehr einfach dem Datenmodell von Gesamtgebäuden hinzugefügt werden. „Das sogenannte Building Information Modeling oder auf Deutsch die Gebäudedatenmodellierung ist ein Planungs- und Steuerungskonzept, durch das der gesamte Lebenszyklus von Gebäuden mit virtuellen, digitalen Gebäudeinformationen abgewickelt werden kann“, erklärt Fritschi. „Die damit einhergehenden Möglichkeiten machen manuelle Arbeitsplätze in einem Betonfertigteilwerk effizienter und die zunehmende Komplexität mit vorhandenem Personal beherrschbar. Unser Chekker ist in diesem Zusammenhang eine optimale Ergänzung, um eine Antwort auf den Fachkräftemangel zu finden und zugleich die Digitalisierung der Branche zu fördern. Die Bildverarbeitungstechnologie unseres Partners Rauscher hat dabei wesentlichen Anteil daran, die Qualitätskontrolle der Betonfertigteile automatisch, schnell und zuverlässig durchzuführen und der Branche so zu mehr Effizienz zu verhelfen. Papierpläne an den Arbeitsplätzen gehören damit der Vergangenheit an.“

Autor
Peter Stiefenhöfer, Inhaber von PS Marcom Services

Kontakt

Rauscher GmbH

Johann-G.Gutenberg-Str. 20
82140 Olching
Deutschland

+49 8142 44841 0
+49 8142 44841 90

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