Die Kunst der Verbindung
19.04.2024 - Mittels Optical Bonding zu langlebigen Touchdisplays
Um HMI-Systeme zu optimieren, spielt Optical Bonding eine wichtige Rolle. Das Klebeverfahren erhöht die Funktionalität um ein Vielfaches. Da immer mehr Branchen auf HMI-Systeme setzen, erlangt Optical Bonding eine zunehmende Relevanz. Worauf kommt es bei diesem Verfahren an? Welche Vorteile hat die Methode?
Der Bordcomputer in Mähdreschern, die Steuerung großer Industrieanlagen oder elektromedizinische Geräte wie Computer-Tomographen – HMI-Systeme kommen in den unterschiedlichsten Branchen zum Einsatz. Und der Trend geht dahin, diese Systeme in immer mehr Bereichen einzusetzen – heutzutage vor allem mit intuitiv zu bedienenden Touchdisplays ähnlich einem Tablet.
Doch die Systeme müssen je nach Einsatzort herausfordernden äußeren Bedingungen standhalten. Dies können beispielsweise Umwelteinflüsse oder Hygiene-Anforderungen sein. Hier kommt Optical Bonding ins Spiel: Diese Methode findet Anwendung bei der Touch-/Display-Integration, also dem Einbau einer HMI-Benutzerschnittstelle in Gerätegehäuse. Optical Bonding umfasst unterschiedliche Klebetechniken, um Displays luftdicht mit Touch-Sensoren und Covergläsern zu einer Einheit zu verbinden. Das Ziel: eine erhebliche Verbesserung der Geräte-Funktionalität.
Viele Branchen – hohe Anforderungen
Kalte Temperaturen nachts, warme Temperaturen tagsüber – sowohl HMI-Systeme, die innen, beispielsweise in Industriehallen, genutzt werden, als auch außen, müssen Temperaturschwankungen standhalten. Diese können in Form von Kondensationsfeuchtigkeit die Funktionalität und Langlebigkeit der Geräte erheblich beeinflussen, wenn sich ein Luftspalt zwischen Display und Frontglas mit Touchsensor befindet. Die Feuchtigkeit beeinträchtigt nicht nur die Bildschirmanzeige, sie wirkt sich auch negativ auf die Lebensdauer der sensiblen Elektronik in Displays aus. Ist der Luftspalt allerdings mit Optical-Bonding-Material gefüllt, also einem Klebstoff, wird die Innentemperatur der Applikation konstant gehalten, und es entsteht keine Kondensationsfeuchtigkeit im Gerät.
Gleichzeitig verhindert das Bonding-Material auch das Eindringen von Staub- und Schmutzpartikeln. Ein besonderer Schutz vor Staub und Schmutz ist besonders wichtig, wenn das HMI-System außen zum Einsatz kommen soll, zum Beispiel in landwirtschaftlichen Nutzfahrzeugen. Eine weitere Herausforderung für HMI-Systeme im Außenbereich ist Sonneneinstrahlung. Ist das Gerät täglich der Sonne ausgesetzt, kann es überhitzen und im schlimmsten Fall funktionsunfähig werden. Auch für dieses Problem bietet Optical Bonding eine Lösung: Durch die Verwendung von UV-qualifiziertem Bonding-Material findet eine Wärmeableitung statt. Die Wärme der LED-Hinterleuchtung und der Displayoberfläche wird durch das Bonding-Material an das Deckglas abgegeben. Die LEDs überhitzen also nicht, wodurch ihre Lebensdauer erhöht wird.
Auch in Sachen guter Ablesbarkeit verspricht das Optical Bonding Vorteile. Denn in speziellen Umgebungen wie in der Medizintechnik wirken kritische Lichtverhältnisse auf die Displays ein. Während bei einem Luftspalt Licht gebrochen und so reflektiert wird, erhöht ein mit Bonding-Material befülltes Touchdisplay den Kontrast. Das Bonding-Material weist nämlich einen ähnlichen Brechungsindex auf wie Glas, hat also ähnliche optische Materialeigenschaften. Damit sorgt es für eine blendfreie Optik. Dank geringer Kontrastverluste können HMI mit weniger Leistung energieeffizient laufen.
Optical Bonding macht Displayanwendungen und Touchpanels auch viel robuster. Das Bonding-Verfahren dient als mechanische Verstärkung des Geräts. Das Deckglas ist mittels Optical Bonding fest mit dem Display verbunden. Bei Glasbruch dient es als Splitterschutz; das Gerät ist widerstandsfähiger gegen Vibrationen, Schock und Krafteinwirkungen. Gerade bei mobilen Geräten im Fahrzeugbau und bei Anwendungen in der Medizin ist dies ein Vorteil.
Optical Bonding
Beim Optical Bonding existieren mehrere Klebetechniken für unterschiedliche Anforderungen. Die Bonding-Methode, richtet sich nach der Auswahl der Komponenten, der Systemintegration und den Applikationsanforderungen. Kundenwünsche sind hierbei ausschlaggebend, weiß Thorsten Penassa: „Gewünschte Displayformate, Bauformen, bestimmte Stückzahlen und Budgetvorgaben – das alles ist bei der Wahl der Bonding-Methode zu berücksichtigen“, so Penassa weiter. Der Leiter Systemintegration bei Bopla muss es wissen, denn das Unternehmen bietet seinen Kunden unter anderem Touch-/Displayintegration von HMI-Systemen und beschäftigt sich damit einhergehend auch mit Optical Bonding.
Beim Optical Bonding unterscheidet Bopla zwischen zwei Verfahren – einmal das Dry Bonding, also das trockene Bonding, und das Wet Bonding, das flüssige Verkleben. „Das Trockenbonding wird auch als Laminieren bezeichnet. Dabei wird das Bonding-Material auf die Größe der sichtbaren Displayoberfläche zugeschnitten und der Luftspalt zwischen Frontglas und Touchsensorrückseite damit homogen gefüllt. Hierbei muss der Touchsensor flexibel oder semiflexibel sein. Eine hochtransparente Klebeschicht wird unter hohen optischen Anforderungen hinter das Coverglas laminiert. Zum Beispiel darf sich kein Staub zwischen den Einheiten befinden, und es darf auch nicht zur Bläschenbildung kommen. „Das ist die Herausforderung bei diesem Verfahren. Man kann sich das Ganze am Ende ungefähr wie ein hochtransparentes doppelseitiges Klebeband vorstellen“, erklärt Penassa. Mithilfe von Druck und Wärme werden Sensor und Coverglas zusammengefügt. Dieses Verfahren ist vergleichsweise kostengünstig und zeiteffizient. Wünscht der Kunde große Gerätestückzahlen in kurzer Zeit, ist Dry Bonding die bevorzugte Methode. Allerdings sind hierbei die Möglichkeiten zur Bedruckung des Coverglases begrenzt.
Wet Bonding
Das Wet Bonding hingegen eignet sich bei Hard-to-Hard-Verbindungen, also wenn ein starrer Sensor mit dem Deckglas verklebt werden soll. Dabei verteilt sich ein flüssiger Klebstoff auf dem Touchsensor. UV-Licht härtet den Klebstoff anschießend aus. Das geschieht laut Penassa auch wieder unter hohen optischen Anforderungen. Dieses Verfahren ist am gängigsten, weil es flexibel einsetzbar ist. Da man hierbei UV-Licht zur Aushärtung einsetzt, ist es besonders materialschonend. Bei dieser Methode füllt der Flüssigkleber den Luftspalt zwischen Displayoberfläche und Sensorrückseite. Wünscht der Kunde ein rahmenloses oder ein Zero-Bezel-Display ist das Wet-Bonding-Verfahren nur bedingt geeignet.
Die Umgebung erhöht die Anforderungen an das System sowie an das Gehäuse, in welches das HMI-System integriert wird. Ob resistive oder kapazitive Touchscreens, Displays oder Tastaturen – je nach Kunde und Branche können sich die Anforderungen an die mechanische und elektronische Integration von HMI-Systemen erheblich unterscheiden. Während Industrieanwendungen zum Beispiel besonders robust sein müssen, ist in der Medizintechnik auch Hygiene von großer Bedeutung.
Optical Bonding gab den Startschuss zu einer grundlegenden Veränderung: Als Thorsten Penassa vor knapp zwölf Jahren bei Bopla anfing, bot der Gehäusetechnik-Spezialist zwar auch schon Displayintegration an, allerdings eher nebensächlich, erinnert er sich zurück. Richtig Fahrt aufgenommen habe das Thema „Displayintegration“ bei Bopla, als das Unternehmen vor rund zehn Jahren damit begonnen hat, die Integration durch Wet Bonding anzubieten. Heute hat das Unternehmen Touch-/Displayintegration in vielfältigen Varianten ausgerichtet auf Kundenwünsche im Angebot: Lösungen mit durchgehender Frontfolie (resistive Touchscreens) oder durchgehendem Coverglas (kapazitive Touchscreens), bei denen keine Schmutzkanten verbleiben dürfen – beispielsweise in der Medizintechnik oder der Lebensmittelbranche, aber auch die Kombination eines Touchscreens mit einer konventionellen Folientastatur ist möglich.
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