„Die Computerlaminografie hat ihre Stärken beim Prüfen einzelner Ebenen“
11.12.2024 - Interview mit Isabella Drolz, VP Marketing & Product Strategy, über das 3D-Röntgenprüfsystem CA20
Im vergangenen Jahr hat Comet Yxlon das Röntgengerät CA20 vorgestellt, das für die Halbleiterindustrie entwickelt wurde. Im Interview spricht Isabella Drolz, VP Marketing & Product Strategy, über die bisherigen Erfahrungen der Anwender mit dem Gerät, die spezifischen Einsatzmöglichkeiten in der Halbleiterbranche und die Integration von Deep Learning in das System.
inspect: Ende des vergangenen Jahres haben Sie das Röntgengerät CA20 vorgestellt. Wie kam es seither bei den Anwendern an?
Isabella Drolz: Wir arbeiten sehr eng mit Schlüsselfirmen in der Halbleiterindustrie zusammen und bekommen dabei sehr viel Rückmeldung, wie wertvoll unsere Lösung ist, um die strukturellen 3D-IC-Herausforderungen zu meistern. Dass wir insbesondere neue Maßstäbe im Bereich 3D-X-Ray Bildgebung setzen, freut uns hier sehr und spornt uns an, die Technologie weiter zu verbessern.
inspect: Sie haben es für die Halbleiterbranche entwickelt. Welche Aufgaben übernimmt das Gerät dort?
Drolz: Das System wird aktuell an der Schnittstelle zwischen Produktentwicklung und Produktion eingesetzt. Wenn in der Halbleiterindustrie ein neuer Chip entwickelt wird, werden ebenfalls die gesamten Produktionsschritte und -technologien entwickelt und geplant. Chips der heutigen Generation werden im sogenannten Advanced-Packaging-Verfahren hergestellt, wobei mehrere Ebenen übereinandergelegt werden. Ein besonders kritischer Punkt sind dabei die Lötverbindungen zwischen Chips beziehungsweise zwischen Chip und Package-Substrat. Diese 10–100 µm großen Bumps werden mit dem 3D-Röntgenprüfsystem CA20 angesehen und die Daten automatisch ausgewertet. Kleinere und größere Batches von Chips können in einem Durchgang gescannt und automatisch ausgewertet werden und das innerhalb von Minuten. Andere Technologien, wie FIB-SEM (Fokussierte Ionenstrahl-Rasterelektronenmikroskopie), die bislang in der Prozessentwicklung in der Halbleiterindustrie eingesetzt werden, dauern deutlich länger. Hier reden wir von ein bis zwei Wochen verglichen zu wenigen Minuten mit 3D-Röntgentechnologie. Das heißt: Es gibt jetzt unmittelbar Rückmeldung zu wichtigen Prozessparametern, wie Bump Shift oder Stand-off Height. Und noch dazu: ohne diese wertvollen Teile zu zerstören. Dadurch können Hersteller Produkteinführungszeiten enorm verkürzen, effizienter Neuheiten auf den Markt bringen und nachhaltiger agieren.
inspect: Auch künstliche Intelligenz, genauer: Deep Learning (DL), ist Teil des Systems. Wo kommt DL zum Einsatz und was leistet sie dort?
Drolz: Was nützen die schönsten Bilder, wenn sie nicht automatisch ausgewertet werden können? Deep Learning ist die Basis, objektive und reproduzierbare 3D-Metrologiedaten von den Lötverbindungen im Advanced Packaging in kürzester Zeit zu gewinnen und zur Verfügung zu stellen.
Dragonfly, eine Marke von Comet, spielt hier eine wesentliche Rolle mit ihren Produktlösungen rund um das Kernprodukt Dragonfly 3D World, eine in Wissenschaft und Forschung weit verbreitete Software für die 3D-Visualiserung und Auswertung. Diese Software-Lösung basiert auf einer weltweit führenden und kommerziell unterstützten Deep-Learning-Engine, die es ermöglicht, neuronale Netzwerke zu trainieren und auszuführen, um jegliche Herausforderungen bei der Bildverbesserung und -segmentierung zu meistern. Bei CA20 haben wir mit der Auswerte-Software COS Insights die perfekte Symbiose zwischen Comet Yxlon und Dragonfly geschaffen. Diese Lösung nutzt die 3D World Deep Learning Engine gepaart mit der intuitiven Comet-Yxlon-Software-Logik und ist spezialisiert auf Chip-on-Substrate Lötverbindungen mit deren kritische Fehlertypen. Und das ist erst der Anfang.
inspect: Das Röntgensystem setzt auf Computerlaminografie, einer Variante von 3D-Röntgen. Was genau macht die Technologie aus?
Drolz: Die Computerlaminografie hat ihre Stärken bei flachen kleinen aber auch großen Prüfteilen, besonders wo einzelne Ebenen genauer angesehen werden müssen. Also perfekt für Elektronikbauteile. Deshalb ist diese Technologie schon lange in der Elektronikindustrie, sowohl bei SMT als auch im Halbleitermarkt als zerstörungsfreie 3D-Prüfmethode etabliert. Von flachen Strukturen lassen sich per Laminografie sehr hochauflösende 3D-Aufnahmen in vergleichbar kurzer Zeit aufnehmen und ohne dass das Prüfteil um 360° gedreht werden muss, wie das bei CT erforderlich wäre. Ein ganzer Chip oder sogar mehrere Chips in einem Teilehalter nebeneinander lassen sich damit sehr effizient in hoher Auflösung inspizieren. Das eigentliche Scannen erfolgt vollkommen automatisiert. Da die Strukturen im Advanced Packaging bei der Halbleiterherstellung noch viel feiner als im SMT-Bereich sind, sind die Anforderungen an die Präzision der Trajektorie auch entsprechend hoch. Deshalb haben wir unser gesamtes System neu aufgesetzt und komplett neu gedacht.
inspect: Welchen Nutzen haben die Anwender davon?
Drolz: Wie schon anfangs erwähnt, kann mithilfe der 3D Röntgentechnologie basierend auf Computerlaminografie die Markteinführungszeit neuer Halbleiterprodukte enorm verkürzt werden, was zu Effizienzsteigerung und zur Reduzierung von Ausschuss führt. Halbleiter schneller herstellungsreif zu entwickeln, hilft unseren Kunden, den steigenden Anforderungen an die Halbleiterindustrie gerecht zu werden und strukturelle Fehler schneller zu identifizieren und zu beheben.
inspect: Was bietet das CA20 Software-seitig?
Drolz: Neben dem bereits beschriebenen Software-Paket COS Insights für 3D Metrologie von Bump, bietet das CA20 Software-Pakete und Tools aus der Comet Yxlon Software Suite: Clarity, Efficiency & Insights an, um zum Beispiel empfindliche Bauteile zu schützen und die Röntgenstrahlenbelastung zu managen. Und es gibt verschiedene Funktion für die Automatisierung von Abläufen, zum Beispiel für die Prüfung von ganzen Chip-Trays. Unsere Röntgensystem-Software hat den Fokus auf Benutzerfreundlichkeit und Effizienz und unterstützt zum Beispiel durch Wizards beim Einrichten der 3D-Bilderfassung. Das, einmal aufgesetzt, ist dann für jeden Techniker einfach anwendbar. Dafür muss man kein Röntgenspezialist mehr sein.
inspect: Welche weiteren Neuheiten hat Comet Yxlon in der Pipeline?
Drolz: Faster ist das Stichwort und in diesem Zusammenhang die Automatisierung. Um mehr zu erfahren, freuen wir uns auf einen Besuch von Ihnen bei der Semicon Europa/Electronica im November in München. Dort werden wir die nächste Generation vorstellen.