Automatisierung

"Der Innovationsdialog ist am Ende wichtiger als die nackte Besucherzahl“

Im Interview: Holger Bödeker, Geschäftsführer der AMA Service und Veranstalter der Sensor+Test

25.04.2022 - Im Interview: Holger Bödeker, Geschäftsführer der AMA Service, spricht über positive Gedanken vor Beginn der Sensor+Test, den nachhaltigen Erfolg von Hybrid-Veranstaltungen und Quantensensorik als einen der Trends bei Sensorik und Messtechnik

Bild: Holger Bödeker
Holger Bödeker von der AMA Service freut sich sehr, dass die Messe wieder als Begegnung zwischen Menschen stattfinden darf.

 

Herr Bödeker, in einem Interview aus dem Jahr 2020 sagten Sie, dass Sie nicht als Avatar über eine Messe spazieren möchten. Dieses Jahr trifft sich die Branche wieder in Nürnberg. Wie geht es Ihnen mit dem Wissen, dass die Sensor+Test stattfinden darf?

Holger Bödeker: Ich hoffe wirklich, dass unsere Messe endlich wieder als Begegnung zwischen Menschen stattfinden darf. Nach den Erfahrungen der beiden vergangenen Jahre können wir uns darüber aber erst sicher sein, wenn die Besucher am 10. Mai in die Hallen strömen. So sehr, wie wir uns gemeinsam mit Ausstellern, Besuchern und Kongressteilnehmern auf das Wiedersehen freuen, so genau wissen wir auch, dass es nicht mehr nur durch Corona, sondern auch durch politische und wirtschaftliche Krisen bedroht ist. Da wir jetzt schon voll im Endspurt auf die Messe sind, haben diese Sorgen für uns aber nur wenig Raum gegenüber der Vielzahl an Aufgaben und der intensiven Unterstützung unserer Aussteller beim Neustart. Wir konzentrieren uns voll auf diese Herausforderung, wollen sie bestmöglich bewältigen und freuen uns riesig darauf, allen Beteiligten eine erfolgreiche Rückkehr nach Nürnberg zu bereiten.

Viele Unternehmen waren im Frühjahr noch zurückhaltend, was ihre Messepräsenz dieses Jahr angeht. Wie schaut es hinsichtlich der Ausstellerzahlen bei der Sensor+Test aus? Und welche Erwartungen haben Sie an die Besucherzahlen?

Holger Bödeker: Viele Aussteller haben in den vergangenen beiden Jahren ohne persönliche Begegnungen schmerzlich feststellen müssen, wie bedeutend diese für ihr Geschäft sind und haben sich trotz verständlicher Zurückhaltung angemeldet. Dass es uns nicht gelingen würde, gleich zum Neustart an die Zahlen der Vor-Corona-Zeit anzuknüpfen, war uns bewusst. Entscheidend ist doch, dass wir unserer Branche und ihren Anwendern eine wirkungsvolle Plattform für den persönlichen Austausch zur Verfügung stellen können. Dabei sind wir auf einem guten Weg, die beiden Messehallen sind jetzt bereits fast ausgebucht und das Teilnahmeinteresse nimmt trotz aller Fährnisse eher zu als ab. Wir freuen uns jetzt bereits über mehr als 330 Aussteller und gehen davon aus, dass bis zum Messestart noch einige dazu kommen. Natürlich wird das internationale Flair etwas weniger ausgeprägt sein, da Reisen nach wie vor schwierig und mit Risiken behaftet sind, vor allem, wenn es in andere Kontinente geht. Vorhersagen zu den Besucherzahlen glichen schon in normalen Zeiten eher einem Blick in die Glaskugel. Aktuell ist nur sicher, dass diejenigen, die kommen, auch einen wirklich dringenden Bedarf haben. Das hilft den Ausstellern und stärkt den Innovationsdialog, was am Ende wichtiger ist als die nackte Besucherzahl.

Auch wenn weniger Aussteller vor Ort sein werden, haben Sie mit Ihrem Rahmenprogramm bestimmt weitere überzeugende Argumente für einen Besuch?

Holger Bödeker: Auf der Sensor+Test stehen ja vor allem die Innovationen im Mittelpunkt. Davon haben unsere Aussteller jetzt bereits so reichlich aufgefahren, dass für fast jede Anforderung und Anwendung etwas dabei sein sollte. Dazu gehört auch ein volles Präsentationsprogramm im Vortragsforum, das für unsere Besucher kostenlos ist. Mit der ITG/GMA Fachtagung Sensoren und Messsysteme sowie der European Test and Telemetry Conference ETTC begleiten uns zudem zwei hochkarätige Kongressveranstaltungen. Und auch die beiden parallel in Nürnberg stattfindenden Elektronikmessen PCIM Europe und SMTconnect dürften für viele Besucher einigen Zusatznutzen bieten.

Welche Tipps geben Sie den Besuchern der Sensor+Test mit auf den Weg?

Holger Bödeker: Da wir ein elektronisches Einlasssystem einsetzen, ist eine vorherige Online-Registrierung in unserem Ticketshop erforderlich – und zwar idealerweise mit einem kostenlosen Eintrittscode eines Ausstellers. Da viele von diesen ihre Neuheiten bereits im Onlineportal der Messe präsentieren, empfiehlt sich hier auch eine Vorab-Recherche nach den besonders interessanten Entwicklungen. In allen Tickets für die Sensor+Test ist zudem die Möglichkeit einer kostenlosen Registrierung für den Besuch der beiden Parallelmessen enthalten. Da sich die Corona-Regeln gerade sehr dynamisch verändern, bitten wir alle Besucher außerdem, vor Antritt ihrer Reise zur Messe noch einmal einen Blick auf unsere Online-Hinweise hierzu zu werfen.

Wie sehen Sie die Zukunft der Sensor+Test – als Präsenzveranstaltung, hybrid oder rein digital?

Holger Bödeker: Auch wenn sich alle Messeteilnehmer jetzt vor allem auf die Rückkehr zur persönlichen Begegnung freuen, wird das digitale Angebot weiterhin sehr wichtig bleiben. Die Reise zu einer Messe wird zukünftig für viele Interessenten aus unterschiedlichen Gründen nicht mehr möglich sein. Für diese Menschen muss ein umfassendes digitales Informationsangebot bereitstehen. Der entscheidende Aspekt bei hybriden Messen wird allerdings sein, dass genau die Komponenten digital verfügbar sind, die auch nachgefragt werden. In den beiden hinter uns liegenden Jahren haben wir leistungsfähige Systeme erlebt, die den Ausstellern aber auch vieles abverlangt haben, die von den Besuchern nur wenig angenommen wurden. Hier muss aus meiner Sicht die Effizienz in den Vordergrund rücken, damit Hybrid nachhaltig erfolgreich wird.

Was haben die Branchen Sensorik und Messtechnik Ihrer Meinung nach aus den vergangenen zwei Jahren gelernt? Inwieweit haben sich die Prioritäten verschoben?

Holger Bödeker: Aus meiner Sicht haben die Unternehmen unserer Branche die Zeit intensiv genutzt, um neue Produkte und Leistungen zu entwickeln. Das zeigen auch die Umfragen des AMA Verbandes. Im Ergebnis konnte die Branche den Einbruch des Jahres 2020 dadurch inzwischen kompensieren. Interessant dabei ist auch, dass bei den Entwicklungsaktivitäten besonders die kleinen und mittleren Unternehmen stark waren. Und natürlich haben die Firmen auch bei der digitalen Kompetenz aufgerüstet. All das sehen wir bei der Sensor+Test jetzt fruchten: viele Innovationen und deutlich verbesserte digitale Präsentationen.

Wo sehen Sie die Schwerpunkte im Bereich F&E bei Sensorik und Messtechnik?

Holger Bödeker: Die bereits angelaufenen Vorbereitungen für die Sensor and Measurement Science International Conference SMSI 2023, die unsere Messe im kommenden Jahr begleiten wird, erlauben uns einen guten Blick auf das, was in der Wissenschaft gerade als wichtige Zukunftstechnologie gesehen wird. Im Mittelpunkt stehen dabei die Quantensensorik und ihre enormen Möglichkeiten zur Verbesserung der Messtechnik sowie die zunehmende Intelligenz in jeder Messstelle. Für Entwicklungen, die bereits näher an der direkten Marktreife sind, liefert der AMA Innovationspreis ein sehr präzises Bild. Hier gibt es mehrere interessante Entwicklungen aus dem Bereich der Gasspektografie. Ob aber diese oder andere Entwicklungen das Rennen um den begehrten Preis machen werden, das wird die Jury am 10. Mai im Rahmen der Eröffnung der Sensor+Test verkünden. (agry)

In Bild & Ton: Holger Bödeker im Interview.

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