Backen ohne Brandgefahr
Sichere Kleinsteuerung steuert und überwacht Gasbrenner in den Backöfen des österreichischen Waffelmaschinenherstellers Franz Haas-Waffelmaschine
Ob Waffelschnitten, -röllchen oder -tüten – weltweit soll laut Brancheinsidern jede zweite industriell hergestellte Waffel mit einer Franz Haas-Waffelmaschine gebacken worden sein. Im Wafer Innovation Center im niederösterreichischen Leobendorf entstehen Produktionslinien für unterschiedliche Waffel-Variationen – Flach- und Hohlwaffeln, Waffelröllchen, Eistüten, Weichwaffeln und Waffelsnacks. Die kundenspezifischen Anlagen müssen dabei neben einer hohen Flexibilität durch Modularität automatisierungsseitig vor allem länderspezifischen Sicherheitsstandards genügen, um einschlägige Normen und Richtlinien der jeweiligen Zielmärkte zu erfüllen. Mit dem speziell für den Einsatz in Feuerungsanlagen konzipierten Basisgerät PNOZ m B1 Burner der sicheren Kleinsteuerung PNOZmulti 2 – samt TÜV-geprüftem Brenner-Softwarebaustein – hat Pilz eine für Bühler ideale, weil durch globale Zertifizierung einheitlich einsetzbare Lösung zur sicheren Steuerung und Überwachung der Gasbrenner in den Backöfen des österreichischen Waffelmaschinenherstellers entwickelt.
Damit kann der Waffelmaschinen-Spezialist neben der funktionalen Sicherheit auch die Brennersteuerung und daher die gesamte Sicherheitstechnik seiner Backautomaten mit einer einzigen, flexibel konfigurierbaren sicheren Kleinsteuerung realisieren, die sich zudem durch ausgereifte Diagnosemöglichkeiten und vielfältige Kommunikationsoptionen in die meist kundenseitig vorgegebene Automatisierungsumgebung einfach anbinden lässt.
Sicherheitsaufgaben der Brennersteuerung
Bereits Ende der 1940er-Jahre erfand Firmengründer Franz Haas die erste Waffelmaschine. Seit 2018 gehört das Unternehmen mit seinen weltweit ansässigen Tochterbetrieben zur Schweizer Bühler Gruppe. Am Standort Leobendorf sind für die Division Waffeln des Geschäftsbereichs Consumer Foods 700 Mitarbeiter*innen in Entwicklung, Konstruktion und Fertigung sowie in Vertrieb, Service, Wartung und Ersatzteilhaltung beschäftigt.
Herzstück jeder Waffel-Produktionslinie ist der Backofen. Dieser kann je nach Produkt und Anlagenkonfiguration bis zu 35 m lang sein. Die Beheizung übernehmen in der Regel gasbefeuerte Langrohrbrenner. „Der Teig wird auf einzelne Backplatten aufgegossen, die mit bis zu 0,5 m/s durch den Ofen zirkulieren. Die typische Backzeit einer Waffel beträgt – abhängig vom Produkt – rund zwei Minuten“, beschreibt Wolfgang Grassberger, verantwortlich für die Maschinensicherheit in der Division Waffeln bei Bühler, den Backprozess. „Die wichtigste Aufgabe der Brennersteuerung ist es, das Verlöschen der Flamme zu überwachen und gegebenenfalls sofort die Zufuhr des Gases sicher zu unterbrechen. So verhindern wir, dass unverbranntes Gas ausströmt und es im schlimmsten Fall zu einer Explosion kommt.“
Was vermeintlich einfach klingt, stellt sich bei näherer Betrachtung als eine steuerungstechnisch komplexe Schrittabfolge dar. Diese beginnt bereits mit dem Zündprozess, der schon fast 20 Einzelschritte umfasst. „Jeder Brenner hat zwei redundante, diversitär angesteuerte Hauptgasventile, die noch vor dem eigentlichen Zündvorgang auf Dichtheit geprüft werden“, bringt Wolfgang Grassberger ein Beispiel. Ein Ionisationsstromsensor erkennt die Flamme und somit die erfolgreiche Zündung – alternativ kommen dafür UV-Flammenwächter zum Einsatz. „Während der Befeuerung werden der Minimum- und Maximum-Gasdruck, die Funktion der Absaugung, das Einhalten der zulässigen Maximal-Temperatur und Vieles mehr überwacht“, zählt Wolfgang Grassberger einige weitere Sicherheitsaufgaben der Brennersteuerung auf.
Burner steuert und überwacht bis zu sechs Brenner unabhängig voneinander
Schon seit den frühen 2000er-Jahren realisiert Bühler mit der sicheren, SIL 3- bzw. PL-e-konformen Kleinsteuerung PNOZmulti von Pilz die funktionale Sicherheit seiner Maschinen – die Liste an Sicherheitsaufgaben reicht vom Not-Halt über die Überwachung der Schutztüren bis hin zur SLS-Funktion (Safely Limited Speed) für den Einrichtbetrieb. „Wir pflegen eine ausgezeichnete Zusammenarbeit mit dem Unternehmen Pilz und verwenden PNOZmulti bereits in der zweiten Generation. Die Flexibilität, die die konfigurierbare Kleinsteuerung mit ihren zahlreichen Erweiterungsmodulen, vielfältigen Konfigurations- und Kommunikationsmöglichkeiten bietet, und die hervorragenden Diagnosefunktionalitäten, schätzen wir ganz besonders“, fasst Wolfgang Grassberger zusammen. „Da kommt es uns natürlich sehr zugute, dass Pilz einen eigenen, vom TÜV zertifizierten Brenner-Softwarebaustein geschaffen hat, den wir für unsere unterschiedlichen, kundenspezifischen Maschinenkonfigurationen flexibel einsetzen können.“ Denn damit übernimmt PNOZmulti 2 bei Bühler kurzerhand auch die Aufgaben der bisher separaten Brennersteuerungen – und das „multitypisch“ kompakter und funktioneller: Ein Basisgerät PNOZ m B1 Burner steuert und überwacht hier jetzt bis zu sechs Brenner unabhängig voneinander – zuvor war für jeden eine eigene Steuerung erforderlich. „Den größten Vorteil sehen wir darin, dass wir nun die gesamte Sicherheitstechnik unserer Maschinen, also funktionale Sicherheit und Brennersteuerung, mit einem einzigen System standardisieren können“, bringt es Wolfgang Grassberger auf den Punkt.
„Weltweit einheitlich einsetzbar“
Über die für alle gängigen Feldbus- und Ethernetsysteme verfügbaren Kommunikationsmodule lässt sich PNOZmulti 2 komfortabel mit übergeordneten Automatisierungsumgebungen koppeln – für Bühler ein weiterer wichtiger Aspekt, da die Produktionslinien weltweit ausgeliefert werden und entsprechend für unterschiedliche Märkte ausgelegt werden müssen. Die von PNOZmulti 2 generierten Status- und Diagnosedaten lassen sich in das jeweils verwendete Visualisierungssystem einbinden. Dadurch kann der aktuelle Ist-Zustand der Brenner sehr detailliert in Einzelschritten dargestellt und analysiert werden. Sämtliche Informationen und vor allem Fehlermeldungen werden am Bedienpanel in Klartext visualisiert. „Das ist für uns ein echter Meilenstein und klarer Mehrwert für unsere Kunden. Die Zeiten, in denen Codes aus blinkenden LEDs abgelesen und interpretiert werden mussten, sind damit endgültig vorbei“, erklärt Wolfgang Grassberger.
Daher setzt Bühler auch nicht auf die häufig bevorzugte integrierte Sicherheitstechnik, sondern sieht Vorteile in der Vereinigung von Standard- und Sicherheitssteuerung in einer Systemwelt. „Die komplette Sicherheitstechnik mit Pilz-Technologie und völlig unabhängig von der Standardautomatisierung zu realisieren, hat für uns viele Vorteile. Der wichtigste aber ist, dass wir die Technologie weltweit einheitlich einsetzen können, weil sich Pilz um die internationale Zertifizierung auch für die Feuerungstechnik kümmert“, beschreibt Wolfgang Grassberger einen der wichtigsten Vorteile.
Auch für Retrofit geeignet
Ein weiteres Einsatzgebiet erschließt die neue Burner-Variante im Retrofit-Bereich als Ersatz für ältere, nicht busfähige Brennersteuerungen. Auch hierfür eignet sich PNOZmulti 2, weil die konfigurierbare sichere Kleinsteuerung als modulares System und mit ihrer Konfigurationssoftware hard- und softwareseitig flexibel anpassen lässt. Das bestätigt Bühler – bereits einige in die Jahre gekommen Brennersteuerungen von Bestandsanlagen wurden durch PNOZmulti 2 ersetzt: „Unsere Anlagen sind oft jahrzehntelang in Betrieb. Da ist die Ersatzteilverfügbarkeit ebenso ein Thema wie der Sicherheitsaspekt. Insofern macht die Modernisierung mit aktueller Sicherheitstechnik absolut Sinn, und ist daher auch bei uns ein stetig wachsendes Feld.“
Gemeinsam mit Pilz arbeitet der österreichische Waffelmaschinenhersteller bereits an der weiteren Modularisierung seiner Brennerautomaten mit PNOZmulti: Bis zu 24 einzelne Brenner sollen dann individuell angesteuert werden – für noch mehr Flexibilität mit Blick auf die Produktvielfalt der weltweiten Anwender.
Autor
Karl Haderer, Regional Sales Manager, Pilz Österreich