Automatische Traubenernte mittels Time-of-Flight-Sensor
08.07.2024 - Selbstständige Linienführung ohne GPS für mobile Landmaschinen
Mit dem Easypilot bietet Grégoire, Hersteller von Geräteträgern und Obstvollerntern, ein System zur automatischen Linienführung mittels Sensoren – und das mit einer Präzision von 3 cm ohne GPS-Positionssignal. Möglich machen das 3D-Kameras, die nach dem Time-of-Flight-Prinzip arbeiten.
Es gibt wenig, um das sich so viele Geheimnisse ranken und bei dem sich die Geister so sehr scheiden wie bei Wein: das Nationalgetränk Italiens, der Kelch des ewigen Bundes in der christlichen Religion ist mit ihm gefüllt, und nicht zu Unrecht kennt der Volksmund das Sprichwort „In vino veritas“ – im Wein liegt die Wahrheit. Eine Wahrheit über Wein ist zum Beispiel die, dass zunächst Trauben geerntet werden müssen, damit Wein überhaupt entstehen kann. Und es ist eine Frage des technologischen Fortschritts, ob dies automatisch oder per Hand gemacht wird.
Das romantische Bild der Traubenernte, das in Filmen gerne erzählt wird und sicherlich den ein oder anderen Hollywoodstar zu einem eigenen Weingut verleitet hat, sieht in der Realität – angesichts eines Trinkvolumens von 20 Litern pro Kopf allein in Deutschland – ganz anders aus. Traubenernte bedeutet viel Arbeit in kurzer Zeit für die rund 80.000 Winzer in Deutschland, die auf etwa 102.000 Hektar Wein anbauen und ernten.
Viele Winzer setzen daher anstatt auf Handarbeit lieber auf hochmoderne Erntemaschinen, sogenannte Traubenvollernter. Diese ernten einen Hektar innerhalb von drei bis fünf Stunden ab. Bei einer Traubenlese von Hand müssten dazu rund 40 bis 60 Arbeiter eingesetzt werden.
Automatische Traubenvollernter
Ein Hersteller von Traubenvollerntern ist die französische Firma Grégoire. Sie stattet ihre Maschinen immer öfter mit einem System zur automatischen Linienführung aus: dem Easypilot. Dieses System erreicht eine Genauigkeit von 3 cm – und das ganz ohne GPS-Daten. Stattdessen erfasst eine 3D-Kamera vom Typ O3M von IFM die Rebzeile. Die Kamera misst für jeden einzelnen Bildpunkt mittels Time-of-Flight-Technologie die Entfernung zur nächsten Oberfläche und erfasst so die generelle Beschaffenheit der Reben. Fehler durch seitliche Weinranken oder hohe Gräser lassen sich so ausschließen.
Während der Traubenvollernter über die Reben fährt, bildet er einen Tunnel unter dem Führerhaus. In diesem Tunnel befinden sich Glasfiberstäbe, die Vibrationen erzeugen. Die Rebreihe wird im Tunnel also gerüttelt, wodurch die Trauben abfallen. Über ein Förderband landen sie dann in einem Auffangbehälter. Ein Ventilator bläst unerwünschte Elemente wie Blätter und Ästchen weg.
Gleichzeitig befindet sich ein weiterer 3D-Sensor oben mittig an der Fahrerkabine des Traubenvollernters. Dieser ist auf den Boden gerichtet und bestimmt die Höhe und Dicke der Anbindungen. Nach der Signalverarbeitung wird eine virtuelle Führungsspur generiert, die die Rebzeile als Modell darstellt. Auf dieser Grundlage wird die optimale Fahrroute berechnet.
Halbautomatische Traubenernte
Wenn sich die Maschine in der Rebzeile befindet, startet der Fahrer den Easypilot über den Bildschirm, der sich in der Fahrerkabine befindet. Nach Starten des Systems muss der Fahrer nur noch die Arbeitsgeschwindigkeit und die Überwachung der Werkzeuge im Auge behalten, den Rest erledigt das System automatisch. Am Ende der Rebzeile melden ein visuelles und ein akustisches Signal dem Fahrer, dass er kurz selbst Hand anlegen muss, um den Traubenvollernter zu wenden und in die nächste Rebzeile zu steuern.
Früher wurde der Zeitpunkt der Weinlese von der Regierung festgelegt. Heute entscheiden die Winzer selbst – und wenn es nach dem Traubenvollernter von Grégoire geht, können Weintrauben jederzeit geerntet werden, auch bei Nacht.
Einsatz von Neigungssensorik
Eine unerlässliche Aufgabe übernehmen die an der Maschine verbauten Neigungssensoren. Sie sorgen dafür, dass stets eine lotrechte Ausrichtung der Maschinen sichergestellt werden kann – egal, wie sich der Hang neigt oder das Gelände verändert. Erst die stets perfekte Nivellierung des Traubenvollernters, unabhängig vom jeweiligen Gelände, ermöglicht es, die volle Durchsatzleistung zu erzielen und die Sicherheit des Benutzers zu gewährleisten. Außerdem kann die Maschine mit Easypilot etwas schneller fahren als ohne, was wertvolle Arbeitszeit spart. Die verwendeten einachsigen Neigungssensoren vom Typ EC2045 verfügen über eine CANopen-Schnittstelle, die eine einfache Einbindung an die Maschinensteuerung ermöglicht.
Fazit
Grégoire zeigt, dass sich traditioneller Weinanbau und modern ausgestatte Erntemaschinen ergänzen. Der Easypilot mit seiner 3D-Kamera sorgt für eine optimale und schonende Linienführung. Das stellt sicher, dass keine Traube für die Herstellung des edlen Tropfens verloren geht.