Automatisierung

Andere Länder, andere Zulassung

High fault SCCR (Short circuit current ratings) für Reihenklemmen in Kombination mit Leistungsschaltern in den USA

12.09.2022 - Seit 2005 verlangt der National ­Electrical Code (NEC) die Dokumentation der Kurzschlussfestigkeit von Schaltanlagen. Seit 2017 schreibt er auch die Dokumentation des möglichen Kurzschlussstroms am Aufstellungsort vor. Diese Regelungen betreffen auch Anlagen in der ­Prozess- und Verfahrenstechnik. Geprüfte Kombinationen aus Reihenklemmen und Leistungsschaltern vereinfachen den Einsatz von Schutzgeräten und vermeiden teure Umbauten.

ie Anforderung zur Dokumentation des „Short Circuit Current Rating“ datiert bereits aus 2005. Seitdem muss der SCCR-Wert einer Schaltanlage auf dessen Typenschild ausgewiesen werden. Der NEC besagt, dass der SCCR-Wert einer Schaltanlage entweder auf einem gelisteten und gelabelten Aufbau basiert oder nach einer anerkannten und bewährten Methode berechnet werden muss. Alle Schaltanlagen in den USA brauchen eine Zulassung nach UL, also auch Anlagen in der Prozess- und Verfahrenstechnik. Da viele Schaltanlagen in der Regel nicht als Serienprodukt hergestellt werden, kommt diese Methode in vielen Fällen zum Einsatz. Das gilt insbesondere für Exporteure, die ihre Anlagen am nordamerikanischen Markt verkaufen und ggf. adaptieren müssen.

Für Komponenten, die keinen eigenen geprüften SCCR-Wert aufweisen, können sich Konstrukteure an der Tabelle SB 4.1 in der UL 508A orientieren. Für die aufgelisteten Komponenten kann ein dort genannter SCCR-Wert angenommen werden. Allerdings sind diese Werte in der Regel zu gering, denn der zu erwartende Kurzschlussstrom am Aufstellungsort ist in der Praxis meist höher. Für Reihenklemmen beispielsweise kann ein SCCR von 10 kA angenommen werden, für Leistungsschalter 5 kA.  Da der mögliche Kurzschlussstrom in der Vergangenheit nicht dokumentiert werden musste und oft nicht vorlag, wurden die Anlagen oftmals trotzdem in Betrieb genommen. Seit der Änderung im NEC 2017 ist dies so einfach nicht mehr möglich, da der mögliche Kurzschlussstrom am Aufstellungsort nun bekannt sein und dokumentiert werden muss. Bei der Inbetriebnahme wird der SCCR-Wert der Anlage nun mit dem verfügbaren Kurzschlussstrom verglichen. Liegt der Wert der Anlage darunter, ist sie nicht richtlinienkonform und darf nicht in Betrieb gehen. Eine kostenintensive Nacharbeit ist die Folge.

Geprüfte Komponenten und ­Kombinationen

Es empfiehlt sich also, schon bei der Planung der Schaltanlage einen möglichst hohen SCCR-Wert zu berücksichtigen bzw. den verfügbaren Kurzschlussstrom als Grundlage für die Planung heranzuziehen. Hilfreich bei der Auslegung sind dabei geprüfte Komponenten und Geräte der Hersteller. Sie vereinfachen es, das schwächste Glied in der Kette mit einer Komponente zu besetzen, die mit einem „High fault SCCR“ geprüft ist. Denn die Komponente mit dem niedrigsten SCCR in den Laststromkreisen stellt gleichzeitig das SCCR der gesamten Anlage dar. 

Bei den Reihenklemmen des Clipline complete Systems gibt es bereits seit Jahren geprüfte Kombinationen aus Reihenklemmen und Sicherungen. Diese übertreffen mit einem SCCR von 100 kA in der Regel die üblichen maximal möglichen Fehlerströme am Aufstellungsort.

Die Prüfungen zum SCCR sind mittlerweile auch in der UL 1059, der Spezifikation für Reihenklemmen, verankert. Sie sehen vor, dass die Kombination aus Reihenklemme und Schutzorgan mit dem angestrebten Kurzschlussstrom beaufschlagt werden. Obwohl das Schutzorgan auslöst, entstehen durch den kurzzeitigen Stromfluss und die Phasenverschiebung Magnetfelder, so dass sich die Anschlussleitungen gegenseitig abstoßen. Die dabei auftretenden Kräfte beanspruchen die Reihenklemme insbesondere an der Anschlussstelle. Die Prüfung ist bestanden, wenn der Zustand der Reihenklemme nach der Prüfung im Wesentlichen ihrem Zustand davor entspricht. 

Da nicht jedes Labor über einen Prüfstrom von 100 kA oder mehr verfügt, müssen Hersteller zumeist externe Labore für die Prüfungen beauftragen. Das treibt den Aufwand und die Kosten in die Höhe. Dabei ist der Prüfaufwand für die Kombination aus Reihenklemme und Schmelzsicherung noch überschaubar. Die Schmelzsicherungen sind nach UL 248 in den relevanten Durchlass- und Maximalwerten I²t und Ipeak genormt. Somit gelten die geprüften Kombinationen unabhängig vom Hersteller der Sicherungen. 
Bei Leistungsschaltern sieht die Normierung keine Standardwerte für Ipeak und I²t vor, letztlich sind das Ausschaltvermögen und die Charakteristik auch Unterscheidungsmerkmale der Hersteller. Daher ist hier keine Prüfkombination möglich, die alle am Markt befindlichen Geräte abdeckt und Hersteller müssen jede Kombination separat betrachten. Aus diesem Grund waren die high fault SCCR Werte für die Kombination aus Reihenklemme und Schutzschalter bislang auch nur sehr begrenzt verfügbar.

Sicherung oder Leistungsschalter?

Ein Richtig oder Falsch gibt es in dieser Frage nicht. Sicherungen sind im Vergleich preisgünstiger und weniger abhängig von der Umgebungstemperatur. Leistungsschalter bieten dafür eine Menge mehr an Funktionen: Schutz vor Kurzschlüssen und Überlast, hohe Schaltleistungen, sie können mehrfach verwendet werden, verfügen über eine Statusanzeige, können als Ein-/Ausschalter verwendet werden, haben eine langzeitstabile Kennlinie, um nur einige der Unterschiede zu nennen. Anwender nutzen sie für motorische und nicht motorische Lasten und setzen sie in Schaltanlagen in Laststromkreisen ein, die für das SCCR relevant sind. Aus diesem Grund sind sie in der Regel auch mit einem high fault SCCR geprüft und dokumentiert. Aufgrund unterschiedlicher Anforderungen zu Luft- und Kriechstrecken zwischen IEC und UL gibt es bei einigen Leistungsschaltern Zubehörteile für den Anschlussblock. Sie erzeugen die nach UL erforderlichen Strecken. Üblicherweise werden die Leistungsschalter in den Schaltanlagen mit Reihenklemmen verdrahtet, so dass die Anschlussleitungen am Aufstellungsort nur noch auf die Reihenklemmen aufgelegt werden müssen. 

Leistungsschaltern und Reihenklemmen kombiniert

Siemens und Phoenix Contact haben in einem Gemeinschaftsprojekt ein Prüfportfolio aus Kombinationen von Leistungsschaltern und Reihenklemmen zusammengestellt. Es umfängt in Summe mehr als 150 geprüfte Kombinationen, mit denen die allermeisten Anwendungsfälle abgedeckt werden. Dabei wurden Reihenklemmen in Kombination mit „Circuit Breakern“ und „Combination Motor Controller“ geprüft.

„Circuit breaker“ werden bei nicht motorischen Lasten wie Heizungen, Sammelschienen etc. eingesetzt. „Combination Motor Controller“ hingegen verfügen über einen integrierten Überlastschutz und werden nach UL ausschließlich für motorische Lasten verwendet. Das Portfolio erstreckt sich von kleinen Leistungsschaltern mit max. 15 A bis hin zu Geräten mit einem Maximalstrom von 250 A. Die Reihenklemmen, die in Kombination mit den Leistungsschaltern geprüft sind, entsprechen diesen Leistungsdaten. Um den global unterschiedlichen Ansprüchen bezüglich der Verdrahtung gerecht zu werden, wurden Reihenklemmen mit Push-in und Schraubanschlusstechnik berücksichtigt. 

Dadurch lassen sich diese geprüften Komponenten und Geräte nun auch in Kombination nach UL 508A einsetzen. Schaltanlagen, die Hersteller im Ursprung nicht für den US-amerikanischen Markt konzipiert haben, müssen nicht mehr aufwändig umgebaut werden, indem die Leistungsschalter direkt verdrahtet oder gar durch Sicherungen ersetzt werden.  

Autor
Reiner Busse, Produktmanager in der BU Industrial Cabinet Connectivity

Kontakt

Phoenix Contact GmbH & Co.KG

Flachsmarktstr. 8
32825 Blomberg
Nordrhein-Westfalen, Deutschland

+49 5235 341 713
+49 5235 341 825

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