Umfrage: Löst Robotik das Fachkräfteproblem?
04.04.2025 - Bis 2030 fehlen uns vermutlich sechs Millionen Fachkräfte. Können Roboter diese Lücke schließen und damit das Fachkräfteproblem lösen?
Martin Kullmann
Leiter der Robotics-Division von ABB in Deutschland
Robotik allein kann das Fachkräfteproblem nicht vollständig lösen. Dafür ist der Mangel an Fachkräften zu divers und komplex – schließlich sind Unternehmen aus diversen Branchen händeringend auf der Suche nach verschiedensten Berufsbildern und Expertisen. Was die Robotik aber kann, ist zu einer signifikanten Entlastung beitragen: Dabei übernehmen die Roboter monotone, schwere und teils gefährliche Aufgaben, während sich die Mitarbeitenden wiederum wertigeren und anspruchsvolleren Tätigkeiten widmen können.
Von diesen Vorteilen profitieren Unternehmen aller Größenordnungen – vom globalen Player mit zahlreichen Standorten und riesigen Produktionen über den klassischen Mittelständler bis hin zum Handwerksbetrieb. Neben dem Plus an Ergonomie, Mitarbeiterzufriedenheit und -sicherheit stellen Robotik und Automatisierung nicht zuletzt auch schnellere Produktionsprozesse und eine höhere Qualität und Produktivität sicher. In der Logistik und Intralogistik sind Roboter beispielsweise schon heute wertvolle Helfer, um etwa zu verpacken, zu sortieren oder zu vereinzeln und dadurch einen Warenfluss mit hoher Geschwindigkeit und Effizienz zu gewährleisten.
Es gibt auch zahlreiche Anwendungen, die im ersten Moment gar nicht an Robotik denken lassen. Einer dieser Bereiche, in dem wir eine gesteigerte Nachfrage nach robotergestützter Automatisierung feststellen, ist das Schweißen. Das Schweißen im industriellen Umfeld ist zwar enorm herausfordernd, da ein hohes Maß an Präzision gefordert wird, aber gleichzeitig wenig abwechslungsreich und monoton. Roboter sind für diese Aufgabe ideal geeignet, und die vorhandenen Mitarbeitenden können sich motivierenden Aufgaben zuwenden. Vergleichbare Felder gibt es zahlreiche. Das löst zwar das globale Fachkräfteproblem nicht, aber es hilft bei der Abschwächung und sichert vorhandene Arbeitsplätze, insbesondere auch bei kleineren und mittelständischen Unternehmen, die durch effizientere Produktion ihre Wettbewerbsposition stärken können.
Sven Kaluza
Business Development Manager Robotics bei Omron Electronics
Roboter können den Fachkräftemangel nicht vollständig lösen – aber sie sind ein entscheidender Hebel, um ihm zu begegnen. Moderne Robotik entlastet Beschäftigte, indem sie repetitive, körperlich anstrengende oder gefährliche Aufgaben übernimmt. Dadurch werden wertvolle personelle Ressourcen für anspruchsvollere, wertschöpfende Tätigkeiten frei.
Besonders in der Industrie zeigt sich das Potenzial der Automatisierung: Kollaborative Robotik ergänzt menschliche Fähigkeiten durch anwenderorientierte Automatisierung. Autonome mobile Roboter (AMR) und kollaborative Roboter (Cobots) optimieren Materialzufuhr und Nachschubprozesse, steigern die Effizienz und verbessern die Planbarkeit. In der Logistik ersetzen AMR zunehmend Gabelstapler, minimieren Verletzungsrisiken und sorgen für einen sicheren, autonomen Transport.
Doch Technik allein reicht nicht. Roboter können Engpässe abfedern, aber den grundsätzlichen Bedarf an Fachkräften nicht eliminieren. Der Schlüssel liegt in der intelligenten Verzahnung von Automatisierung, Weiterbildung und Qualifizierung. Nur wenn Unternehmen in Technologie UND Mitarbeiter investieren, bleibt die Industrie wettbewerbsfähig und produktiv – trotz Fachkräftemangel.
Daniel Seiler
CEO von AT Sensors
Als Hersteller von Bildverarbeitungssensoren sehen wir Robotik als zentralen Baustein, um den drohenden Fachkräftemangel abzumildern – allerdings nicht als Ersatz für Millionen von Fachkräften bis 2030. Auch in den nächsten fünf Jahren werden Roboter und automatisierte Systeme vor allem dort entlasten, wo repetitive oder physisch anspruchsvolle Aufgaben anfallen. Jedoch werden intelligente humanoide Roboter zunehmend auch darüberhinausgehende Aufgaben selbstständig übernehmen können. Dadurch können ungelernte Arbeitskräfte effizienter eingebunden und Fachkräfte von Routineaufgaben entlastet werden, sodass sie sich auf komplexere Tätigkeiten konzentrieren können.
Gleichzeitig zeigt die derzeitige Entwicklung künstlicher Intelligenz, dass Robotik und Automatisierung weit über physische Roboter hinausgehen: KI-gestützte Systeme steigern bereits jetzt die Produktivität unserer Wissensarbeiten – etwa in der Softwareentwicklung oder Datenanalyse – und werden bis 2030 massive Effizienzgewinne in vielen Bereichen bringen. Die beginnende Einführung von „KI-Agenten“, die praktisch gesehen Software-Roboter sind, wird diesen Trend beschleunigen. Robotik löst das Fachkräfteproblem zumindest bis 2030 nicht allein, aber sie schafft in Kombination mit KI eine wesentliche Grundlage, um Engpässe zu reduzieren und die vorhandene Expertise optimal zu nutzen. Die Antwort auf den Fachkräftemangel liegt meines Erachtens daher nicht im Ersatz der Menschen, sondern in der Potenzialverstärkung jeder einzelnen Fachkraft.
Alexander Mühlens
Leiter Geschäftsbereich Low-Cost-Automation bei Igus
Wir bei Igus merken selbst, dass es zunehmend schwerer wird, Menschen für Routinetätigkeiten zu finden und zu begeistern, etwa für das Einlegen von Bauteilen in Spritzgussmaschinen oder auch beim Verpacken von Ware. Wir haben deshalb bei uns im Haus eine Initiative namens ‚No boring jobs‘ gestartet, die monotone Tätigkeiten automatisiert. Wir setzen mittlerweile an über 2.500 Stellen in Fertigung und Logistik erfolgreich Roboterlösungen ein. Wir können somit trotz Arbeitskräftemangel erfolgreich weiterproduzieren und uns gleichzeitig darauf konzentrieren, wertvolle Mitarbeiter für anspruchsvollere Tätigkeiten weiterzubilden. Diesen Trend sehen wir auch bei unseren Kunden. Sie setzen unsere kostengünstigen Roboter für sehr einfache und monotone Aufgaben ein, wofür sie selbst kein Personal finden würden. Das kann Kleben, Schweißen, Bestücken, Sortieren oder auch Verpacken sein. Viele große Unternehmen investieren bereits jetzt mehrere hunderttausend Euro in die Automation und rechnen mit einer Amortisation innerhalb von zehn Jahren.
Wir bei Igus ermöglichen es mit unserem Low-Cost-Baukastenprinzip, viele kleine Prozesse unkompliziert und günstig zu automatisieren. Wir streben immer einen Return-on-Invest von weniger als zwölf Monaten an. So setzen wir bei uns im Spritzguss einen Roboter zum Entfernen von Angüssen ein. Die Kosten liegen hier bei 10.000 Euro und der ROI erfolgt bereits nach sechs Monaten. Und auch das Handhaben von Werkstücken und das Schneiden von Gewinden übernehmen bei uns ReBeL Cobots. Hier liegen die Kosten der Automatisierungslösung bei 50.000 Euro und die Amortisationszeit beträgt gerade einmal 0,7 Jahre. Mit diesen Preisen machen wir es möglich, dass auch kleinere Unternehmen von Robotik profitieren und so ihre Wettbewerbsfähigkeit auch in Zeiten von Fachkräftemangel stärken können.
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