Automatisierung

Spezialkabel schützt Grundwasser

18.02.2025 - Wassermanagement-Software überwacht Grundwasserqualität

In Küstenstädten steigt aufgrund des Klimawandels das Risiko, dass Salzwasser ins Grundwasser eindringt. Daher hat eine französische Firma eine Software entwickelt, die die Qualität des Grundwassers kontinuierlich überwacht. Zum Einsatz kommt hierfür eine Sonderleitung: In definierten Abständen erfassen in das Kabel integrierte Elektroden die Veränderung der Wasser­qualität. Genutzt wird die Tatsache, dass das dielektrische Verhalten von Salzwasser anders ist als das von Süßwasser.

d Der Klimawandel führt nicht nur zu extremen Wetterereignissen, sondern hat auch Auswirkungen auf den Grundwasserspiegel, der weltweit sinkt. Ursachen dafür sind der wachsende Bedarf an Trinkwasser und die verstärkte landwirtschaftliche Bewässerung. Dies führt dazu, dass belastetes Oberflächenwasser aus Flüssen und Bächen ins Grundwasser eindringt und es verunreinigt. Gleichzeitig verursacht die Erderwärmung in Kombination mit schmelzenden Gletschern einen globalen Anstieg des Meeresspiegels, der die Trinkwasserreserven in Küstenregionen gefährdet.

Amerikanische Hydrologen prognostizieren, dass bis zu 50 Prozent des Grundwassers durch eindringendes Meerwasser versalzt werden könnten. Simulationen zeigen, dass die Durchmischung von Salz- und Süßwasser besonders in den Regionen ausgeprägt ist, in denen der Meeresspiegel deutlich steigt und der Untergrund aus mehreren Bodenschichten besteht. In solchen Gebieten breitet sich die Brackwasserzone unterirdisch weiter ins Landesinnere aus als das Meerwasser an der Oberfläche vordringt.

Digitales Wassermanagement

Wie kann man sich vor der Versalzung des Grundwassers schützen? Dafür hat die französische Firma ImaGeau eine Lösung entwickelt. Das Tochterunternehmen der Saur-Gruppe betreibt Wasserwerke und die Infrastruktur zur Distribution von Trinkwasser sowie Kläranlagen zur Abwasserbehandlung. Zudem projektiert 
ImaGeau Anlagen zum Wassertransport und zur Wasseraufbereitung. Und die Firma hat sich auf die Überwachung der Grundwasserqualität spezialisiert. Hierfür hat sie eine Software entwickelt, die Veränderung der Wasserqualität an verschiedenen Stellen in der überwachten Region zuverlässig anzeigt. Diese digitale Lösung setzt auf künstliche Intelligenz, um die Verwaltung und den Erhalt der Wasserressourcen zu optimieren. Sie ermöglicht es, rechtzeitig Maßnahmen zu ergreifen, um eine weitere Verschmutzung des verbleibenden kostbaren Wassers zu vermeiden. Mehr als 200 Kommunen und Industrieunternehmen zählen mittlerweile zu den Kunden.


Elektroden messen Salzgehalt

Ein Aspekt der Überwachung des Grundwassers ist die Messung des Salzgehalts. Für die Messung zu verschiedenen Zeiten des Jahres und unter verschiedenen Wetterbedingungen platziert ImaGeau patentierte Sonden in der Erde, um den Salzgehalt in verschiedenen Tiefenstufen zu verfolgen. Hier kommt Lapp ins Spiel. Für die Sonden hat Lapp eine speziell für diese Kundenanforderung entwickelte Sonderleitung geliefert. „Unser Kunde schlägt nur die Softwarelösungen vor. Wir kümmern uns um die Hardwarelösung. Das heißt, wir passen unser System individuell an die jeweiligen geologischen Eigenschaften des betroffenen Bohrlochs in der zu überwachenden Region an“, sagt Attila Reinelt von Lapp, verantwortlich für die ImaGeau-Sonderleitungen, und fügt hinzu: „Das dielektrische Verhalten von Salzwasser ist anders als das von Süßwasser. Um diese Werte erfassen zu können, verwenden wir ein Kabel aus unserer Produktion mit den Maßen 60 x 0,25 mm² und einem Kabelmantel aus Polyurethan.“ In den von den Kunden vorgegebenen Abständen werden von Lapp gefertigte Elektroden in das Kabel integriert und mit einem Leiter verbunden. Pro Sensorkabel sind bis zu 60 Elektroden möglich, die die Veränderung der Wasserqualität messen. Diese wird anhand der Veränderung des Leitungswiderstands und der Kapazität zwischen den Elektroden erfasst. Die Werte werden dann mit der ImaGeau-Software analysiert, sodass notfalls Maßnahmen zügig eingeleitet werden können.


Anwender: Wasserversorger an der Côte d’Azur

Ein Kunde ist zum Beispiel der kommunale Wasserversorger Eau d‘Azur an der Côte d’Azur. Eau d‘Azur wandte sich vorbeugend an ImaGeau, bevor die Wasserentnahmestellen unwiderruflich von der Salzschicht betroffen wurden. Denn die Schwierigkeit bei Brackwasser besteht darin, dass es, wenn es einmal in den Grundwasserspiegel eingeleitet wurde, aufgrund seiner höheren Dichte als Süßwasser nicht mehr zurückgedrängt werden kann. Eau d‘Azur besitzt etwa 20 Bohrlöcher im Schwemmland des Flusses Var, die einen Teil der Metropole Nizza versorgen. Dabei handelt es sich um etwa 400.000 Einwohner im Winter und 600.000 im Sommer. Die Wasser­entnahmestellen sind über den gesamten Fluss Var verteilt, einige davon befinden sich sehr nah am Meer. Diese Nähe zur Küste begünstigt das Eindringen von Salzwasser beim Pumpen, wodurch einige Bohrungen unbrauchbar zu werden drohen.

Die Wasserbehörde von Nizza beauftragte 2021 das Unternehmen ImaGeau, die Salzschräge intensiv zu überwachen, um die Wasserentnahme präziser steuern zu können. Durch den Einsatz von Sonden können die Daten in Echtzeit visualisiert werden, was eine wesentliche Grundlage für das dynamische Management der Entnahmestellen bildet. Auf diese Weise wird gewährleistet, dass Wasser nur aus Bereichen entnommen wird, die nicht durch Salzwasser beeinträchtigt sind. Dabei werden sowohl die aktuellen Grundwasserbedingungen als auch saisonale Schwankungen in die Entscheidungsprozesse einbezogen.

Attila Reinelt erklärt: „Unsere Sonderleitung passt perfekt in unsere sogenannte Solution-Produktpalette für bestückte Spezialkabel. Diese Tatsache macht einen Unterschied zu unseren Mitbewerbern. Wir bieten alles im eigenen Haus an, von der Entwicklung bis zur Umsetzung. Bei Produkten wie diesen bieten wir einen After-Sale-Service aus Expertise, Wartung, Nachrüstung und Installationsunterstützung vor Ort an, der beispielsweise von Kunden aus der Ölindustrie häufig angefragt wird.“ Die Spezialleitung mit Elektroden ist seit einigen Jahren auf dem Markt und hat sich inzwischen in Europa etabliert. Seit Januar 2024 wird sie auch in Nordafrika eingesetzt.

 


 

„Die Technologie ändert sich, die Methode bleibt gleich“

Im Gespräch: Attila Reinelt, bei Lapp verantwortlich für Sonderleitungen


Salzwasser kann Kabel auf Dauer schädigen. Wie sind Ihre Sonderleitungen beschaffen, dass sie diesen Umweltbedingungen standhalten?

Attila Reinelt: Der Außenmantel dieser Kabel ist aus einem Polyurethan Typ N (interne Bezeichnung) beschaffen. Dieses Polymer ist extrem resistent gegen Salzwasser und wurde speziell für diese Anwendung entwickelt und qualifiziert.


Inwieweit kann der Kunde die Leitungen individuell an die Gegebenheiten vor Ort anpassen?

Attila Reinelt: Wir haben für dieses Produkt ein Standardmodell entwickelt, welches ohne zusätzliche Kosten bei jeder neuen Bestellung individuell angepasst wird. Jedes laufende System wurde individuell an die Bohrstelle angepasst. Es ist durchaus möglich, weiteres Equipment zu integrieren.


Wie funktioniert die Integration der Elektroden in die Sonderleitungen? 

Attila Reinelt: Jede Elektrode wird an der gewünschten Position angebracht und mit der betroffenen Leitung verbunden. Um die Dichtheit zu garantieren, wird die Stelle mit Polyurethan ummantelt. 


Können Sie weitere Applikationen nennen, in denen Ihre Spezialleitungen (mit Elektroden) eingesetzt werden?

Attila Reinelt: Für unseren Kunden Imageau haben wir ähnliche Systeme entwickelt, welche mit Bus-fähigen Sensoren ausgestattet wurden. Wir verwenden diese Technik auch für andere Kunden. Die Technologie ändert sich oft, aber die Methode bleibt im Großen und Ganzen die Gleiche. Wir arbeiten zum Bespiel ebenfalls mit optischen Systemen zur seismischen Überwachung von Küstenregionen. In diesem Fall werden sensible Glasfasern zu einem Custom-Kabel verarbeitet und mit dem jeweiligen Equipment verbunden. Ein großer Vorteil bei dieser Technologie ist die enorme Reichweite von über 20 Kilometern und ein sehr hohe Auflösung.

Kontakt

U.I. Lapp GmbH

Schulze-Delitzsch-Str. 25
70565 Stuttgart

+49 71178 38 01

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