Automatisierung

Mit leichtem Gepäck

07.11.2024 - Flughafenlogistik: Kostenoptimierung durch Variantenmanagement

Fly high – pay low: Dieser Slogan einer deutschen Fluggesellschaft, das Reisebudget sparsam einzusetzen, gilt nicht nur für das Fliegen. Auch der Betrieb der Fördertechnik im Flug­hafen lässt sich kostenmäßig optimieren. Aktuell implementiert der Flughafen München im ­Terminal 1 ein Variantenmanagement, welches hilft, die Zahl der eingesetzten Antriebs­varianten zu optimieren und den Umfang des Ersatzteillagers zu reduzieren.

Der Flughafen München „Franz Josef Strauß“ wurde am 17. Mai 1992 eröffnet. Mittlerweile arbeiten hier rund 30.000 Menschen, einschließlich aller Dienstleister und Zulieferer. Terminal 1 ist der älteste Teil des MUC, wie die international übliche Abkürzung – der sogenannte IATA-Code – heißt. Hier verkehren Fluggesellschaften wie Condor und Eurowings, Air France und British Airways. Heute zählt der Münchner Airport zu den zehn verkehrsreichsten Luftfahrt-Drehkreuzen in Europa. Entsprechend ist die Kapazität der Gepäckförderanlagen ausgelegt.

Förderanlage mit Geschichte 

Anton Lechner ist seit fünf Jahren im Bereich „Flughafenspezifische Anlagen“, Servicebereich Technik tätig. Im Terminal 1 sorgt er für die ordnungsgemäße technische Funktion der Gepäckförderanlagen. Sie ermöglichen zwei wichtige Arbeitsprozesse: die Be- und die Entladung der Flugzeuge. Mit der Instandhaltung der Gepäckförderanlagen beauftragte der Bereich Technik einen externen Dienstleister. „Ich bin das Binde­glied zwischen den betrieblichen Belangen um die Gepäckförderanlage und der Instandhaltungsfirma“, beschreibt Anton Lechner seine Aufgabe im Flughafen. 

In einem Wartungsvertrag wurde vereinbart, dass nach 20.000 Stunden eine General­inspektion des Förderers erfolgt. Sollte sich dabei herausstellen, dass einzelne Komponenten verschlissen sind, werden sie durch den Vollinstandhalter ausgetauscht. Immerhin laufen die Bänder täglich, aber unterschiedlich lange – von selten bis zum Dauerbetrieb in den Peak-Zeiten. Daher haben die Lieferanten der Fördertechnik sämtlich Antriebe mit hinreichender Reserve ausgelegt. Insgesamt wurden im Terminal 1 für den Gepäcktransport über 2.500 Elektromotoren in der Fördertechnik verbaut – mit mehr als 200 unterschiedlichen Motorentypen. „Im Laufe der Jahrzehnte hatten wir mehrere Lieferanten, verschiedene Hohlwellen und unterschiedliche Einbausituation“, erläutert Anton Lechner. Er fasst die Situation zusammen: „Diese Anlage kann eine Geschichte erzählen.“ 
Angesichts der großen Zahl und Varianz von Antrieben hatte der Servicebereich Technik den Wunsch, einen genauen Überblick zu bekommen, welche SEW-Produkte im Einsatz sind und in welcher Konfiguration diese geliefert wurden. Anton Lechner erläutert: „Natürlich haben wir ein Lagermanagement, in dem die Motoren mit ihrer Nennleistung gelistet sind.“ Aber er wünschte detailliertere Informationen und Filtermöglichkeiten. Diese bietet das Variantenmanagement von SEW-Eurodrive. 

Anton Lechner berichtet: „Ursprünglich setzten wir Getriebemotoren eines anderen Lieferanten ein. Ich bekam die Aufgabe, einen neuen Rahmenvertrag auszuschreiben, weil der Flughafen einen alternativen Antriebshersteller finden wollte. Eine Voraussetzung dabei war, dass sich die angebotenen Getriebemotoren mit mechanisch identischer Schnittstelle an die Förderer anbauen lassen.“ Mit SEW-Eurodrive wurde ein geeigneter Anbieter gefunden. Der Antriebshersteller lieferte seine Getriebemotoren zunächst über den Maschinenbauer an den Flughafen. 


Schrittweise Implementierung 

„Ein Kontakt zu SEW-Eurodrive bestand schon länger, aber eher auf informeller Ebene“, berichtet Anton Lechner. „Eine direkte Geschäftsverbindung gibt es seit etwa vier Jahren“, ergänzt Andreas Tischler. Er ist Vertriebsingenieur im Drive Technologie Center (DTC) Süd von 
SEW-Eurodrive in Kirchheim, nur eine halbe Autostunde südlich vom Flughafen gelegen. Er fährt fort: „Vor zwei Jahren haben wir das erste Mal über das Variantenmanagement gesprochen.“ Anton Lechner war von Anfang an interessiert: „Unsere Hauptmotivation war zunächst, die vorhandenen Motoren zu erfassen.“ Das läuft neben dem täglichen Hauptgeschäft, dem Betrieb der Gepäckförderanlage. 

Seit Sommer 2022 wird das Variantenmanagement im Terminal 1 schrittweise implementiert. Die Mitarbeiter des Servicebereichs Technik pflegen über die Seriennummern die Getriebemotoren ein. „Wir müssen sie jeweils separat anschauen, weil beispielsweise auch die Drehzahlen unterschiedlich sind. Dafür habe ich eine Liste zum strukturierten Erfassen der Antriebsdaten.“ Bei neuen Angeboten werden die Daten über das CRM-System von 
SEW-Eurodrive automatisch in das Variantenmanagement importiert. „Wir haben bei Null angefangen und gemeinsam über die Zeit viel geschafft“, berichtet Andreas Tischler. „Heute ist der Datenbestand weitgehend angelegt. Nur einige Unikate müssen noch händisch erfasst werden.“ Seine Arbeitsweise mit dem Variantenmanagement beschreibt Anton Lechner folgendermaßen: „Wir suchen nach der Material­nummer im Variantenmanagement und finden dadurch einen passenden Antrieb.“ Andreas Tischler ergänzt: „Auch bei Produkten anderer Hersteller, die der Kunde ersetzen möchte, geht er ins Variantenmanagement und prüft auf Basis von technischen Merkmalen wie Einbaulage, Drehzahl und Leistung, ob schon ein passendes SEW-Produkt vorhanden ist. Dann sendet er uns über das Variantenmanagement eine Angebotsanfrage mit der Materialnummer.“ 


Mehrfacher Nutzen

Schon wenige Monate nach der Einführung des Variantenmanagements im Terminal 1 beschreibt Anton Lechner den Nutzen: „Der Überblick über die Varianten verbessert sich kontinuierlich. Das ist ein fortlaufender Prozess, der noch etwas dauern wird, bis er Früchte trägt. Da bin ich sehr zuversichtlich.“ Auch der Vollinstandhalter hat bereits ein allgemeines Interesse am Variantenmanagement signalisiert. Anton Lechner ist optimistisch: „Natürlich muss der Dienstleister die Verfügbarkeit der gesamten Fördertechnik garantieren und deshalb Veränderungen sorgfältig planen. Aber er begrüßt die gewonnene Transparenz und geht diesen Weg mit“, resümiert der Servicespezialist. 
Der nächste Schritt wird die Reduzierung der vorhandenen Antriebsvarianten in der Fördertechnik sein. Das ist ein längerer Prozess, bei dem unterschiedliche Motorvarianten und -daten zu berücksichtigen sind. Zum Beispiel gehören dazu auch die Geschwindigkeiten, damit der Förderfluss der Gepäckstücke richtig bemessen wird. In der Folge kann das Ersatzteillager verkleinert werden. Bei künftigen Neuplanungen wird es auch möglich sein, sinnvolle Vorgaben über die einzusetzenden Antriebsvarianten zu machen.

Autor
Gunthart Mau, Referent Fachpresse, SEW-Eurodrive

Kontakt

SEW-Eurodrive GmbH & Co KG

76642 Bruchsal
Deutschland

07251/75-0

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