70 Jahre Hamamatsu Photonics
02.04.2024 - Interview mit Dr. Reinhold Guth, Geschäftsführer von Hamamatsu Photonics Deutschland
Seit 70 Jahren existiert Hamamatsu Photonics, zunächst als Hersteller von Fotoröhren für Straßenlaternen und die Analytik, heute als Marktführer in vielen Bereichen der Photonik. Seit mehr als 50 Jahren besteht zudem die Niederlassung in Deutschland. Zum Anlass dieser beiden Jubiläen unterhielt sich die inspect mit dem Geschäftsführer von Hamamatsu Photonics Deutschland, Dr. Reinhold Guth.
inspect: Bitte beschreiben Sie kurz die Anfänge von Hamamatsu, wie begann die 70-jährige Firmengeschichte?
Dr. Reinhold Guth: Am 25. Dezember 1926 wurde in der Region Hamamatsu in Japan das japanische Katakana „“ elektronisch übertragen und auf einer Kathodenstrahlröhre angezeigt. Für Professor Kenjiro Takayanagi – später als „Vater des japanischen Fernsehens“ bezeichnet – war dies der Moment, in dem der Welt etwas völlig Neues vorgestellt wurde.
Heihachiro Horiuchi, ein Schüler von Professor Kenjiro Takayanagi, beschloss den „Weg des Lichts“ weiterzuverfolgen. Er gründete zusammen mit Teruo Hiruma und Norio Hanyu 1953 Hamamatsu TV Co., Ltd. mit dem Traum, optische Technologien mit der Industrie zu verbinden.
Was waren die ersten Produkte und Zielbranchen?
Heihachiro Horiuchi entwickelte als erstes erfolgreiches Produkt Fotoröhren, die für das automatische Ein- und Ausschalten von Straßenlaternen und für Faksimiles verwendet wurden. Kurze Zeit später startete die Produktentwicklung und der Verkauf von Fotoröhren für den analytischen Markt, in dem unser Absatz nach wie vor groß ist.
Was waren die wesentlichen Meilensteine des Unternehmens?
Dazu gehört ganz sicher die Verleihung des Nobelpreises für Physik an Masatoshi Koshiba im Jahr 2002. Er ist emeritierter Professor der Universität Tokio und wurde für seine Forschungen in Kamiokande ausgezeichnet, wo eine große Anzahl Photomultiplier-Röhren von Hamamatsu Photonics installiert wurden.
Im Jahr 2013 erhielten die emeritierten Professoren Francois Englert und Peter W. Higgs den Nobelpreis für Physik für den Nachweis von Higgs-Bosonen, die oft als „Gottesteilchen“ bezeichnet werden, im Large Hadron Collider (LHC) am Cern, wo unsere SSD, Si APD und Photomultiplier-Röhren verwendet wurden.
Zwei Jahre später erhielt Professor Takaaki Kajita von der Universität Tokio den Nobelpreis für Physik für die Entdeckung der Neutrino-Oszillationen, die darauf hindeuten, dass ein Neutrino eine Masse hat. Dieser Durchbruch war das Ergebnis der Forschung in Super-Kamiokande, wo unsere Photomultiplier-Röhren installiert sind.
Was sind heute die wichtigsten Produktgruppen?
Zu den Produkten und Technologien von Hamamatsu Photonics gehören optische Sensoren, Lichtquellen und Systeme, die diese Komponenten verwenden. Sie werden in verschiedenen Technologien und Geräten eingesetzt, um das Leben der Menschen zu unterstützen und eine komfortablere Gesellschaft zu schaffen. Unsere Produkte finden breite Anwendung in hochmodernen medizinischen Geräten, Test- und Inspektionssystemen, Mikroskopen, die die Funktionen von Zellen enthüllen, und Riesenteleskopen, die die Geheimnisse des Universums erforschen.
Seit wann ist Hamamatsu in Deutschland aktiv?
Aus der 1973 gegründeten Hamamatsu Television Europe GmbH ging im Jahr 1986 die Hamamatsu Photonics Deutschland GmbH in Herrsching am Ammersee hervor. Heute betreuen mehr als 130 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter neben Deutschland auch die Länder Bulgarien, Dänemark, Griechenland, Israel, Niederlande, Österreich, Polen, Türkei, Ungarn sowie die Tschechische Republik.
Was waren die dortigen Meilensteine?
1973 natürlich die Gründung der Hamamatsu Television Europe GmbH, die auch gleichzeitig Gründungsmitglied der Messe „Laser – World of Photonics“ war. Dann im Jahr 2011 die Gründung des europäischen Hauptsitzes der Hamamatsu Photonics Europe GmbH am Standort Herrsching. 2019 eröffneten wir dort ein neues, hochmodernes Logistikzentrum.
Die Präsenz in Deutschland wurde 2023 immerhin 50 Jahre alt. Was wird in Deutschland gemacht neben dem Vertrieb?
Wir kümmern uns im Wesentlichen um inhouse Support, Applikationsunterstützung und Service sowohl für Komponenten als auch für Systeme. Dazu kommt die „Rapid Design Group“ für kundenspezifische Produktanpassungen mit Hilfe von japanischen und deutschen Ingenieuren und unsere Software-Entwicklung für Spektrometer und Kameras in Herrsching.
Worauf legt Hamamatsu besonderen Wert?
Im Mittelpunkt unseres Erfolgs stehen drei Säulen: Menschen, Wissen und Technologie. Wir sind davon überzeugt, dass unsere Fortschritte nicht nur unseren Kunden, sondern auch der Gesellschaft und dem wissenschaftlichen Fortschritt zugute kommen. Jede/r Mitarbeiter/in ist stolz darauf, dass unsere Technologien zu einer besseren Gesellschaft beitragen gemäß unserem Unternehmensgrundsatz „Kontinuierlicher Wandel ist der einzige Weg nach vorne.“
Wie wichtig ist der deutsche Markt für Hamamatsu?
Der europäische Markt von Hamamatsu Photonics macht fast ein Viertel des Gesamtumsatzes aus, wovon Deutschland mehr als die Hälfte erwirtschaftet.
Was sind die nächsten großen und kleinen Vorhaben in Japan, Deutschland und weltweit?
Guth: Das Mutterhaus Hamamatsu Photonics K.K. wird den Systemeanteil im Produktportfolio wesentlich erweitern und Hamamatsu Photonics Deutschland GmbH wird die Bereiche Service, Support und Applikationen weitreichend ausbauen.
Darüber hinaus verfolgt unsere Muttergesellschaft unter dem Begriff „ESG – Environmental, Social, Governance“ verstärkt das globale Ziel, sich zu einem Unternehmen zu entwickeln, das soziale und ökologische Werte in den Vordergrund stellt.
Weil wir davon überzeugt sind, dass das Licht unbegrenzte Möglichkeiten birgt, und wir glauben, dass wir durch unsere Anstrengungen für den Fortschritt in Wissenschaft und Technik zu einer besseren Gesellschaft und einem gesünderen Planeten beitragen können.
Autor
David Löh, Chefredakteur der inspect
Kontakt
Hamamatsu Photonics Deutschland GmbH
Arzberger Str. 10
82211 Herrsching
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