Temperatursensoren überwacht Achstemperatur beim TGV
20.10.2023 - Sensoren als Sonderanfertigung messen unter extremen Bedingungen wie hohen Temperaturen, Vibrationen oder Feuchtigkeit
Heißläufer bei Schienenfahrzeugen können, wenn sie nicht rechtzeitig erkannt werden, zu einem erheblichen Materialschaden bis hin zu Unglücken mit Personenschäden führen. Spezielle Temperatursensoren an den Drehgestellen der Hochgeschwindigkeitszüge messen daher die Achstemperatur in der neuen TGV-Generation.
Die französische Jumo-Tochtergesellschaft mit Sitz in Metz liefert Temperatursensoren für die Achslager der Drehgestelle der neuen Hochgeschwindigkeitszüge Avelia Horizon von Alstom. Die staatliche französische Eisenbahngesellschaft SNFC hat 100 dieser Züge bestellt, die ab diesem Jahr als Teil der TGV-Flotte, dem Pendant zur deutschen ICE-Baureihe, eingesetzt werden. Der Avelia Horizon ist einer der Züge mit dem geringsten Kohlenstofffußabdruck auf dem Markt. 97 Prozent der Zuggarnitur ist recycelbar. Damit ist die neue Generation um 20 Prozent wirtschaftlicher und deutlich weniger energieintensiv. Die TGV-M genannten Züge bieten Platz für bis zu 740 Fahrgäste, das sind 140 mehr als in den bisherigen Zügen.
Alstom entschied sich nicht zuletzt aufgrund der langjährigen erfolgreichen Zusammenarbeit für Jumo Frankreich als Partner für die Lieferung der HABD-Temperatursensoren (Hot Axle Box Detection). Diese werden an den Drehgestellen der Hochgeschwindigkeitszüge montiert und sind Teil des BMS (Bogie Monitoring System). Sie spielen eine entscheidende Rolle, da sie direkt mit einem Alarmsystem verbunden sind, das im Falle einer Überhitzung der Achslager zum Totalstopp des Zuges führen kann.
Bei den Sensoren handelt es sich um kundenspezifische Sonderanfertigungen, die extremen Bedingungen wie hohen Temperaturen, Vibrationen oder Feuchtigkeit ausgesetzt sind. Sie müssen deshalb besonders anspruchsvolle Spezifikationen erfüllen, um den geforderten Normen zu entsprechen.
Alarm beim Überschreiten der Betriebstemperatur
Der sichere Betrieb des Schienenverkehrs kann nicht allein durch Instandhaltung gewährleistet werden. Während einer Zugfahrt treten bei Radsatzlagern immer wieder Lagerschäden auf, die zu Wellenschenkelbrüchen und somit zu schweren Unfällen führen können. Der Grund dafür ist die unzulässige Erwärmung der Lager, wodurch das Schmierfett seine Funktion verliert und das Lager zerstört. Die daraus resultierenden ungleichmäßigen Achsdrücke können zu Entgleisungen führen. Um dennoch eine hohe Betriebssicherheit zu gewährleisten, wurden Sensorsysteme entwickelt, die schadhafte, sich erhitzende Lager (sogenannte Heißläufer) erkennen können. Dabei wird kontinuierlich die Temperatur im Inneren des Lagers erfasst und verarbeitet. Beim Überschreiten der Betriebstemperatur wird in zwei Schwellen Alarm ausgelöst.
Ein Heißläufer wird als betriebsgefährlicher Schaden eingestuft, weshalb das Fahrzeug sofort aus dem Betrieb genommen werden muss. Um den hohen Ansprüchen Alstoms gerecht zu werden, wurde der über viele Jahre bewährte Jumo-Radsatzfühler nochmals komplett modifiziert. Das Ergebnis war ein neuer Edelstahl-Temperaturfühler auf PT1000-Basis, der in zwei unterschiedlichen Versionen vollends den aktuellen Bahnnormen im Hinblick auf Brandschutz, Vibrationen usw. entspricht.
Der jetzige Auftrag umfasst die Lieferung von mehreren tausend Temperatursensoren für die ersten 50 Züge. Die Produktion begann Ende 2020 und die Lieferungen seitens Jumo erfolgen gestaffelt bis 2025.
Prestigeprojekt: TGV 2020
Das TGV-2020-Projekt ist ein Prestigeprojekt der französischen Regierung. Die ersten Züge sollen bis Ende 2023 ausgeliefert werden, denn im Jahr 2024 finden die Olympischen Sommerspiele in Paris statt. 50 Züge sollen bis März 2027 in den Dienst gestellt werden, 50 weitere Züge bis Oktober 2031. Bei der zweiten Ausschreibung besteht die Möglichkeit, dass sich Jumo mit seiner bewähren Technologie erneut an dem Projekt beteiligt.
In 7:40 Stunden von Frankfurt/Main an den Atlantik
Vor rund 42 Jahren verließ erstmals ein Train à Grande Vitesse (TGV) Paris in Richtung Lyon. In zwei Stunden von Paris nach Lyon, 400 Kilometer südöstlich, war zwar im September 1981 noch nicht möglich, weil die neue Hochgeschwindigkeitsstrecke noch nicht ganz fertig war. Heute schnellt der TGV mit 320 km/h durch das Land und verbindet Paris mit Lyon in zwei Stunden. Für die 765 Kilometer zwischen der Hauptstadt und der Hafenstadt Marseille braucht der TGV drei Stunden und elf Minuten. Erstmals gibt es seit Juli 2023 eine Direktverbindung zwischen Frankfurt/Main und dem rund 1.300 Kilometer entfernten Endbahnhof unweit der französischen Atlantikküste: Bordeaux. Der TGV legt die Distanz direkt in etwa sieben Stunden und 40 Minuten zurück. Bislang mussten Bahnreisende in Paris umsteigen und zudem den Bahnhof in der französischen Hauptstadt wechseln.
Autor
Lars Ronge, Branchenmanager Bahn
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