Automatisierung

„Eine einzigartige Fertigungstiefe, die andere Sensorik­hersteller bis heute nicht haben“

30.10.2023 - Im Gespräch: Michael Greif, Standortleiter von Balluff München

Im Kompetenzzentrum am Standort Neubiberg bei München designt Balluff in Teamarbeit mit dem Kunden hochpräzise smarte, optoelektronische Messsysteme für ein breites IIoT-Anwendungsspektrum. Wir sprechen mit Michael Greif über Präzision, das IIoT und sich verändernde Anforderungen sowie Trends in der Messtechnik.

Die Anfänge des heutigen Kompetenz­zentrums liegen in der Sensor Technologie ­München GmbH (STM). Worin bestand das Alleinstellungsmerkmal des 1989 gegründeten Spin-offs? 

Das Alleinstellungsmerkmal lag unter anderem in der Entwicklung einer innovativen Technologie zur Herstellung miniaturisierter Lichtquellen. Diese Technologie bot eine einzigartige Fertigungstiefe, die andere Sensorikhersteller bis heute nicht haben. 

Wann wurde die STM von Balluff ­übernommen und welche Vorteile haben sich daraus sowohl für das Unternehmen als auch die Kunden ergeben?

Im Jahr 2014 wurde STM von Balluff übernommen. Dadurch konnten Investitionen getätigt werden, die ein stabiles Wachstum absicherten. Angefangen über Fertigungs­equipment bis  hin zu Personalverstärkungen. Unsere Kunden schätzen seither die Stabilität der Firma Balluff. Dadurch wurden wir als Balluff München in den Augen großer Kunden zu einem verlässlicheren Partner. 

Heute entwickelt Balluff im Kompetenzzentrum am Standort Neubiberg bei München gemeinsam mit dem Kunden hochpräzise smarte, optische Messsysteme für IIoT-Anwendungen. In welchem Bereich der Präzision bewegen wir uns und was bedeutet in diesem Zusammenhang smart?

Es ist möglich, Genauigkeiten und die Erkennung von Kleinteilen im Bereich von 10 bis 100 µm zu erreichen. Die Bezeichnung smart in diesem Kontext bezieht sich auf die Integration von IO-Link. Dies ermöglicht nicht nur eine effizientere Einbindung der Sensoren in Anlagenkomponenten, sondern eröffnet auch die Möglichkeit des Condition Monitorings. Überdies werden Firmeware Updates via Internet einfach ermöglicht. 

Und welche IIoT-Anwendungen decken Ihre Messsysteme ab? 

Unsere Messsysteme sind äußerst vielseitig und werden in verschiedenen IIoT-Anwendungen einsetzt: In der Halbleiterindustrie ermöglichen wir eine On-The-Fly-Positionskorrektur von Halbleiter-Wafern. In der Life-Science-Industrie und in der Lebensmittelabfüllung bieten unsere Systeme eine zuverlässige Füllstandsüberwachung. Zudem ermöglicht die Anwendung von IO-Link das einfache und effiziente Updaten der Firmware aus der Ferne, selbst bei großen Stückzahlen. Dies erleichtert die Wartung und Aktualisierung der Kundensysteme erheblich und trägt zur Optimierung der Prozesse bei.

Welche neuen Produkte dürfen wir ­mittelfristig erwarten? Mit welchen Themen beschäftigen Sie sich aktuell?

Wir entwickeln beispielsweise ein miniaturisiertes Lichtband in Reflexgeometrie, das neue Möglichkeiten für die mechanische Integration eröffnet und gleichzeitig höchste Präzision gewährleistet.

Inwieweit haben sich die Anforderungen seitens der Kunden in den vergangenen Jahren geändert? 

Die Performance-Grenzen, sei es in Bezug auf Temperaturbeständigkeit, Taktfrequenz oder Genauigkeit, verschieben sich in bisher unerreichte Dimensionen. Dies ist auf den technologischen Fortschritt zurückzuführen, der Anlagen in die Lage versetzt, immer leistungsfähigere Produktionen umzusetzen. Dadurch werden Durchlaufzeiten verkürzt und die Maschinenauslastung maximiert. Diese Entwicklungen erfordern den Einsatz leistungsfähigerer Sensorsysteme. Es wird zunehmend deutlich, dass sich Kunden, insbesondere in Branchen wie der Halbleiterindustrie und Life Science, eine enge Entwicklungspartnerschaft wünschen. In dieser Partnerschaft sind wir als Experten stets ansprechbar, um gemeinsam mit den Projektteams der Kunden alle Aspekte der Maschinenintegration zu besprechen und zu klären.

Was war die außergewöhnlichste Aufgabe/Anwendung, die Ihr Team und Sie lösen mussten?

Eine spannende Anwendung war die Detektion von Schokoriegeln durch die dünne Aluverpackung hindurch. Es sollte erkannt werden, ob innerhalb der Verpackungsfolie ein Schokoriegel war oder nicht. Dies konnte mit einer High-Power-Variante unserer Sensorköpfe aus München gelöst werden. Eine weitere spannende Anfrage, die jedoch aufgrund ihrer unzureichenden Wirtschaftlichkeit nicht umgesetzt wurde, war die Überwachung eines zwei Meter großen Vakuum­ventils für eine Hyper-Loop-Anwendung. Für diese Aufgabe hätten wir unsere speziell für Vakuumanwendungen entwickelten Sensoren einsetzen können.

Wie relevant sind KI oder 3D-Druck für Ihr Kompetenzzentrum? Wenn nicht, prüfen Sie derzeit deren Einsatz?   

3D-Druck ist für uns höchstrelevant. Insbesondere im Bereich der kundenspezifischen Entwicklung ist es entscheidend, Funktionsmuster über Nacht erstellen zu können. Dies erreichen wir sowohl durch unser hauseigenes Fräszentrum als auch durch den Einsatz von 3D-Drucktechnologie. In Bezug auf Künstliche Intelligenz (KI) prüfen wir derzeit die Möglichkeiten bei Balluff München. Allerdings gibt es innerhalb des gesamten Balluff-Unternehmens bereits vielfältige Anwendungsbereiche für KI, wie beispielsweise im Bereich Predictive Maintenance. Auch werden schon diverse KI-Tools zu Erleichterung bestimmter Verwaltungsaufgaben angewandt. 

Wo sehen Sie die Trends bei Optoelektronik und Messtechnik?

Aktuell sehen wir zwei starke Trends: Einer im Bereich High-Tech hin zur Entwicklung von 3D-Time-of-Flight-Sensorik, um komplexe Anwesenheitserkennung, Formtreue, Bin-Picking oder auch Messaufgaben kosteneffizient zu lösen. Der zweite Trend korreliert mit dem starken Wachstum des asiatischen Marktes. Hierbei geht es um die Produktion kleiner und kostengünstiger Sensorik in großen Stückzahlen. Dies eröffnet ein attraktives Wachstumsfeld und stellt eine vielversprechende Entwicklung dar. (agry)

Kontakt

Balluff GmbH

Schurwaldstraße 9
73765 Neuhausen

+49 7158 173 0
+49 7158 5010

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