„Auch bei Kräften von 10 G ist Achsenverschiebung nicht im Bild sichtbar“
27.06.2023
- Im Interview mit der inspect erläutert Nina Kürten, Produktmanagerin für Fujinon Machine Vision Objektive, warum sich die Fujinon-HF-XA-1F-Serie besonders für hochdynamische Anwendungen eignet.
inspect: Mit der Fujinon-HF-XA-1F-Serie hat Fujifilm seit etwa eineinhalb Jahren Objektive für den rauen Industrieeinsatz im Programm, die auf der bekannten HF-XA-5M-Serie basieren. Wo genau liegen die Unterschiede?
Nina Kürten: Bildverarbeitungssysteme im industriellen Umfeld sind häufig starken Beschleunigungen, Stößen und Vibrationen ausgesetzt. Dies gilt für mobile Systeme, wie zum Beispiel robotergeführte Bildverarbeitungssysteme wie Schweiß- und Montageroboter oder 3D-Scanning-Anlagen, sowie für ortsfeste Installationen. Objektive, die in solchen Systemen eingesetzt werden, müssen den harten Anforderungen ebenfalls standhalten. Einerseits müssen sie mechanisch robust sein und dürfen nicht beim ersten Stoß auseinanderfallen. Andererseits muss die Qualität der optischen Abbildung stabil sein. Die Linsenelemente im Innern der Objektive dürfen sich nicht bewegen, da es sonst zu einer Verschiebung der optischen Achse kommt, was als Unschärfe im Bild erkennbar wird.
Die Objektive unserer Fujinon-HF-XA-5M-Serie sind zwar bereits robust gebaut und grundsätzlich gut geeignet für das raue Industrieumfeld. Allerdings gab es die Anforderung aus dem Markt nach einer noch größeren Stoß- und Vibrationsfestigkeit, ohne auf die bekannten Abbildungseigenschaften der HF-XA-5M-Serie zu verzichten. Wir haben deshalb das optische Design der bestehenden Objektive übernommen und die Mechanik so überarbeitet, dass die Objektive noch stabiler werden. Das Ergebnis ist die Fujinon HF-XA-1F Serie.
inspect: Welche Änderungen bringt das für den Anwender mit?
Kürten: Wie die meisten Standard-C/CS-Mount-Objektive für Machine-Vision-Anwendungen bietet die bestehende HF-XA-5M-Serie eine variable Blende, die über den Einstellring des Gehäuses wählbar ist und mit Feststellschrauben fixiert wird. Die Einstellung des Fokus erfolgt nach dem gleichen Prinzip. Das ermöglicht die Flexibilität, sowohl Blende als auch Fokus je nach Bedarf frei einzustellen. Dieses System bedeutet allerdings auch, dass es viele bewegliche Teile im Innern der Objektive gibt. So bewegen sich beispielsweise die Lamellen der Blende gegeneinander, wenn die Blendenöffnung eingestellt wird, und beim Fokussieren verschieben sich die Linsenelemente der Fokusgruppe, um das Bild scharf zu stellen. Je größer die Anzahl der beweglichen Teile in einem Objektiv ist, desto größer ist jedoch auch der Kompromiss, der in Sachen Stabilität eingegangen werden muss. Das Ziel der Entwicklung der -1F-Serie war es dementsprechend, die Anzahl der beweglichen Teile innerhalb der Objektive zu minimieren.
Im ersten Schritt wurde dafür die variable Blende gegen eine feste Blende ausgetauscht. Eine Blendenplatte mit einer definiteren Blendenöffnung ersetzt die Lamellen der Blende, wodurch die beweglichen Teile an der Blende wegfallen. Der zweite Schritt betrifft die Änderung des Fokussystems, für den die Linsenelemente innerhalb des Objektivs fest mit dem Gehäuse verbunden wurden, sodass sie sich auch beim Fokussieren nicht bewegen. Um trotz dessen ein scharfes Bild einstellen zu können, verlängert sich das Schraubgewinde des C-Mounts bis auf den Objektivtubus. Ähnlich wie bei S-Mount-Objektiven erfolgt nun die Einstellung des Fokus über die Tiefe des Einschraubens auf die Kamera. Der Durchmesser des Schraubgewindes entspricht dabei dem eines C-Mounts und die Objektive sind auf fast jeder C-Mount-Kamera einsetzbar. Ist die beste Fokuseinstellung gefunden, kann die Position mit einem Konterring, der gegen die Kamera drückt, fixiert werden. Als Resultat dieser beiden Schritte enthalten die HF-XA-1F-Objektive keinerlei beweglichen Teile im Innern und sind damit noch einmal robuster als andere Objektive für Machine Vision, wie beispielsweise die HF-XA-5M-Serie.
inspect: Was hat Fujifilm in petto, um an die Flexibilität der HF-XA-5M-Serie heranzukommen?
Kürten: Obwohl die Objektive der -1F Serie über eine feste Blende verfügen ist es nicht erforderlich, sich vorab auf eine Blendenöffnung festzulegen. Um die Flexibilität der Blendeneinstellung zu erhalten und sie auf die jeweilige Anwendung passend wählen zu können, bieten wir zu jedem Objektiv drei Blendenplatten mit verschiedenen Öffnungen. In jedem gelieferten Karton gibt es Blendenplatten für F1.6, F4 und F8, aus denen die geeignete Blende ausgewählt werden kann. Die Blendenplatten sind mit zwei Schrauben im Gehäuse befestigt und können einfach ausgetauscht werden. Weitere Blendenabstufungen sind auf Anfrage ebenfalls verfügbar.
inspect: Gibt es Einschränkungen hinsichtlich der optischen Eigenschaften im Vergleich zu den Schwestermodellen der HF-XA-5M-Serie?
Kürten: Die optischen Eigenschaften und die Qualität der Abbildung der beiden HF-XA-Serien sind identisch. Beide Varianten sind für 2/3 Zoll und 3,45 µm – das entspricht 5 Megapixel – geeignet und passen damit auf viele gängige Sensoren (Sonys IMX250/252 und viele andere). Die Brennweiten reichen von 8 bis 35 mm, wobei die HF-XA-5M Serie zusätzlich eine 6 mm und eine 50 mm Optik bietet. Die längeren Brennweiten decken außerdem einen Bildkreis bis zu 1/1.2 Zoll ab. Geringe Verzeichnungswerte und eine gleichmäßige Bildqualität bis in die Randbereiche sind Standardeigenschaften bei allen unseren Objektivserien.
inspect: Welchen Kräften können die Objektive standhalten?
Kürten: Insbesondere bei Roboter-geführten Bildverarbeitungssystemen können Kräfte des Vielfachen der Erdbeschleunigung auftreten. Fujifilm hat deshalb ein Testverfahren entwickelt, in dem die Objektive mit 10 G in sechs Richtungen bewegt werden. Anschließend kann anhand einer Grafik die Verschiebung der optischen Achse und damit die Stabilität der Linsenelemente im Objektiv gemessen werden. Die Objektive der HF-XA-1F-Serie weisen dabei mit 1~3 µm die kleinste Verschiebung im Vergleich zu allen anderen getesteten Objektiven auf. Bei einem Pixelpitch von zum Beispiel 3,45 µm ist eine solche Verschiebung kleiner als 1 Pixel und damit nicht im Bild sichtbar.