Automatisierung

Kein Widerspruch: Oszilloskope und hohe Auflösung

Oszilloskop-Serie mit 12 Bit vertikaler Auflösung

03.03.2023 - Neben den klassischen 8-Bit-Oszilloskopen gibt es nun auch hochauflösende 12-Bit-Oszilloskope mit gesteigerter vertikaler Auflösung. Es gilt abzuwägen, wann welche der beiden Oszilloskop-Strukturen sinnvoll ist.

Seit vielen Jahren war und ist die 8-Bit-Architektur bei Oszilloskopen die optimale Lösung für die meisten Applikationen. Doch durch die vermehrten Leistungsmessungen oder Analysen von Signalen mit hohem Dynamikbereich kann diese Architektur an ihre Grenzen stoßen. Die 12-Bit-Architektur hat gewisse Vorteile gegenüber der 8-Bit-Struktur, die allerdings für viele Oszilloskop-Anwendungen ausreicht. Es ist deshalb wichtig, sich zu überlegen, was die Vorteile einer 12-Bit-Struktur sind und ob diese auch wirklich benötigt werden.

Applikationen, die eine höhere Auflösung benötigen, betreffen weitgehend die Vermessung von Signalen mit einem hohen Dynamikbereich. Das heißt, es können Signale mit einer recht hohen Amplitude sein, die auch kleinste Amplitudenänderungen beinhalten, die ebenfalls gemessen werden müssen. Bei den bisherigen 8-Bit-Oszilloskopen kann man für ein rauschärmeres Vermessen der Signale einen hochauflösenden Modus (High Res Mode) mit 12 Bit aktivieren, der nach der Signalerfassung mathematisch im Oszilloskop berechnet wird. Hierbei wird eine Überabtastung verwendet, die einen Durchschnittswert aus den jetzt entstehenden feineren Amplitudenwerte mit einer höheren Auflösung generiert. Durch diese Mittelung reduzieren sich Rauschanteile, so dass sich feinere Amplitudenabweichungen darstellen lassen. Die Architektur bleibt hier allerdings 8 Bit (=28 = 256 Werte). Der zweite Nachteil ist, dass sich die Bandbreite je nach Zeiteinstellung erheblich reduziert. Zudem ist das Rauschverhalten auf eine 8-Bit-Struktur angepasst.

Vermessen kleiner Spannungssignale oder Stromwerte

Die DHO4000-Serie von Rigol bietet dem Anwender die Möglichkeit, das Gerät auf eine vertikale Skalierung auf bis zu 100 µV/DIV zu vergrößern. Das minimale Rauschverhalten (mit 20 MHz Bandbreitenbegrenzung) liegt in diesem Bereich bei unter 18 µArms (siehe Abbildung 1, mit 1 mV/DIV). Hier lassen sich auch kleine Spannungssignale oder Stromwerte vermessen. Die DHO1000- und die DHO4000-Serie verwenden eine 12-Bit-Architektur, die mit dem neu entwickelten ASIC-Chipsatz Centaurus realisiert wird. Die Anzahl der vertikalen Werte erhöht sich somit von 256 Stufen auf 212 = 4.096 Werte, was einer 16 mal feineren vertikalen Auflösung als bei einer 8-Bit-Architektur entspricht. Ein Kompromiss, zum Beispiel bezogen auf die Bandbreitenreduzierung wie beim High-Res-Mode, muss nicht eingegangen werden. Das DHO4000 hat neben der verbesserten vertikalen Auflösung eine Echtzeitabtastrate von bis zu 4 GSa/sek. und einen maximalen Speicher von 500 Mpkten. Das heißt, hier besteht eine optimale Kombination aus einer hohen vertikalen und horizontalen Auflösung. Zusätzlich lassen sich durch den großen Speicher viele Signale mit einer Erfassung darstellen.

Chipsatz aus zwei Asics

Der Chipsatz besteht aus zwei Asics, wovon der θ-Centaurus für das analoge Frontend entwickelt wurde, um die erforderliche Bandbreite, die Impedanzen von 1 MΩ und 50 Ω, einen schnellen Überspannungsschutz und das niedrige Rauschverhalten zu ermöglichen. Dieser ASIC hat einen Dynamikbereich von bis zu 97 dB und bietet mit einer THD (total harmonic distortion) von -55 dBc eine hohe Linearität. Zudem hat dieser Chip ein niedriges Rauschverhalten, um die 12-Bit-Auflösung zu ermöglichen, die ein wesentlicher Punkt der 12-Bit-Plattform ist.

Der zweite Chip mit dem Namen α-Centaurus ist ein hochpräziser digitaler Signalprozessorchip, der die Auflösung im ADC von 12 Bit und die Abtastrate von bis zu 4 GSa/sek. ermöglicht. Dieser Chip zeichnet sich neben der Auflösung auch durch seine Temperaturstabilität von 3.6 µV/°C aus. Die DHO-Serien nutzen genauso wie die DS70000-Serie (5 GHz/20 GSa/sek.) die neue Plattform UltraVision III. Für viele Anwendungen, bei denen eine sehr hohe Auflösung gefordert ist, liegt die Bandbreite im unteren Bereich des Oszilloskops, bei dem der effektive Bitwert entsprechend dem des ADCs, also bei 12 Bit, liegt. Allerdings ist es hin und wieder notwendig, die Auflösung bis zur maximalen Bandbreite zu kennen. Dieser Wert wird in einem frequenzabhängigen ENOB-Wert (Effektive Number of Bits) definiert. Über die komplette Bandbreite liegt dieser Wert bei den DHO4000 über 8 Bit. Das heißt, der ENOB-Wert wird dann wichtig, wenn Messungen mit höheren Bandbreiten und einer hohen Auflösung benötigt werden.

Wie oben beschrieben, kann die vertikal höhere Auflösung dazu genutzt werden, Signale mit einem hohen Dynamikbereich, wie sie bei der Leistungsmessung vorkommen können, zu messen. Hier sollte aber beachtet werden, dass die optimale Ausnutzung der höheren Auflösung dann gegeben ist, wenn sich das Signal über den vollen Bildschirm darstellen lässt. Folglich ist hier ist bei der Vermessung von beispielsweise Strom und Spannung mittels Kanal 1 und 2 zu empfehlen, den vollen Bildschirm für die jeweilige Messung zu nutzen. Durch die unterschiedliche Farbdarstellung der Traces sind diese Kurven aber trotzdem gut zu erkennen (siehe Abbildung 2).

Wie reagiert die Elektronik auf Netzschwankungen? Oszilloskope liefern Antworten

Im Leistungsbereich können sich auch geringe Netzschwankungen am AC-Eingang negativ auf unterschiedliche Funktionen auswirken. Um generell die Funktionen von Geräten voll zu gewährleisten, ist es wichtig zu wissen, wie gut zu versorgende Elektronik mit diesen Schwankungen, die sich zum Beispiel durch kurze Spannungseinbrüche, Rauschen oder das Entstehen von Oberschwingungen ergeben können, umgeht. Mit einem Oszilloskop können mit einem differenziellen Hochspannungstastkopf und einer Stromzange Signale in diesen Bereichen erfasst werden. Die Spannungs- und Stromkurve sind dann mit dem Oszilloskop zu vermessen. Hier ist unbedingt auch die Genauigkeit und das Rauschverhalten der eingesetzten Tastköpfe zu berücksichtigen. Während die Vermessung der maximalen/minimalen Werte der großen Signalkomponenten bei 8 Bit und 12 Bit sehr ähnlich sind, liegt der Vorteil eines 12-Bit-Oszilloskops in der Vermessung der kleinen Signalabweichungen, die in einem 8-Bit-Oszilloskop so nicht sichtbar wären. Hier kann die vertikale Einstellung so verfeinert werden, dass diese sehr kleinen Signalkomponenten gut aufgelöst darzustellen sind (siehe Abbildung 3).

Bei einer 8-Bit-Struktur liegt die theoretische Auflösung durch die 256 Stufen bei einer vertikalen Displaydarstellung von 8 V (1 V/DIV) bei 31,25 mV. Bei einem 12-Bit-Oszilloskop liegen die Stufen bei 4.096, was bei einer gleichen vertikalen Einstellung einer Auflösung von 1,95 mV entspricht. Somit lassen sich Rauschkomponenten und andere Abweichungen jetzt herausmessen.

Wie auch beim 8-Bit-Oszilloskop ist in den DHO-Serien von Rigol ein Mode (High-Res) integriert, der wahlweise auf 14 beziehungsweise 16 Bit eingestellt werden kann, um die Signale noch feiner darzustellen. Somit liegt diese Mittelwerttechnologie in einem noch feineren Bereich als die 12-Bit-Auflösung (High-Res) bei den 8-Bit-Oszilloskopen.
Für die generelle Vermessung des AC-Eingangs eines Schaltnetzteils kann auch die optional verfügbare Poweranalysefunktion genutzt werden. Hier können Werte für Strom und Spannungen für zum Beispiel Wirkleistung, Schein und Blindleistung oder den Crest-Faktor ausgemessen werden. Mit der Mathematikfunktion ist es zudem möglich, die Leistung in einer Kurve darzustellen. Am Ausgang eines Schaltnetzteils kann mit der Poweranalyse die Welligkeit des Ausgangs analysiert werden, um die Signalqualität zu vermessen.

Bei der Signalanalyse und gerade bei einer Fehleranalyse ist es sinnvoll, sich nicht nur auf die Zeitanalyse zu konzentrieren, sondern auch die Frequenzanalyse zu nutzen. Hier lassen sich zum Beispiel unerwünschte Nichtlinearitäten oder Harmonische gut darstellen. Durch den verbesserten störungsfreien Dynamikbereich des 12-Bit-Oszilloskops gegenüber dem 8-Bit-Oszilloskop ist es auch möglich, die Frequenzanalyse mit einer höheren Dynamik durchzuführen. Das heißt, bei der Frequenzanalyse liegen sowohl das Rauschverhalten als auch die intern generierten Störamplituden unter denen des 8-Bit-Oszilloskops. Wie oben erwähnt, wird neben dem verbesserten Rauschverhalten auch eine hohe Linearität erreicht. Die FFT kann bis zu einer Million Abtastwerte in das Frequenzspektrum umsetzen und somit auch eine sehr hohe Frequenzauflösung erreichen. Das Spektrum lässt sich wie bei einem Spektrum-Analysator mittels Start-Stop-Frequenzen oder mittels Center/Span einstellen. In Abbildung 4 ist eine Frequenzanalyse von einem Sinussignal von 1 MHz zu sehen.

Darstellung der erfassten Signale

Neben der höheren vertikalen und der hohen horizontalen Auflösung bietet das Oszilloskop die Messung mit der neuen Funktion UltraAcquire an. Hier wird der Speicher in unterschiedliche Segmente aufgeteilt, die jeweils mit unterschiedlichen Trigger-Events gefüllt werden. Dadurch wird eine sehr hohe Wellenformerfassungsrate von 1,5 Millionen wfms/sek. erreicht. Die erfassten Signale können dann in unterschiedlichen Darstellungsformen (zum Beispiel als Wasserfall oder in einer dreidimensionalen Perspektivdarstellung) angezeigt werden. Sehr schnell verändernde Signale, die sonst wegen der hohen Blindzeit schwer zu erfassen sind, können somit besser analysiert werden (siehe Abbildung 5).

Mit den DHO1000- und DHO4000-Serien erweitert Rigol sein Produktportfolio für weitere Applikationen und Anwendungen. Neben der Bedienung via Touchscreen, Keyboard oder Web-Control ermöglichen die Oszilloskope einen vielseitigen Einsatz für unterschiedliche Bereiche wie Forschung und Entwicklung, dem Lehrbetrieb oder für andere industrielle Anwendungen, bei denen eine hohe horizontale oder vertikale Auflösung erforderlich ist.

Autor
Boris Adlung, Sales & Marketing

Kontakt

RIGOL Technologies EU GmbH

Carl-Benz-Str. 11
82205 Gilching bei München
Deutschland

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