Röntgenkameras: Technologie und Anwendungsmöglichkeiten
14.11.2022 - Xray-Kameras in der Elektromobilität
Zu den derzeit am stärksten wachsenden Anwendungsfeldern der industriellen Bildverarbeitung gehört die Elektromobilität. Etwa bei Batterieprüfungen kommen häufig Röntgenkameras zu Einsatz. Wie genau funktioniert eine Röntgenkamera und welche Klassen von Röntgenstrahlen gibt es?
Photonen mit einer Wellenlänge von 0,01 bis 10 nm werden als Röntgenquanten beziehungsweise -strahlung (Xray) bezeichnet. Die genaue Klassifizierung in „weiche“ (soft-X-ray) und ,,harte" (hard-X-ray) Strahlung erfolgt dabei entsprechend ihrem Energielevel in Elektronenvolt (eV). Während sogenannte weiche Röntgenstrahlen im Allgemeinen im Bereich von 0,1 bis 5 keV liegen, sind harte Röntgenstrahlen im Bereich von 5 bis 100 keV angesiedelt. Die Art und Weise, wie diese Röntgenquanten mit der Materie interagieren, hängt von ihrer Wellenlänge ab und finden auf unterschiedliche Weise Anwendungen in Wissenschaft und Industrie.
Abhängig vom Energieniveau der Röntgenstrahlung werden zwei Nachweismethoden eingesetzt. Der Nachweis lässt sich dabei durch direkte oder durch indirekte Detektion erbringen.
Während der direkte Nachweis, äquivalent zur herkömmlichen Digitalkamera/digitalen Fotografie, den fotoelektrischen Effekt (Nobelpreis Einstein 1929) mithilfe eines Silizium-basierten Sensors nutzt, wird bei indirekter Detektion die Röntgenstrahlung zunächst in langwelligere Photonen konvertiert. Bei dem sogenannten Konversionsmaterial (Szintillator) handelt es sich um spezielle Halbleiter, die unter Röntgeneinstrahlung sichtbares Licht erzeugen, das anschließend eine Standardkamera erfassen kann.
Direkte Detektion für niedrige Energien
Erst auf Basis des fotoelektrischen Effektes konnten CCD- und CMOS-Kameras realisiert werden. Durch die Implementierung und Funktionalisierung von Halbleitermaterialen (Silizium) als Energie-Konversionsmaterial werden die detektierten Photonen in den einzelnen Pixeln der Digitalkamera in elektrische Signale umgewandelt, durch nachgeschaltete Elektronik im Sensor (Kamera) quantifiziert, in eine digitale Zahl konvertiert (ADC) und schlussendlich von einem Computer als Bild dargestellt.
Während für sichtbares Licht die Konversionsrate bei 1 liegt, sprich: ein Fotoelektron wird pro einfallendem Photon erzeugt, liegt die Konversionsrate für Röntgenquanten deutlich oberhalb von eins. Dementsprechend lösen unterschiedlich energetische Röntgenquanten eine unterschiedliche Anzahl an Fotoelektronen frei. Da viele höher energetischen Röntgenstrahlen das Silizium der Sensoren irreversible schädigen, sind bei hohen Energien weitestgehend alternative und indirekte Xray-Nachweismethoden erforderlich.
Indirekte Detektion: herkömmliche Kamera mit Lichtleiter
Während bei vielen Anwendungen der Nachweis von Röntgenphotonen im Vordergrund steht, geht es erst in zweiter Linie um den Schutz und somit die Langlebigkeit der kostspieligen Hardware (Siliziumsensoren und Elektronik). Diese lassen sich auf mehrere Arten vor Strahlungsschäden schützen. Hierfür werden häufig Kombinationen aus Glasfasern und Leuchtstoffen oder Szintillatoren verwendet. Ein geeignetes Material wie Gadoliniumoxid (GadOx) oder Cäsiumiodid sendet Photonen im UV/VIS-Bereich aus, wenn es mit höher energetischen Photonen (zum Beispiel Röntgenstrahlen) beschossen wird. Diese sichtbaren Lichtquanten können dann eine herkömmliche Kamera erfassen.
Aufgrund der hohen Energie der Röntgenstrahlen können sie sowohl Szintillatoren als auch die Leuchtstoffe durchdringen und die nachfolgende Sensorik/Elektronik beschädigen. Um dieses zu verhindern/reduzieren, werden zusätzlich Lichleiter eingesetzt, die eine räumliche Entkopplung der Elektronik von dem Szintillator ermöglichen ("aus der Schusslinie nehmen"). Dabei handelt es sich um Lichtleiter (Glasfasern), deren eines Ende mit dem Siliziumsensor verbunden und deren anderes Ende mit einem Röntgenstrahlen-emittierenden Material wie GadOx beschichtet ist. Da die Lichtleiter die Strahlung absorbieren, gleichzeitig aber emittiertes Licht leiten, wird eine Entkopplung des Siliziumsensors aus dem Röntgenstrahlengang erreicht. Damit sind also Sensor und Elektronik geschützt.
Faseroptik als Lichtleiter
Als Lichtleiter eignen sich viele Materialien, die Photonen im sichtbaren Bereich zum Siliziumsensor übertragen können und gleichzeitig schädigende Röntgenstrahlen abschirmen. Lichtleiter können dieses Licht von der emittierenden Stelle zum Sensor über 1:1-Glasfasern oder über Fasern-Verjüngung übertragen. Letzteres bedeutet, dass die Eingangsgröße der Glasfaser für die Röntgenstrahlung größer ist als das Ende, die das Licht an den Sensor abgibt. Das Vergrößerungsverhältnis kann dreimal höher oder mehr sein (abhängig von den Materialparametern). Die Vergrößerung, M, hat jedoch den Nachteil, dass nur ein Teil des ausgestrahlten Lichts den Sensor erreicht. Folglich steigt die Erkennungseffizienz erheblich, wenn größere Siliziumsensoren verwendet werden, anstatt den Grad der Verjüngung zu erhöhen.
Autor
Denis Lehmann, Sales Engineer bei Ximea