Pipettenspitzen ohne perspektivische Verzerrung prüfen
28.10.2022 - Das harmonische Zusammenspiel einzelner Komponenenten in der Prüfautomatisierung ist unabdingbar. Die Wahl des passenden telezentrischen Objektivs spielt hierbei eine wichtige Rolle.
Eine modulare Pipettenprüfstation inspiziert und vermisst zahlreiche Parameter dieser Medizinprodukte gleichzeitig. Dazu gehören Durchmesser, Grate und Taumelkreise mit einer Genauigkeit kleiner 1 µm. Zum Einsatz kamen unter anderem telezentrische Objektive mit blitzbarer Hintergrundbeleuchtung.
Ein industrielles Bildverarbeitungssystem kann erst mit einer passenden Kombination der optischen Komponenten zuverlässige Messungen durchführen: Je nach Applikation ist das geeignete Objektiv zu wählen, das wiederum Faktoren wie Geschwindigkeit, Messgenauigkeit und Wiederholbarkeit einer Auswertung bestimmt.
Pipettenspitzen im Check
Eine produktionsbegleitende und hochauflösende Kameraprüfung von Ziemann & Urban übernimmt in der Anlage Hekutip QC Assistant von Hekuma die Kontrolle von Pipettenspitzen. Dieses platzsparende Stand-alone-Modul prüft unter Reinraumbedingungen Pipettenspitzen mit hochgenauer optischer Messtechnik berührungslos, was wiederum der hohen Ausbringung und Verfügbarkeit dieser Kunststoffeinwegartikel zugutekommt. Gerade bei den aktuellen Verbrauchszahlen in der medizinischen Diagnostik ein unschätzbarer Vorteil.
Die besondere Aufgabe in dieser Anwendung war es, für diese modulare Pipettenautomation eine Sichtprüfung und Vermessung der Kunststoffteile zu generieren, die mehrere Parameter wie beispielsweise Durchmesser, Grate und Taumelkreise mit einer Genauigkeit kleiner 1 µm kontrolliert und vermisst. Eine Messapplikation, die bei vielen Objektpositionen eine perspektivische Verzerrung vermeiden muss, erforderte den Einsatz von telezentrischen Objektiven mit präzise blitzbarer Hintergrundbeleuchtung.
Allerdings ergibt sich bei der Auslegung der Bildverarbeitung inklusive der Kameras (Sony IMX5 Chips mit 8,1 Megapixel und 2,74 µm Pixelgröße) nur eine geringe Auswahl an geeigneten telezentrischen Objektiven am Markt. Vorgenommene Laborversuche inklusive Vergleichstests ergaben eine sehr gute optische Performance und mechanische Qualität der Canrill-Objektive, wobei sich die möglichen Arbeitsabstände in bestehende Konstruktionskonzepte integrieren ließen. Aufgrund der schnellen Verfügbarkeit der Objektive hat Canrill für Ziemann & Urban passende Muster kurzfristig und kostenlos zur Verfügung gestellt.
In dem Partnerprojekt mit Hekuma hat es sich für Ziemann & Urban bewährt, Canrill-Objektive zu verwenden, da so ein schneller Evaluierungsprozess im Testsystem gewährleistet war. Zudem ließen sich in der Wertschöpfung durch das hervorragende Preis- Leistungsverhältnis die Kosten um etwa 30 Prozent senken. Auswahl der Objektive und deren Verfügbarkeit sowie Preisattraktivität sind neben dem breiten Applikationswissen beider Unternehmen ausschlaggebend für die Kooperation. Mit den Entscheidungshilfen für Objektive und deren Messperipherie wird eine Fortsetzung der Projekte angestrebt.
Vom Kunden zum Distributor von Canrill Optics
Seit 1991 ist für Ziemann & Urban diese Systembestimmung der Alltag, denn die Projekte in der Prüfautomatisierung erfordern neben der Perspektive auf den gesamten Produktionsprozess auch den Blick auf die Details einer Prüfanlage, aber auch auf das Zusammenspiel der Einzelkomponenten für die jeweiligen Mess-, Prüf- und Automatisierungsprozesse. Daraus resultiert auch das spezialisiertes Maschinenbau-Know-how in der Automobil-, Kunststoff-, Halbleiter- und Medizintechnikindustrie.
Für Ziemann & Urban hat es sich bewährt, mit den Objektiven von Canrill Optics zu arbeiten. Auch aufgrund der Produktauswahl und deren kurzfristiger Verfügbarkeit hat sich der Automatisierer zu einem Spezialisten für telezentrische Anwendungen gemausert. Als langjähriger Anwender ist es eine Konsequenz, mit dem chinesischen Hersteller zusammenzuarbeiten und nun auch als Distributor für die Objektive in der DACH-Region aktiv zu werden.
Mittlerweile ausgeprägte Netzwerke mit Canrill führen zu einer effizienten Zusammenarbeit beider Unternehmen, die sich auch auf andere Technologien und Branchen rund um die Bildverarbeitung auswirken. Wichtig ist die technologische wie auch wirtschaftlich attraktive Kooperation, von denen Anwender profitieren.
Autor
Martin Welzenbach
Applikationsingenieur bei Ziemann & Urban
Technik im Detail: Telezentrische Objektive
Telezentrische Objektive sind für Messanwendungen prädestiniert, wenn geometrische Verzerrungen und Maßabweichungen bei den Aufnahmen zu vermeiden sind. Nur achsparallele Lichtstrahlenbündel führen zur Abbildung, woraus eine gleichmäßige, vom Objektabstand unabhängige Vergrößerung ohne perspektivische Verzerrung entsteht. Aufgrund des parallelen Strahlengangs muss die freie Apertur der Frontlinse des telezentrischen Objektivs mindestens den gleichen Durchmesser haben wie das Objektfeld. Leider mit dem Nachteil, dass Objektive für große Objektfelder entsprechend groß sein müssen und kostspielig sind.
Zudem ist es bei telezentrischen Systemen elementar, die richtige Kombination aus Kamera, Objektiv und Beleuchtung zu finden. Insbesondere bei den Objektiven entscheiden Vergrößerung, Arbeitsabstand sowie Objekt- und Bildgröße über die richtige Auswahl.
Unternehmen im Detail: Canrill Optics
Canrill Optics hat sich als Hersteller auf telezentrische Objektive für anspruchsvolle Aufgaben in der industriellen Bildverarbeitung konzentriert. Aktuell ist die vierte Produktgeneration als PTL Serie im Baukastenprinzip verfügbar, die auf beiden Seiten (objektseitig FOV 37–390 mm; bildseitig FOV 8–82 mm) eine beliebige Kombination von Sicht- und Bildfeldern ermöglicht. Zur Auswahl stehen Festblende oder variable Blende, wobei immer eine einfache Adaptierung an alle gängigen Kamera Mounts gewährleistet ist. Für begrenzten Bauraum steht eine 90°-Umlenkung für viele Varianten zur Verfügung. Abgerundet wird das Angebot mit telezentrischen Beleuchtungen passend zu allen Objektiven.
In China hat Canrill seinen Ursprung und zeigt eine sehr hoher Fertigungstiefe mit eigenen Standorten jeweils für Entwicklung, Fertigung für Optik und Mechanik sowie Montage. Für Sonderanfertigungen sorgt ein Service, kundenspezifische Linsen vom Design bis zum fertigen Produkt in zwölf Tagen herzustellen. Sind Anwendungslösungen für Linsen ohne Telezentrie gefordert, so bietet Canrill beispielsweise die MH-Serie, die für sehr hohe Vergrößerungen bei großem Arbeitsabstand oder Fixed Focus ohne Blende einsetzbar sind – interessant für Applikationen mit viel Platz zwischen Objekt und Objektiv.