Bildverarbeitung

Weißlicht-Interferometer: Großer Messbereich für ­kleinste Strukturen

Weißlicht-Interferometer prüft flexible Hybrid-Elektronik

06.04.2022 - Immer wenn es um die Prüfung der Oberflächen sehr feiner Strukturen geht, sind Weißlicht-Interferometer in ihrem Element, in der Elektronikfertigung und Entwicklung ebenso wie in Labor und Forschung.

Das Verfahren arbeitet berührungslos und funktioniert auf nahezu allen Materialien. Dabei liefert die dreidimensionale optische Messtechnik nicht nur eine funktions- und strukturorientierte Auswertung als Basis für Qualitätskontrolle und Fertigungsoptimierung, sondern auch ein für die menschliche Auffassungsgabe leicht verständliches Abbild der Oberfläche. Davon profitieren alle Bereiche der Elektronikfertigung bis hin zu den aktuellen Projekten im Bereich flexibler Elektronik.

Als Schlüsseltechnologie bildet die Mikroelektronik die Grundlage zahlreicher Innovationen in ganz unterschiedlichen Bereichen. Mit dem Flexmax-Projekt beispielsweise fördert das Bundesministerium für Bildung und Forschung die Entwicklung einer flexiblen und gleichzeitig aktiven Sensormatrix für medizinische Anwendungen. Solche Sensorfolien können dann zum Beispiel die Atmungsüberwachung von Frühgeborenen verbessern, bei chronischen Erkrankungen Verwendung finden oder auch während einer Herzoperation die Position des Katheters bestimmen.

Ein Geschäftsbereich des Instituts für Mikroelektronik Stuttgart (IMS Chips) beschäftigt sich aktuell mit der Entwicklung solcher Hybridsysteme, die Sensorik und Mikrochip in einer flexiblen Polyimid-Folie integrieren. Sie lassen eine hohe Integrationsdichte zu, können sich aber auch einfach an verschiedene Flächen und Formen anpassen. Gleichzeitig muss für die Produkte aber auch ein kostengünstiger, serientauglicher Herstellungsprozess entwickelt werden. Nur dann können Patienten zukünftig von den Möglichkeiten profitieren, die sich durch die Fortschritte in der Mikroelektronik realisieren lassen.

Mikrochip in der Folie eingebettet

In diesem Zusammenhang spielt die Weißlicht-Interferometrie bei den Stuttgarter Entwicklern eine wichtige Rolle. Denn nur mit ihrer Hilfe lässt sich die Oberfläche der flexiblen Hybridelektronik flächendeckend und berührungslos überprüfen. Die Aufgabenstellung ist sehr anspruchsvoll, denn die Oberfläche und deren Beschichtung haben große Auswirkungen auf die Funktionsfähigkeit der Hybride und dürfen durch Messungen nicht beschädigt werden. Die flexiblen elektronischen Systeme integrieren Standard-ICs, die für die Anwendung entsprechend gedünnt werden, sowie die komplette Anschlusstechnik.

Im Wafer-basierten Produktionsprozess werden die Chips auf eine Polyimidfolie gebettet, überschichtet und mit lithographischer Strukturierung verdrahtet. Zur Qualitätskontrolle müssen die feinen Strukturen des vierlagigen Aufbaus überprüft werden. Gleichzeitig tragen die Ergebnisse dazu bei, den Fertigungsprozess zu evaluieren und zu optimieren. „Taktile Verfahren sind dazu nicht geeignet“, erklärt Dr. Christine Harendt, Leiterin Geschäftsfeld Halbleiterintegration bei IMS Chips. „Die Information über die Oberfläche wird hier nur zweidimensional entlang eines Profils gewonnen.“

Die Stuttgarter Entwickler entschieden sich deshalb für ein modernes mikroskopbasiertes Weißlicht-Interferometer, das Polytec entwickelt hat, um sehr feine Strukturdetails zu erkennen. Die zusätzlich zur Höhenmessung gelieferte Farbinformation (RGB) vom Messobjekt vereinfacht dabei die Fehlerzuordnung. Das mikroskopbasierte Weißlicht-Interferometer bietet dafür motorisierte X-, Y- und Z-Achsen mit einem Verfahrbereich von 200 x 200 x 100 mm sowie einen ebenfalls motorisierten Objektivrevolver und eine motorisierte Kippplattform (Neigetisch).

Bei der beschriebenen Anwendung sind vier Objektive im Einsatz. Die Prüfabläufe können dadurch automatisiert nach bestimmten Rezepten ablaufen. „Wir können so an vielen Stellen die Oberfläche sehr präzise messen und bekommen per Stitching-Verfahren dann eine genaue Gesamtübersicht“, ergänzt Harendt. Dabei überzeugte die Entwickler der Hybridelektronik nicht nur die hohe Messdatenqualität, sondern auch die partnerschaftliche Kooperation mit den Spezialisten aus Waldbronn.

Modulare Software, individuell anpassbar

Durch die Exportmöglichkeiten können die 3D-Messdaten der Weißlicht-Interferometer anschließend mit jeder geeigneten Auswerte-Software bearbeitet werden. Besonders einfach und praxisgerecht geht das mit der speziell für diese Polytec-Topografie-Messsysteme entwickelten TMS Software, die zahlreiche Möglichkeiten bietet, um die Mess­ergebnisse zügig und ISO-konform auszuwerten. Messrezepte beispielsweise erleichtern Routineaufgaben. Hier lassen sich die Einstellungen für die Datenaufnahme (zum Beispiel Messposition, Beleuchtungseinstellungen, Kameraparameter) zusammen mit Auswerteparametern (zum Beispiel Nachbearbeitungsschritte, Visualisierungs- oder Exportmöglichkeiten) für spezielle Mess­aufgaben definieren und abspeichern. Das spart besonders im Produktionsumfeld Zeit und vermeidet Bedienfehler.

Zudem lässt sich die Software durch die gute Dokumentation, ihre offene Struktur und den modularen Aufbau auch individuell modifizieren. Harendt ergänzt: „Wir haben die Software so angepasst, dass wir jetzt auf den Wafern routinemäßig die gleichen Messpositionen anfahren und vermessen können, wie es in einer Serienproduktion bei der Prozesskontrolle nötig ist. Die offene Software-Struktur und die gute Zusammenarbeit mit Polytec haben uns das ermöglicht.“ Auch die Benutzeroberfläche konnten die Stuttgarter dadurch selbst an ihre Bedürfnisse anpassen. „Dadurch bleibt internes Wissen im Unternehmen und wir können flexibel reagieren, wenn sich die Anforderungen verändern“, erläutert Harendt.

Zahlreiche Anwendungsbereiche in der Elektronik- und Halbleiterfertigung

Die vielseitig einsetzbaren Oberflächenmesssysteme eignen sich genauso gut für zahlreiche weitere Aufgabenstellungen in der Mikro- und Nanotechnologie. So lassen sich beispielsweise Kanaltiefen auf einem Lab-on-a-Chip zuverlässig, hochgenau und schnell auswerten, die Stufenhöhe beim Mems-Packaging bestimmen, Ebenheiten von Drucksensoren ermitteln oder MEMSanhand von Oberflächenparametern analysieren.

Darüber hinaus gibt es konstruktive Variationsmöglichkeiten. So kann die Probenhöhe bis auf 370 mm gemessen werden und bei Bedarf lässt sich der Messkopf auch separat in einer Fertigungslinie integrieren. Mit der Autofokus-Funktion und automatischem Fokus-Tracker hat das Messsystem das Objekt oder die Probe immer im Blick. Der Prüfling bleibt immer im Fokus, auch bei variierenden Objektpositionen. In rauer Fertigungsumgebung kann die optionale, patentierte Environmental-Compensation-Technologie (ECT) Umwelteinflüsse automatisch kompensieren.

Autoren
Özgür Tan, Strategisches Produktmarketing
Ellen-Christine Reiff, Redaktionsbüro Stutensee

Kontakt

Polytec GmbH

Polytec-Platz 1-7
76337 Waldbronn
Deutschland

+49 7243 604 0
+49 7243 69944

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