Grundlagen

TSN-Standard und Feldbus

19.01.2021 - Der neue TSN-Standard stellt eine Erweiterung des bestehenden Ethernet-Standards in Richtung deterministische Datentransfers dar und bietet damit auf der Transportebene den Hauptbaustein für die Konvergenz von IT und OT.

Echtes IIoT basierend auf Ethernet-Protocol-Standards rückt somit für viele Unternehmen in greifbare Nähe. Wir stellen TSN vor.

Im Zuge der fortschreitenden Virtualisierung von Rechnerarchitekturen und Speicherkapazitäten und der Verteilung von Funktionalitäten über lokale Netzwerke ist Echtzeitfähigkeit in industriellen Anlagen auch oberhalb der traditionellen Feldebene alternativlos. Der neue TSN-Standard stellt eine Erweiterung des bestehenden Ethernet-Standards in Richtung deterministischer Datentransfers („Echtzeitfähigkeit“) dar und bietet damit auf der Transportebene den Hauptbaustein für die Konvergenz von Information Technology (IT) und Operational Technology (OT). Die Industrie beschäftigt sich intensiv mit diesem neuen Standard. Mit den IEEE 802.1 TSN-Spezifikationen wurden erste finale Definitionen ausgearbeitet – wie Timing und Synchronisation, Time Aware Traffic Scheduling, Frame Preemption, Seamless Redundancy, Network Configuration und weitere. Es lässt sich bereits sagen, dass TSN - dank garantierter Latenz und Quality of Service (QoS) - alle Anforderungen erfüllt, um den bestehenden Feldbussen ernsthaft Konkurrenz zu machen und sie mittelfristig sogar zu ersetzen. Damit wird echtes IIoT bzw. Industrie 4.0 basierend auf Ethernet-Protocol-Standards möglich. Komplette Industrielösungen sind heute schon marktfähig implementierbar.

Eine Zeitenwende

Mit der Digitalisierung - Stichworte „Industrie 4.0“ und „Industrial Internet of Things“ (IIoT) - geht eine Zeitenwende einher: Die heute bestehende Abgrenzung zwischen IT und OT muss weichen. Nur so können in Produktionsprozessen zukünftig Leistung, Kosten und Verwaltbarkeit der Infrastruktur gewährleistet werden. Verantwortlich für den unaufhaltsamen Trend sind unter anderem Technologien wie Cloud Computing und die rasche Weiterentwicklung von Embedded Systemen zu IoT-Devices. Ganz entscheidend für den Weg in die Zukunft ist der Ethernet-Standard IEEE 802.1 TSN (Time Sensitive Networking), der auch bei hohem Datenaufkommen deterministische Datenströme mit hoher Verfügbarkeit parallel zu der weniger zeitkritischen IT-Datenkommunikation auf demselben Netzwerk ermöglicht. In diesem Zusammenhang ist auch der plattformunabhängige Interoperabilitäts-Standard OPC UA (Open Platform Communications – Unified Architecture) zu erwähnen, der sich derzeit gemeinsam mit TSN rasant durchsetzt.
Um Standards zu etablieren, braucht es aber auch Player auf Hersteller- und Anwenderseite, die mit aller Kraft daran arbeiten, den Markt dafür vorzubereiten. Die großen IT-Anbieter, allen voran Microsoft mit seinem Cloud-Angebot „Azure IoT Edge“, drängen immer weiter an die Basis der Automatisierungspyramide vor. Kontron hat sich deshalb entschlossen, viele seiner Embedded PCs und Workstations - teilweise auch als Embedded Server - für das Fog- und Edge-Computing für Microsoft Azure zertifizieren zu lassen. Auf der Seite der Standards setzt Kontron gemeinsam mit vielen anderen etablierten Playern auch auf OPC UA und TSN.

Plattformunabhängigkeit dank OPC UA

Der globale OPC UA Interoperability Standard ermöglicht den nahtlosen, sicheren und zuverlässigen Informationsfluss zwischen Geräten mehrerer Hersteller und trägt damit ebenfalls entscheidend zur Konvergenz der industriellen Infrastrukturen bei. Mit OPC UA werden die neuen Herausforderungen an Sicherheit, Datenmodellierung, Skalierbarkeit und Erweiterbarkeit optimal adressiert.
Der OPC Foundation, die den OPC UA Standard weiterentwickelt und definiert, gehören mittlerweile mehr als 550 renommierte Unternehmen und Organisationen an (Stand Dez. 2017). Darunter neben Fertigungsunternehmern und Zulieferern auch Technologieanbieter wie Kontron. Der Standard ist deshalb so bedeutend, weil er geräte- und betriebssystemunabhängig die Verbindung zwischen der Feldebene und der IT-Ebene herstellen kann. Um sicherzugehen, dass er erfolgreich wird, hat Microsoft die Implementierung der entsprechenden Spezifikation als Open-Source-Software öffentlich gemacht. Anders als die Vorgängerversion, die nur auf Windows lauffähig ist, unterstützt sie praktisch jedes gängige Betriebssystem.
Mit TSN und OPC UA unterstützt Kontron die beiden wesentlichen Standards, die für das rasche Zusammenwachsen von OT und IT notwendig sind.

Der TSN Baukasten

Die Sammlung von Standards unter dem Label TSN ist als Baukasten zu sehen, der Funktionen für verschiedenste Anwendungen von Automotive über Audio/Video bis hin zu Industrial Automation enthält. Das bedeutet, dass der Anwender nicht auf die Fertigstellung weiterer Standards, die für ihn nicht relevant sind, warten muss, sondern er kann bereits die für seine Anwendung vorhandenen Features nutzen. Die Spezifikationen für die wichtigsten Standards, die industrielle Anwendungen unterstützen, sind heute entweder bereits „published“ oder werden bis Mitte 2018 soweit sein.
Auf Basis der schon verfügbaren Standards sind komplette Industrielösungen bereits marktfähig implementierbar. Für die zentrale Bereitstellung in größeren Netze wird mit Hochdruck an entsprechenden Tools gearbeitet. Für das Jahr 2018 sehen viele Hersteller die Implementierung von TSN und entsprechende Interoperabilitäts-Tests vor.
Damit die Zeitenwende in Richtung Digitalisierung gelingt, kommen für den Anwender idealerweise Hardware und vorintegrierte Cloud-Lösungen, beispielsweise für Microsoft Azure IoT-Edge Services, sowie weitere Software, Services und Beratungsleistungen aus einem Haus. Kontron profitiert hier von dem Verbund mit der S&T Unternehmensgruppe. Eine Tochter des Technologiekonzerns, die S&T Technologies GmbH mit Sitz in Linz, bringt mit erweiterten Ressourcen und einem zusätzlichen Standort in Augsburg wichtiges Software- und Consulting-Know-how für den Aufbau von IoT-Szenarien von der Edge bis zur Cloud mit. Eine zentrale Komponente dabei ist die neue IoT-Plattform SUSiEtec. Im Umfeld von Industrie 4.0 löst SUSiEtec die bisherigen Grenzen zwischen Datenerzeugung, Datenverarbeitung und Datenbereitstellung auf und ermöglicht damit die Verschmelzung von IT und OT. SUSiEtec ist flexibel konfigurierbar und wird individuell auf die jeweilige Automatisierungslösung angepasst. Steuerungs- und Sensordaten können damit vor Ort in der On-Premise Embedded Cloud gesammelt und analysiert werden. Damit wird auch dem immer weiter steigenden Bedarf an Bandbreite und Speicherkapazität der Cloud begegnet.

Echtzeitfähig mit der Kontron TSN-Netzwerkkarte

Die Spezifikationen des TSN-Standards sorgen dafür, dass Datenpakete garantiert zeitgerecht und hoch verfügbar zugestellt werden. Mit der Standard-PCI Express-Netzwerkkarte für TSN von Kontron einschließlich der dazugehörigen Netzwerk- und Switch-Treiber für Linux können Industriecomputer mit einem redundanten Ring-, Linien-, Daisy-Chain- oder sternförmigen TSN-Netzwerk verbunden werden. Die TSN-Netzwerkkarte umfasst einen integrierten Switch für redundante Netzwerke mit zwei oder vier externen GbE Ports und Anbindung an den Host Computer via PCI Express. Im FPGA lassen sich zukünftige Erweiterungen der TSN-Spezifikation durch Software-Updates integrieren. Die TSN-Netzwerkkarte ist für raue Industrieumgebungen entwickelt und kann im industriellen Temperaturbereich von -40 bis +85 Grad Celsius betrieben werden.
Bei der Kontron Lösung werden Genauigkeiten von unter 100ns für die Clock Synchronisation zwischen Kontron Netzwerkelementen erreicht. Paket-Jitter-Werte liegen typisch im Bereich von unter 1usec. Paketlängenabhängige Latenzzeiten liegen bei den TSN-Switches um die 2,5us (64 Byte Pakete). Mit diesen Eigenschaften sind sehr viele Anwendungen auch auf der Feldebene schon gut abgedeckt. Parallel wird an Lösungen gearbeitet, die den neuen OPC-UA pub/sub Standard mit Real- Time-Möglichkeiten über TSN erweitern. Hierbei werden die TSN-Switches ggf. im „cut through mode“ für minimale Latenz betrieben. Diese Vorgehensweise kann auch höchste Anforderungen in der Steuerungstechnik erfüllen.
Mit der Kontron TSN-Netzwerkkarte lassen sich beispielsweise die Kontron Box PCs (KBox C-Serie), 19-Zoll-Server (ZINC 19 2U/4U), Embedded Server (ZINC CUBE C232) und Workstations (HPW 410) problemlos erweitern. Grundsätzlich ist sie jedoch herstellerunabhängig einsetzbar und wird mit Private Labeling angeboten, so dass Maschinenhersteller, Automatisierer und Systemintegratoren die TSN-Karte unter ihrem Markennamen in ihre Geräte einbauen und damit ihren Kunden Time-to-market Vorteile für die Integration in TSN-Netze ermöglichen können.

Einstieg ins Time Sensitive Networking leicht gemacht

Die TSN-Netzwerkkarte ist auch Teil des TSN-Starterkits von Kontron, das auf der diesjährigen embedded world vorgestellt wurde und seit April 2018 erhältlich ist. Es umfasst den Industriecomputer (Embedded Box PC), die Kontron KBox C-102 mit integrierter TSN-Netzwerkkarte sowie die entsprechende Software für Linux, Kabel und eine entsprechende Anleitung. Damit können Unternehmen eine nahtlose Verbindung zwischen der Feldebene, OT und IT herstellen und Erfahrungen mit der Konfiguration und dem Betrieb von TSN Netzen sammeln.

Kontakt

Kontron Europe GmbH

Gutenbergstraße 2
85737 Ismaning
Deutschland

+ 49 821 4086 0
+49 821 4086 111

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