Phoenix Contact: Innovation & Automation waren die Themen des Innovationskongress in Bad Pyrmont
01.09.2013 -
Am 3. April fand in Bad Pyrmont der erste Innovationskongress bei Phoenix Contact Electronics statt. Ein Kongress ist laut Wikipedia dadurch definiert, dass er mehrere Tage andauert, um ein Thema von allen Seiten zu beleuchten. Trotz der Tatsache, dass dieser Kongress nur knapp vier Stunden dauerte, wurden die Themen Innovation & Automation ausgiebig vorgestellt.
„Wir glauben daran, dass man in Deutschland wettbewerbsfähig produzieren kann“ so Roland Bent, Geschäftsführer Phoenix Contact, in seiner Begrüßung der knapp 170 Teilnehmern des 1. Innovationskongresses von Phoenix Contact. Ziel der Veranstaltung am 3. April in Bad Pyrmont sei es, Anregungen und Diskussionen für den Innovationsstandort Deutschland zu entfachen.
So monierte Friedhelm Loh, Geschäftsführender Gesellschafter der Friedhelm Loh Group und Präsident des ZVEI gleich zu Anfang: „Wir reden zu oft, zu gut über andere Länder und zu selten und zu schlecht über unser Land.“ Deutschland stellt 1,2 % der Weltbevölkerung und hat einen Weltmarkthandelsanteil von knapp 10 %.
Pro Jahr werden in Deutschland 60.000 Patente angemeldet, davon ca. 30 % aus den Bereichen Elektrik/Elektronik. „Wir sollten aufhören unser Licht unter den Scheffel zu stellen. Wir sind spitze!“.
Automatisierungstechnik der Zukunft
Prof. Dr. Klaus Wucherer, Mitglied des Zentralvorstand der Siemens AG erläuterte in seinem Vortrag über die „Automatisierungstechnik der Zukunft“ zuerst die Unterschiede der globalen Automatisierungsmärkte. Während diese in Europa und Amerika vorwiegend durch die Performance der Technik getrieben sind (Stichwort Total cost of ownership) stehen bei den asiatischen Märkten derzeit klar die reinen Produktionskosten im Vordergrund.
Als technischen Trend sehe er langfristig in den nächsten zehn Jahren das Konvergieren des integrierten Designs für Mechanik, Automatisierung und Steuerung auf einer Plattform. Weitere Trends seien bedruckte Polymerelektronik, die es ermögliche für RFID-Anwendungen Polymerchips für ein bis zwei Cent herzustellen, die Mikrotechnik, wie z. B. die μ-Prozess-Analytik mit miniaturisierten Gaschromatographen für die Prozesskontrolle und Steuerung sowie die intelligente Vernetzung von Produktion und Logistik.
Das Thema Energieeffizienz und regenerative Energien stand im Mittelpunkt des Vortrages von Dr. Joachim Schneider, Mitglied des Vorstands ABB AG Deutschland. Er betonte, dass z. B. durch den Einsatz von Frequenzumrichtern bei Antrieben ca. 15 % an Energie eingespart werden könne. Weitere Einsparpotentiale sehe er in der intelligenten Gebäudetechnik.
Anspruchsvolle Aufgaben erwarte alle Firmen der Branche. So mussten völlig neue Techniken entwickelt werden, um die Energie von Offshore- Windparks zu übertragen, die derzeit in der Nordsee 120 km entfernt von der Küste geplant sind. Arne Lakeit, Leiter Gesamtplanung Audi AG, Ingolstadt betonte in seinem Vortrag „Herausforderungen in der Automobilproduktion – Anforderungen an die Automation der Zukunft“ folgende Problematik: die Anzahl der Derivate (= Autotypen) steige, während die Kosten und Fertigungszeiten pro Auto zu sinken haben.
Heute müsse eine Umstellung auf neue Modelle praktisch im laufenden Betrieb erfolgen. Daher erleichtern technische Standards und herstellerneutrale Kommunikationsprotokolle wie z. B. ProfiNet den schnellen Austausch. Für ihn eindeutige Trends sind die Verlagerung der Steuerungsintelligenz in die Feldebene sowie virtuelle Inbetriebnahmen, die extrem kurze reale Inbetriebnahmezeiten ermöglichen. Klare Forderung an die Hersteller sei der Reifegrad von Software bei der Auslieferung zu verbessern. Software muss vorab genauso getestet sein, wie heutzutage Hardware.
Horizontale Kooperationen als Erfolgsmodell für den Mittelstand
„Wenn ich schnell genug bin, kann ich es mir leisten kopiert zu werden“, so Dr. Gunther Kegel, Vorsitzender der Geschäftführung Pepperl+Fuchs. Wie es dem Mittelstand gelingen kann, sich diesem Innovationsdruck zu stellen und welche Rolle Innovationsnetzwerke dabei spielen, war Thema seines Vortrages. Kooperation ermöglichen es, Resourcen und Know-how zu addieren, die Entwicklungskosten aufzuteilen, die Kommunikation an die Anwender über die Presse bzw. das Internet zu vergrößern und bereits vorab eine Interoperabillität sicherzustellen und somit auch die Akzeptanz beim Anwender. Wichtig ist aber, dass man vorher die Spielregeln, mit denen man miteinander umgeht, genau festlegt.
Ein hervorragendes Beispiel für eine horizontale Kooperation, d.h. eine Kooperation mit den direkten Wettbewerben, sei seinerzeit der Interbus-Club gewesen. Dort habe Phoenix Contact sein geistiges Eigentum Interbus an die Clubmitglieder übertragen und so auf einer breiten Basis für den Erfolg des Interbus gesorgt. Ähnlich gehe man derzeit bei Pactware vor.
Man sollte sich aber auch vorab über die möglichen Probleme solcher Kooperationen Gedanken machen, denn eine spätere Rücknahme des eigenen geistigen Eigentums ist nicht möglich. Klare Vorteile solcher Modelle sind, dass man die eigenen Resourcen zielgerichtet auf die eigenen Kernkompetenzen legen kann.
Vom Kirchturm in die Welt
Was passiert, wenn man Forschung und Entwicklung (F&E) nicht nur am Standort Deutschland beitreibe, sondern auch die eigenen ausländischen Tochtergesellschaften mit einbeziehe, beschrieb Roland Bent in seinem Vortrag „Innovationskompetenz globalisieren - Know-how drain oder Standortstärkung“ Seine Antwort fiel deutlich aus: „Die Produktion in Weltmärkten reicht nicht, F&E ist auch nötig“.
Erfolgsfaktoren einer Firma seien heute die schnelle Reaktion auf international unterschiedliche Trends sowie eine weltweite hohe Markt- und Kundennähe. Wer für den Weltmarkt produzieren will, muss den Weltmarkt auch verstehen, was aus der Distanz nicht möglich ist, d.h. weltweite Wissensnetzwerke sind nötig.
Bent betont, dass der Erfolg aber abhängig sei, von der Akzeptanz der eigenen Mitarbeiter, der Unternehmenskultur, der eigenen Marke sowie weltweit standardisierter Prozesse. Statt „Made in Germany“ stehe zukünftig „Made by Phoenix“ im Vordergrund.