Automatisierung

Lineareinheiten bewegen Fußgängerattrappen

11.06.2015 -

Ein Fußgänger überquert die Straße, plötzlich quietschen Bremsen: Das herannahende Auto hat er übersehen. Um in solchen Situationen Unfälle zu vermeiden, sind Ingenieure dabei, Fußgängerschutzsysteme für Fahrzeuge zu entwickeln. Um diese zu testen, verfährt eine Linearachse Fußgängerattrappen und simuliert so unvorsichtige Passanten.

Um eine Schnittstelle zwischen Wirtschaft und Forschung zu schaffen, gründete die Hochschule Aschaffenburg das Zentrum für Wissenschaftliche Services und Transfer (Zewis). Dort leitet Prof. Klaus Zindler das Kompetenzzentrum für Fahrzeugregel- und Fahrzeugsicherheitssysteme namens Competent Control. Vorrausschauende und selbsttätig agierenden Fahrzeugsicherheits- und Fußgängerschutzsystemen stehen dort im Mittelpunkt – also Systeme, die sicherheitskritische Verkehrssituationen frühzeitig erkennen und automatisch Maßnahmen einleiten, um Unfälle zu vermeiden. Die Wissenschaft steht bei der Erprobung dieser komplexen Systeme allerdings noch am Anfang, denn zunächst müssen erst einmal die passenden Testanlagen entstehen.

Simulation von Unfällen
Im Rahmen seiner Masterarbeit entwickelte Mechatronik-Student Andreas Blank eine elektrisch angetriebene Testvorrichtung, mittels der sich mobile Fußgängerattrappen führen lassen. Denn bei Fahrzeugsicherheits-Versuchen muss sich eine Unfallsituation nachstellen lassen, die im Straßenverkehr häufig vorkommt: Ein Fußgänger überquert die Straße, ohne ein sich näherndes Fahrzeug zu beachten. Die Testanlage muss dabei gewährleisten, dass die Bewegungen eines Fußgängers realistisch abgebildet werden. Gleichzeitig sollten sich möglichst viele Szenarien nachstellen lassen – schließlich bewegen sich nicht alle Menschen gleich schnell. Die Attrappe muss also flexibel beschleunigt und in Abhängigkeit von der Fahrzeugbewegung zeitgenau positioniert werden können. Zudem müssen alle verbauten Komponenten stabil genug sein, um eine geplante Kollision unbeschadet zu überstehen.

Witterungsbeständige Linearachse
Entstanden ist folgende Testvorrichtung: eine Anlage in Portalbauweise inklusive einer Schwenkvorrichtung für eine hängende Schaumstoffattrappe. Ein positionsgeregelter Synchronmotor bewegt die Attrappe zielgenau, eine integrierte Rotationsbremse verhindert kollisionsbedingte Schäden am Fahrzeug. Eine Linearachse mit Zahnriemenantrieb – das Modell ELM 80 SP von Rollon – ermöglicht zudem die dynamische Positionierung der Fußgängerattrappe. Bei der Auswahl der richtigen Linearachse wurde Andreas Blank von der Firma Rollon unterstützt und konnte sich mit Fragen jederzeit an seinen Ansprechpartner wenden.
Die Linearachse musste vielfältige Anforderungen erfüllen: Bei einer Hublänge von maximal 11 Metern sollte sie eine maximale Geschwindigkeit von 5 m/s (18 km/h) und eine Beschleunigung von mindestens 5 m/s² ermöglichen – diese Werte gestatten die realistische Nachstellung eines rennenden Fußgängers.

Wichtig war zudem die hochpräzise Ausrichtung des Schlittens, wobei die Positioniergenauigkeit des Attrappen-Schwerpunktes bei ±2 cm liegen sollte. Außerdem musste eine ausreichende Stabilität gegenüber Krafteinwirkungen gegeben sein, und ein häufiger Transport der Testvorrichtung sollte der Linearachse nichts anhaben können. In enger Abstimmung mit Rollon wählte Andreas Blank die ELM 80 SP – eine Lineareinheit, die alle genannten Anforderungen erfüllt. Für den Ingenieur war letzten Endes die Witterungsbeständigkeit des Produkts ausschlaggebend: „Im Vergleich mit anderen Herstellern war die ELM 80 SP die einzige korrosionsbeständige Achse, die sich zusätzlich mit einer Bandabdeckung ausstatten ließ. Da die Testeinrichtung dauerhaft im Außenbereich verwendet und gelagert wird, stellt das einen immensen Vorteil dar.“

Zuverlässig, robust und kompakt
„Linear-Einheiten der Serie ELM sind in diversen Größen erhältlich und ermöglichen so eine ideale Auswahl in Bezug auf Masse, Geschwindigkeit und Beschleunigung“, erklärt Thilo Deutsch, der bei Rollon für den Bereich Linearachsen zuständig ist. Der Antrieb erfolgt durch einen stahlverstärkten Zahnriemen aus Polyurethan mit AT-Zahnprofil. „Das hat sich in Bezug auf zulässige Antriebsmomente, Kompaktheit und Geräuschentwicklung als die zweckmäßigste Option erwiesen“, so Deutsch. Die Kombination mit Nullspiel-Zahnriemenscheiben ermöglicht Wechselbelastungen ohne Umkehrspiel. Durch Ausnutzung der maximalen Zahnriemenbreite und Einstellung einer optimalen Vorspannung des Riemens lassen sich hohe Verfahrgeschwindigkeiten bei gleichzeitiger Geräuscharmut erreichen. Der bereits erwähnte Abdeckriemen aus Polyurethan schützt alle im Inneren befindlichen mechanischen Komponenten vor Staub und Fremdkörpern. Für eine möglichst geringe Reibung wird der Abdeckriemen durch Kugellager geführt, die sich im Innern des Laufwagens befinden.

Belastbares Kugelumlauf-Führungssystem
„Für die Testvorrichtung rieten wir Andreas Blank zu einer ELM 80 in einer Kugelumlauf-Ausführung, für die auch hohe Belastungen kein Problem darstellen“, berichtet Thilo Deutsch. Die Linearführung wird dabei in der dafür vorgesehenen Nut des Aluminium-Profils befestigt. Der Laufwagen wird auf zwei vorgespannte Linearführungswagen montiert. Aufgrund der vier Kugelreihen, die sich in jedem Kugelumlaufwagen befinden, kann das Linearführungssystem hohe Kräfte aus allen Richtungen aufnehmen. Die Linearführungswagen sind zum Schutz gegen das Eindringen von Schmutz allseitig mit Abstreifern versehen. Eine integrierte Kugelkette sorgt dafür, dass die Wälzkörper während ihrer Bewegung durch den Linearführungswagen in Abstand zueinander gehalten und in den Laufbahnen geführt werden. An den Stirnseiten der Linearführungswagen sind Schmierstoffreservoirs angebracht.

So ausgerüstet, unterstützt die Linearführung hohe Geschwindigkeiten, Beschleunigungen und Tragzahlen und garantiert Geräuscharmut, geringen Wartungsaufwand und eine hohe Lebensdauer.
Sowohl die ELM 80 SP als auch die Testanlage selbst hat sich bereits bewährt: Kurz nach der Fertigstellung wurde die Vorrichtung erstmals auf dem Opel-Testgelände in Dudenhofen eingesetzt. Eine schöne Bestätigung für den jungen Ingenieur, der sich nach erfolgreichem Abschluss seines ehrgeizigen Projekts inzwischen Master of Engineering nennen darf.
 

Kontakt

Rollon GmbH

Bonner Straße 317-319
40589 Düsseldorf

+49 211 95 747 0
+49 211 95 747 100

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