Peter Hoser, Vice President Product Center Boards bei Kontron, im Interview
24.06.2020 -
Kontron hat mit der Übernahme des Mainboard-Geschäfts von Fujitsu sein Embedded-Motherboard-Geschäft auch um Zielgruppen erweitert, die Wert auf ein gutes Preis-Leistung-Verhältnis hinsichtlich Grafik-Performance legen. Dazu zählen auch Anbieter von Casino-Gaming Systemen und medizinischen Displays, Thin Clients und Industrie-PCs beispielsweise. Peter Hoser, ehemaliger Director Mainboard Sales bei Fujitsu und heutiger Vice President Product Center Boards bei Kontron, spricht über den Fortschritt der Integration, die Motherboard-Strategie von Kontron und das neue industrielle Mini-ITX Board.
Wie ist die Integration des Industrie-Mainboard-Geschäfts von Fujitsu bei Kontron bisher geglückt?
Peter Hoser: Es ist sehr erfreulich, auch für langjährige Kunden von Fujitsu, dass Kontron das erfolgreiche Industrie-Mainboard-Geschäft von Fujitsu fortführt. Kontron führt das Geschäft auf dem hohen Niveau an Expertise und Fertigkeiten fort, wie es die Kunden kennen und wertschätzen. Die Integration läuft in allen Bereichen, wie Vertrieb, Einkauf und Produktion, auf Hochtouren. Die Übergabe des operativen Geschäfts erfolgte ohne jegliche Lieferengpässe. Nun folgen die Integration der Entwicklung und die Verlagerung der Produktion der Motherboards. In der Zwischenzeit wurden neue Produkte auf den Markt gebracht. Unser Highlight: ein auf dem AMD Ryzen Embedded V1000/R1000 basiertes Mini-ITX Motherboard.
Wie sieht es mit dem Kundensupport aus?
Peter Hoser: Dort, wo die Abteilungen direkten Kontakt mit Kunden haben, wie Vertrieb, Support, Marketing und Produkt Management, bleiben die Ansprechpartner erhalten. Insgesamt glaube ich, dass die Embedded-Kunden von Fujitsu bei Kontron genauso gut, wenn nicht besser bedient werden.
Welche Belege haben Sie dafür?
Peter Hoser: Für Kontron hat der Vertrieb der Embedded Motherboards eine strategische Bedeutung. Bei Fujitsu diente das Geschäft primär dem Erhalt der Wirtschaftlichkeit der hausinternen Mainboard-Produktion und der synergetischen Nutzung des Produkt-Portfolios. Unterstützend kommt hinzu, dass Kontron die Motherboards „Designed by Fujitsu“ weiter in Deutschland fertigt. Die europäischen Kunden profitieren damit von kurzen Lieferzeiten, niedrigen Transportkosten und Support direkt vom Hersteller. Unser Support-Team hat direkten Zugriff auf Experten der Hardware- und BIOS-Entwicklung sowie die Produktion vor Ort.
Was zeichnet die ‚Made in Germany Qualität‘ aus?
Peter Hoser: Unsere Kunden bestätigen sowohl erhebliche Unterschiede in der Design- als auch in der Material- und Fertigungsqualität gegenüber rein asiatischen Anbietern. Die Design-Qualität profitiert von über 35 Jahren Know-how in der Entwicklung von Motherboards und Guidelines, welche größtenteils automatisiert im CAD-System für eine Design-Optimierung sorgen. Beim Material wird auf Bauteile von qualifizierten und auditierten Lieferanten gesetzt. Die Freigabe neuer Bauteile erfolgt erst nach einem strengen Qualifizierungs-Prozess. In der Fertigung setzen wir auf 100-prozentige automatische optische Kontrolle, elektrische In-Circuit-Tests mit Nadeladapter, Final Function Tests und visuelle Inspektion.
Die eigene Produktion mit einer Vielzahl erprobter Tools sorgt dafür, dass der Kunde von der Anpassung der Boards an die Systemumgebung und seine individuellen Anforderungen profitiert. Es ist unser eigenes und Kundeninteresse, dass Änderungen nur bei Notwendigkeit umgesetzt werden und eine Revisions-Stabilität gewahrt wird. Änderungen werden über ein Lifecycle-Management frühzeitig an die Kunden kommuniziert.
Nun sind die ersten neuen Kontron-Boards aus der Fujitsu-Roadmap verfügbar. Was zeichnet sie konkret aus?
Peter Hoser: Bei den D3713-Motherboards sind die neuen Prozessoren der AMD Ryzen Embedded V1000- und R1000-Series hervorzuheben. Mit ihrer Grafik-Performance sind sie mit die besten Lösungen, die der Embedded Markt zu bieten hat, mit einem äußerst attraktiven Preis-Leistungs-Verhältnis. Die TDP reicht von 12 bis 54 Watt, so dass die AMD Ryzen Embedded V1000- und R1000-Serie extrem skalierbar ist, von komplett passiv gekühlten Motherboards bis zu Systemen mit Kühllösungen.
Wie haben sich die Performancewerte der neuen AMD-Mikroarchitektur konkret verändert?
Peter Hoser: Die ‚Zen‘ Hochleistungs-Architektur von AMD bietet eine Verbesserung um 52 Prozent bei den Befehlen pro Taktzyklus und eine 200-prozentige Verbesserung von Durchsatz/Takt auf der GPU. Für den Embedded Computing Bereich interessant sind die AMD Ryzen V1000 Prozessoren und die AMD R1000 Prozessoren, die mit dreifacher Performance-pro-Watt gegenüber dem AMD R-Series SoC und vierfacher Performance-pro-Euro glänzen.
Wie unterscheiden sich die Anforderungen in den Zielmärkten?
Peter Hoser: Im Bereich Kiosk werden hohe Anforderungen an die robuste Auslegung gestellt. Interne Display-Anschlüsse wie LVDS/eDP sind stärker verbreitet als etwa im Bereich Digital Signage. Bis zu vier 4K-Bildschirme sind anzubinden, um neue innovative Signage-Applikationen umzusetzen oder mehrere virtuelle Digital Signage Player auf einem System zu integrieren. Bei Casino-Gambling- und Arcade-Systemen wird auf Premiumgrafik geachtet: 4K kommt in Verbindung mit ultrabrillanten Curved-Displays zum Einsatz. Für Gambling-Kunden interessant ist, dass man mit einer Mikroarchitektur vom High-End Einständer-Casino-System bis zum Low-End Videolotterie-Terminalsystem skalieren kann.
Kann man diese unterschiedlichen Märkte wirklich alle mit einem einzigen PCB-Design bedienen?
Peter Hoser: Unsere Spezifikation erfüllt die Anforderungen vieler Applikationen, wie beim neuen Kontron D3713-V/R Mini-ITX Motherboard. Dafür setzen wir etwa auf einen Weitbereichseingang von 8 bis 36 V, statt ATX-Netzteile zu unterstützen oder bieten über zwei flach bauende M.2 Steckplätze mit Key B und Key M flexible Storage- und Erweiterungs-Optionen. Wir unterstützen durch die gezielte Auswahl des LAN-Controllers unter anderem Time Sensitive Networking, was für Ethercat-Applikationen und für OPC-UA Implementierungen interessant ist. Wir bieten Dual-LAN onboard und mit 4x4K Display Port sowie einem Embedded Display-Port und einem Dual-Channel LVDS (24 bit) maximalen Grafiksupport. Unsere Boards sind hochwertig und interfacestark entwickelt. Sollten Kunden einzelne Interfaces nicht brauchen, können wir diese weglassen. Das Ziel ist eine umfassende Connectivity bei gleichzeitig hochskalierbaren Plattformen und kostenoptimierten Systemdesigns.
Und wenn Kunden bei aller Flexibilität doch mehr oder anderes onboard benötigen?
Peter Hoser: Das geht mit Erweiterungsoptionen. Wir schaffen beispielsweise über eine Risercard zusätzliche Connectivity für weitere LAN- oder USB-Schnittstellen. Zudem hat unser Mini-ITX-Board einen flexibel nutzbaren PCIe-Slot. Reicht all das nicht, ist ein individuelles Design möglich.
Ab wann werden die AMD-Ryzen-Embedded-Boards und -Systeme verfügbar sein?
Peter Hoser: Die Boards werden im 3. Quartal 2020 in Serie verfügbar sein. System-Bausätze basierend auf Gehäusekits werden dann ebenfalls vorgestellt und sind in Serie zeitgleich mit dem D3713 verfügbar.
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