Bildverarbeitung

Optische 3D-Messung von großen Bauteilen

Wie Strukturiertes Licht und Stereoaufnahmen neue Möglichkeiten in Qualitätsinspektion und Reverse-Engineering eröffnen

04.04.2016 -

Produktivität, Produkt-Qualität, Kosten und Flexibilität – an diesen Kenngrößen werden moderne Produktionsanlagen vor allem gemessen. Die verstärkte Automatisierung der Fertigung und Qualitätssicherung ist in vielen Branchen die Lösung. Insbesondere müssen Messsysteme zuverlässig, schnell, präzise und flexibel in der dreidimensionalen geometrischen Qualitäts-Inspektion und im Reverse-Engineering einsetzbar sein. Seit einiger Zeit hat sich die optische Messtechnik und die maschinelle Bildverarbeitung in diesen Bereichen etabliert, jedoch waren bislang solche Lösungen meist sehr komplex und auf bestimmte Anwendungsszenarien beschränkt.
In den folgenden Abschnitten erfahren Sie mehr über typische Anwendungen von Messsystemen in der industriellen Fertigung, technologische Ansätze zur optischen 3D-Messung sowie über die technischen und wirtschaftlichen Anforderungen an universell einsetzbare Messsysteme.
Abschließend möchten wir Ihnen eine Innovation vorstellen, die durch die Kombination der vorgestellten 3D-Messverfahren und eingebetteter Signalverarbeitung sehr einfach, zuverlässig und wirtschaftlich in verschiedenste anspruchsvolle Fertigungsabläufe integriert werden kann.

Typische Aufgabenstellungen in der industriellen Fertigung

Moderne Fertigungsanlagen müssen vor allem drei Anforderungen erfüllen: hohe Produktivität, hohe Produkt-Qualität und niedrige Anschaffungs- und Betriebskosten. Im Zeichen des globalen Megatrends der Individualisierung, bei der jeder Kunde am liebsten seine individuelle Produktvariante gefertigt haben möchte, kommt noch eine vierte Anforderung hinzu: hohe Flexibilität.
Viele industrielle Branchen, wie der Automobil-, Flugzeug- und Maschinenbau, setzen daher auf die Steigerung des Automationsgrades. Dabei wird nicht nur die Montage, sondern auch die Sicherung der Qualität automatisiert.
Zuweilen ist es einfacher, beispielsweise Blechteile für eine Fahrzeugkarosserie in eine vorgefertigte Form zu pressen und zu verschweißen, als anschließend zu überprüfen, ob die entstandene Baugruppe seinem eigenen meist dreidimensionalen CAD-Modell entspricht. Dennoch sollte diese notwendige Qualitätsinspektion nicht die Produktion verlangsamen.
Weitere Beispiele hierfür sind die Messung der Geometrie großer Getriebeteile sowie der Bündigkeit und Spaltmaße von Türen und Abdeckungen bei Autos und Flugzeugen. Doch nicht nur die Erzeugnisse von Spritzguss-, Biege-, Press-, Schneid- und Füge-Prozessen müssen geprüft werden. Ebenso bedarf es einer regelmäßigen Kontrolle der zugehörigen Werkzeuge auf Verschleiß und Defekte.
Jede der genannten Anwendungen bedürfen einer geometrischen Messung der Objekte in allen drei Dimensionen mit einer Präzision von nur einigen Mikrometern. Hierfür eignen sich zum Beispiel taktile Messverfahren. Optische Messverfahren erfüllen jedoch die hohen Anforderungen an Genauigkeit, Geschwindigkeit, Kosten und Flexibilität eines 3D-Messsystems für große Komponenten besonders gut. Darüber hinaus eignen sich optische Messsysteme auch zum präzisen Reverse Engineering.

Kurzeinführung in zwei Methoden der optischen 3D-Messung

Jede gewöhnliche Kamera nutzt einen zweidimensionalen Bildsensor, um dreidimensionale Szenen aufzunehmen. Dabei geht naturgemäß die Tiefeninformation verloren. Um dennoch mithilfe von solchen Kameras eine 3D-Messung vornehmen zu können, sind die zwei technischen Ansätze am gängigsten. Diese werden im Folgenden kurz erläutert.

Strukturiertes Licht

Bei der 3D-Messung mittels strukturiertem Licht macht man sich folgenden Effekt zu Nutze: Projiziert man ein beliebiges aber bekanntes Muster auf ein dreidimensionales Objekt, wird das Muster deformiert. Fällt also ein z.B. ein Muster aus geraden, parallelen Streifen auf ein rundes Objekt, entstehen Biegungen und Abstandänderungen auf der Objektoberfläche, die nun mit einer Kamera aufgenommen werden. Anhand dieser Deformationen des strukturierten Lichts unter Berücksichtigung des Winkels und des Abstands zwischen dem Projektor und der Kamera, lassen sich die Tiefeninformation aus einem zweidimensionalen Kamerabild berechnen (Abb. 2).

Stereo Vision

Diese Methode nutzt das gleiche Prinzip wie der Mensch: Zwei Augen bzw. Kameras und eine zentrale Verarbeitungseinheit (Abb. 3).
Nimmt man die selbe Szene gleichzeitig aus zwei unterschiedlichen Blickwinkeln auf, treten charakteristische Merkmale (z.B. Objekte) der Szene in den beiden Bildern leicht versetzt auf. Anhand dieses Versatzes lässt sich, unter Berücksichtigung des Abstandes und des Winkels der beiden Kameras die Position der Objekte im Raum berechnen.

Die Kombination beider Methoden

Die Methode des Stereo Vision funktioniert umso besser, je zahlreicher und charakteristischer die Merkmale eines Messobjektes sind. Speziell bei großflächigen, polierten oder gar lackierten Blechteilen kann das zum Problem werden. Projiziert man jedoch strukturiertes Licht auf die Oberfläche, findet der Stereo-Vision-Ansatz die Menge an korrespondierenden Punkten, die zur detaillierten 3D-Messung notwendig sind.
Bei komplexen Bauteilen kann es passieren, dass das strukturierte Licht auf einen Bereich fällt, der für die Kamera nicht sichtbar ist.
Hier ist es vorteilhaft, wenn eine zweite Kamera zur Verfügung steht, die aus einer anderen Richtung auf die Projektion blickt. Kombiniert man also beide 3D-Messmethoden, kompensieren sie gegenseitig ihre jeweiligen Schwachstellen.

Anforderungen an Messsysteme

Dieses Kapitel stellt die verschiedenen funktionalen Anforderungen an ein optisches 3D-Messsystem, auch 3D-Imager genannt, vor und zeigt auf, wie diese möglichst effektiv durch die Projektion von strukturiertem Licht in Kombination mit Stereo Vision erfüllt werden können.

Genauigkeit

Die erreichbare Präzision der vorgestellten optischen Messmethoden hängt insbesondere von der Auflösung der Kameras und des Projektors sowie von der optischen Qualität der Kamera- und Projektor-Objektive ab. Auch müssen die Kameras über ein besonders gutes Signal-Rauschverhältnis verfügen, um wiederholbar präzise Messergebnisse zu erhalten.
Je höher die Auflösung des Projektors ist, desto feinere Strukturen können auf zu messende Objekte projiziert werden und desto mehr Messpunkte kann der 3D-Imager mit einer Aufnahme liefern. Dementsprechend detailreicher ist das erzeugte 3D-Abbild des Messobjekts.
Da der Abstand und Winkel zwischen den einzelnen Kameras und dem Projektor entscheidend für die Berechnung der 3D-Koordinaten der Oberflächenpunkte ist, müssen diese sorgfältig kalibriert werden und anschließend konstant bleiben. Dies erfordert eine entsprechende mechanische Rigidität der Anordnung auch bei leichten Temperaturschwankungen, wie man sie beispielsweise durch den Einsatz von Komposit-Materialien erreicht.
Idealerweise sollte der 3D-Imager sogar seine eigene Messgenauigkeit selbst überwachen können. Möglich ist dies beispielsweise durch den Abgleich der Messergebnisse aus den Verfahren mittels strukturiertem Licht und Stereo Vision: Sollten die Messverfahren signifikant abweichende Werte liefern signalisiert dies etwaigen Bedarf an Wartung oder Reparatur.

Voraussetzungen für hohe Genauigkeit:

  • Hohe Auflösung von Kameras und Projektor
  • Sehr gutes Signal-Rauschverhältnis der Kameras
  • Geringe optische Verzeichnung der Objektive
  • Präzise Kalibrierung und rigides Gehäuse
  • Automatische Erkennung von zu hoher Messungenauigkeit

Robustheit gegen variable Beleuchtungsverhältnisse und Bauteiltextur

Optische Systeme brauchen ausreichend viel Licht und dies möglichst konstant. Dann können sie optimal darauf abgestimmt werden.
Die Umgebungsbedingungen in industriellen Fertigungsanlagen sind aber je nach Bereich sehr unterschiedlich und oft nicht konstant. Mal scheint die Sonne durch Fenster im Hallendach, mal finden in der Nähe der Messstation Schweißvorgänge statt. Das System muss also möglichst robust gegen Einflüsse von Umgebungslicht ausgelegt sein.
Die Methode des strukturierten Lichts funktioniert zudem umso besser, je kontrastreicher das strukturierte Licht auf der Objektoberfläche erscheint. Ähnlich verhält es sich im Falle des Stereo Vision: Auch hier müssen charakteristische Formen vorhanden sein, die sich in beiden Kamerabildern eindeutig einander zuordnen lassen. Bei Objekten mit stark reflektierenden Oberflächen ist dies oft schwierig.
Es hat sich herausgestellt, dass helles, blaues LED-Licht und entsprechende optische Filter auf den Kameraobjektiven die genannten Probleme hervorragend lösen.
Zudem müssen die Kameras vollautomatisch ihre Belichtungszeit an die Lichtstärke anpassen und über eine hohe Dynamik verfügen, um sowohl sehr helle als auch dunkle Bereiche eines Objektes kontrastreich aufnehmen zu können.

Voraussetzungen für hohe Robustheit bzgl. Beleuchtung und Textur:

  • Helles, schmalbandig blaues LED-Licht
  • Optische Farb-Filter vor den Kameras
  • Hohe Dynamik und automatische Belichtungssteuerung der Kameras

Geschwindigkeit

Je heller das Licht des Projektors ist, desto kürzer sind die Belichtungszeiten der Kameras. Dies wiederum erlaubt die zügige Bewegung des Messobjektes oder des 3D-Imagers während der Messung unter Beibehaltung der Genauigkeit.
Die Auflösung der Kamera und des Projektors sind auch für die Geschwindigkeit eines Messvorgangs entscheidend: Je größer das Projektionsfeld und das Kamerasichtfeld sind, umso größere Bereiche können auf einmal gemessen werden.
Neben der Bildaufnahme sind bei 3D-Imagern insbesondere die hochkomplexen und rechenintensiven Bildverarbeitungs-Algorithmen ein entscheidender Zeitfaktor. Jede der zahlreichen Bildaufnahmen pro Sekunde liefert tausende von 3D-Koordinaten. Die Ergebnisse aller Aufnahmen müssen anschließend zu einer Punktwolke mit Millionen von Koordinaten verrechnet werden.
Idealerweise übernehmen dedizierte Rechenbausteine, die auf derartige Rechenoperationen spezialisiert und in den 3D-Imager integriert sind, diese Aufgabe. Dies garantiert eine performante Berechnung mit einer Latenz von nur wenigen Sekunden und reduziert drastisch die Kosten für externe Computer.

Voraussetzungen für hohe Geschwindigkeit:

  • Helles Licht für kurze Belichtungszeiten
  • Große Projektions- und Sichtfelder
  • Integrierte Bildverarbeitung und Berechnung von 3D-Punktwolken

Flexible Einsetzbarkeit

In großen Fertigungsanlagen findet Qualitätssicherung an sehr vielen Stellen statt. Aus wirtschaftlichen Gesichtspunkten wäre es wünschenswert, wenn ein Messsystem einmal evaluiert, qualifiziert und dann in ganz verschiedenen Szenarien eingesetzt werden kann.
Von dem mobilen Einsatz auf einem Stativ zum Reverse Engineering bis zur fixen Montage über Drehtischen und dem Betrieb als Messkopf auf Roboterarmen – 3D-Imager sollten für all diese Szenarien einsetzbar sein. Dies lässt sich zum Beispiel über ein entsprechendes Gehäuse-Design mit variablen Montagemöglichkeiten und einer einfachen Austauschbarkeit der Objektive realisieren, um unterschiedliche Arbeitsabstände mit entsprechenden Projektions- und Sichtfeldern zu erhalten.
Geht es um die schnelle Messung besonders großer Bauteile, bietet es sich zudem an, mehrere 3D-Imager miteinander zu koppeln. Dies ist wiederum dann besonders einfach, wenn die Geräte die rechenintensiven Verarbeitungsschritte auf internen Prozessoren selbst ausführen und daher in der Peripherie gewöhnliche Steuerungshardware ausreicht. So lassen sich beliebige Bauteile mit verschiedensten Formen in nur einem Arbeitsgang scannen, was wiederum die Produktivität maßgeblich erhöht.
Zudem sollte es kostengünstiger sein, mehre-re vergleichsweise preiswerte 3D-Imager gleichzeitig zu betreiben, um die spezifische Form eines Messfeldes zu realisieren, als ein Spezialsystem für große Messobjekte anzuschaffen.

Voraussetzungen für den flexiblen Einsatz:

  • Verschiedene Montagemöglichkeiten am Gehäuse
  • Austauschbare Objektive für verschiedene Arbeitsabstände, Projektions- und Sichtfelder
  • Möglichkeit zur einfachen Koppelung mehrerer 3D-Imager

Einfache Benutzbarkeit

Ein weiterer Faktor für die Akzeptanz und für geringe Integrations- und Schulungskosten eines Messsystems ist seine einfache Integ-rierbarkeit und seine intuitive Bedienung.
Neben einem robusten Gehäuse und einfacher Verkabelung kommt es hier insbesondere auf eine intuitiv verständliche Benutzeroberfläche der Software und eine klar strukturierte und gut dokumentierte Schnittstelle (API) an.
Dank vorgefertigter Messroutinen sollte für die Umsetzung der meisten Anwendung lediglich eine Konfiguration des Messvorgangs über verständlich dargestellte Parameter möglich sein.

Voraussetzungen für die einfache Benutzbarkeit:

  • Robustes Gehäuse mit einfacher Verkabelung
  • Intuitive Benutzeroberfläche der Mess-Software
  • Zahlreiche vorgefertigte Messroutinen, die nur noch konfiguriert werden müssen
  • Klar strukturierte, gut dokumentierte Software-API

Zuverlässigkeit und Service

Qualitätssicherungssysteme sind heutzutage in der industriellen Produktion längst keine optionale Komponente mehr. Fallen sie aus, steht die Linie. Daher ist ihre hohe Zuverlässigkeit unabdingbare Voraussetzung.
Sowohl hochqualitative Kameras und Projektions-LEDs als auch die Rechenbausteine sind extrem langlebig. Daher können sich Nutzer von hochqualitativen 3D-Imagern über sehr lange Betriebszeiten und zuverlässige Funktionsweise freuen.
Während der Nutzer die geometrische Kalibrierung des Gerätes bei Bedarf selbst durchführen können sollte, ist es dennoch wesentlich, dass auch der Hersteller mittels lokaler Servicezentren kurze Reaktionszeiten im Falle von Wartungs- und Reparaturbedarf zusichern kann.

Voraussetzungen für Zuverlässigkeit und Service:

  • Einsatz hochqualitativer Elektronik-Komponenten
  • Selbst durchführbare Kalibration durch den Nutzer
  • Kurze Reaktionszeiten durch lokale Service-Zentren

Zusammenfassung und Lösung

Strukturiertes Licht und Stereo Vision sind zwei leistungsfähige Verfahren zur dreidimensionalen optischen Vermessung. Der international führende Messtechnik-Experte Faro hat diese beiden Verfahren inklusive einer leistungsstarken 3D-Signalverarbeitung in einem hochflexiblen Messsystem, dem Faro Cobalt 3D Imager, kombiniert. Innerhalb von Sekunden misst und verrechnet er mehrere Millionen 3D-Koordinaten von Bauteiloberflächen, unabhängig von Farbe, Textur, Reflektionsgrad und dem Umgebungslicht. Mit seiner Messgenauigkeit, seiner einfachen Integrier- und Benutzbarkeit und der branchenweit einzigartigen Möglichkeit, beliebig viele Cobalt 3D Imager zu einem Messsystem mit großem und individuell gestaltbaren Sichtfeld zusammenzuschließen, erfüllt er alle technischen und wirtschaftlichen Anforderungen an ein modernes Messsystem für die industrielle Fertigung. Dank seiner leicht zu benutzenden Software-API und seiner mechanischen Robustheit, ist er extrem einfach und kostengünstig in eine Produktionsstraße zu integrieren, sei es auf einem Stativ, einem Roboterarm oder mit einem automatisierten Drehteller. In jedes Detail des Cobalt 3D Imagers ist Faro’s jahrzehntelange Erfahrung mit industriellen Messtechnikanwendungen eingeflossen. All dies macht ihn zu einer idealen und dennoch kostengünstigen Lösung für die Qualitätsprüfung von Produkten sowie für das Reverse Engineering von Bauteilen oder Werkzeugen in der Automobil- und Flugzeugfertigung sowie im zukunftsorientierten Maschinen- und Anlagenbau.

Kontakt

Faro Europe GmbH & Co. KG

Lingwiesenstraße 11
70825 Korntal-Münchingen
Deutschland

+49 7150 9797-205

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