Technische Entwicklung in optischen Mess- und Prüfverfahren
Im Interview mit Nicholas D. James: Zukunftsorientierte Technologien in der industriellen Produktion
Bildverarbeitung und optische Messverfahren sind aus der modernen industriellen Produktion und aus Prüf- und Entwicklungslabors nicht mehr wegzudenken. Dementsprechend groß ist die Zahl der optischen Komponenten und Systeme, die dort verwendet werden. Das belegen die mehr als 26.500 Produkte, die Edmund Optics als weltweit agierender Hersteller und Anbieter von Komponenten aus dem Bereich Optik und Bildverarbeitung ab Lager und sofort verfügbar anbietet.
inspect: Der aktuelle Edmund Optics Katalog ist fast 500 Seiten stark und beinhaltet insgesamt 10 unterschiedliche Produktkategorien. Welche dieser Kategorien sind für Benutzer aus dem Bereich der industriellen Bildverarbeitung von besonderem Interesse?
N. D. James: Im Edmund Optics Katalog bieten wir eine Auswahl von rund 26.500 Produkten an, die ständig aktualisiert und den Bedürfnissen unserer Kunden und des Marktes angepasst wird. Der Großteil unserer Produkte kann in der industriellen Bildverarbeitung eingesetzt werden, besonders wichtig sind allerdings die Kategorien Objektive, Kameras, Beleuchtung und Testbilder. Werden hochvergrößernde Objektive benötigt, ist auch die Kategorie Mikroskopie interessant, in diesem Bereich werden auch häufig optische Komponenten wie Filter eingesetzt.
inspect: Sehr vereinfacht gesagt sind Beleuchtung, Optiken, Sensoren, Datenverarbeitung sowie die Datenausgabe die Hauptkomponenten von Bildverarbeitungssystemen. Lassen Sie uns über die Beleuchtung sprechen. Wie sehr hat die LED-Technik diese Anwendungen revolutioniert?
N. D. James: Mit Hilfe der LED-Technik kann der Benutzer einzelne Lichtwellenlängen auswählen und diese mit maximaler Intensität einsetzen. Zur Auswahl der gewünschten Wellenlänge wurde früher für gewöhnlich eine Breitband-Lichtquelle, z. B. eine Halogenlampe, gefiltert, allerdings ging dabei ein Großteil der Lichtintensität verloren. Heutzutage ist die Wellenlängenauswahl durch die LED-Technik um einiges einfacher. Wir bei Edmund Optics ermöglichen unseren Kunden, von dieser Technik mit LED-Produkten wie unseren faseroptischen LED-Beleuchtungsgeräten zu profitieren. Und wir stellen in der Tat fest, dass immer mehr unserer Kunden von Halogen- zu LED-Lichtquellen, einschließlich großflächiger LED-Hintergrundbeleuchtung, wechseln. Diese sind einfacher herzustellen und bieten eine homogenere Beleuchtungslösung zu signifikant niedrigeren Kosten.
inspect: Optiken kann man auch als die einzigen Bildverarbeitungssysteme bezeichnen, die in Echtzeit arbeiten. Was können optische Systeme heute leisten, das vor 10 Jahren noch nicht möglich war? Inwiefern haben sie sich verändert?
N. D. James: Mit dem Aufkommen von höher auflösenden Sensoren und kleineren Pixeln haben Optiken über die vergangenen 10 Jahre hinweg immer weiter an Bedeutung gewonnen. Früher war die Auflösung von bildgebenden Systemen in deutlich höherem Maße vom verwendeten Kamerasensor abhängig - heutzutage werden die Systemgrenzen hingegen immer häufiger durch die Wahl der Optik bestimmt. Die Abbildungsoptiken und Kamerasensoren müssen mittlerweile zusammen ausgewählt werden, da die Objektivwahl häufig die Systemleistung bestimmt. So können beispielsweise für Sicherheitssysteme entwickelte Optiken mit großem Arbeitsabstand keine ausreichend hohe Leistung erbringen, wenn sie in Kombination mit den heutigen Sensoren bei üblichen Arbeitsabständen für die industrielle Bildverarbeitung (< 2.000 mm) eingesetzt werden. Stattdessen müssen Optiken verwendet werden, die perfekt auf den Anwendungsbereich abgestimmt sind, z. B. die kompakten Techspec Objektive mit Festbrennweite von EO. Objektivhersteller sollten jedoch mehr als nur die Komponente liefern. Mit jeder Optik sollte außerdem die Modulationsübertragungsfunktion (MTF-Kurve) für den gewünschten Arbeitsabstand sowie den Wellenlängenbereich und die Blendenzahl zur Verfügung gestellt werden, sodass die unterschiedlichen anwendungsspezifischen Optionen verglichen werden können. Optiken sind für heutige Systeme von viel größerer Bedeutung - sie bestimmen die Qualität des Gesamtsystems. Die Leistung des gesamten Systems wird in Mitleidenschaft gezogen, wenn nicht die richtige Optik verwendet wird.
inspect: 3D-Bildverarbeitung ist die Technik der Zukunft. Welche technischen Lösungen und Produkte ermöglichen diese Entwicklung?
N. D. James: Die Bedeutung der 3D-Bildverarbeitung nimmt auf dem Markt für Inspektionssysteme auf jeden Fall immer weiter zu. Da eine Vielzahl von Anwendungen von ihr profitieren kann, findet die 3D-Bildverarbeitung langsam aber sicher ihren Platz auf dem Markt. Viele der optischen Komponenten, die üblicherweise in der 2D-Bildverarbeitung verwendet werden, funktionieren auch sehr gut in der 3D-Bildverarbeitung. Häufig können die gleichen Produkte sowohl in 2D-Systemen als auch in Systemen mit zwei Kameras und Objektiven bzw. für ein System in Kombination mit einer Laserlinie zum Abtasten verwendet werden. In Abhängigkeit von den systemspezifischen Anforderungen können ganz verschiedene Objektive den Bedürfnissen der jeweiligen Anwendungen gerecht werden, von kleinen, kostengünstigen Mikro-Videolinsen bis hin zu hochauflösenden Objektiven mit Festbrennweite. Fortschritte im Softwarebereich erleichtern den Übergang zu 3D-Systemen. Je schneller die Algorithmen und je bedienungsfreundlicher die Benutzeroberflächen werden, desto einfacher wird es 3D-Systeme einzuführen.
inspect: Dass die Bildverarbeitung immer mehr in die automatisierte Produktion einbezogen wird, ist nicht neu. Allerdings hat die Dynamik dieser Entwicklung zugenommen. Was ändert sich für die Komponenten eines Systems, wenn das Messen und Prüfen in der Produktions-Linie erfolgen soll?
N. D. James: Während eine steigende Anzahl von Märkten sich die Technik der industriellen Bildverarbeitung und die Inspektionstechnik zunutze macht, sinken die Kosten für die Grundsysteme und ermöglichen noch mehr Märkten den Zugriff auf diese Techniken. Die optischen Komponenten sind die gleichen, aber die Innovationen in den Bereichen der Sensoren und LEDs treiben die Kosten immer weiter nach unten, während die Leistung gehalten oder sogar noch verbessert werden kann. In vielen Unternehmen ist das Fehlen von firmeninterner Sachkenntnis zu Bildgebungssystemen immer noch eines der größten Hindernisse bei der Umstellung. Aber auch diese Hindernisse können nun leichter überwunden werden, da Kurse, Videos, IT-Publikationen sowie technische Hilfestellungen von Seiten der Hersteller immer weiter verbreitet, umfassender und leichter zugänglich werden.
inspect: Bildverarbeitungssysteme und optische Messsysteme haben längst die Labore und Fabriken verlassen. Sie sind in der Landwirtschaft im Einsatz, fliegen mit zivilen Drohnen über Land und Leute hinweg oder werden zum integralen Bestandteil intelligenter Verkehrsüberwachungssysteme und Infrastrukturen. Geht das alles noch mit Standardkomponenten oder können Sie hier Spezialprodukte anbieten?
N. D. James: Standardkomponenten werden häufig noch gegenüber maßgeschneiderten Lösungen bevorzugt. Unsere bestehende Standard-Produktpalette ist für einen sehr umfassenden Anwendungsbereich geeignet, und wir fügen laufend neue Produkte zu unseren Standardlinien hinzu. Unsere Standardprodukte erfüllen die Anforderungen der meisten Anwendungsbereiche. Ein Bildgebungssystem, welches in LKWs für Straßeninspektionen zum Einsatz kommt, verwendet üblicherweise die gleichen Objektiv- und Kameratypen wie ein Inspektionssystem für Getränkeflaschen in einer Fabrik. Auch wenn maßgeschneiderte Optiken immer eine gute Option sind, haben wir festgestellt, dass die meisten Kunden für gewöhnlich in unserer Standard-Produktpalette eine optimale Lösung finden.
inspect: Die Fähigkeit zu sehen, Intelligenz und Mobilität sind drei der Eigenschaften, die ein autonomer Roboter aufweisen muss. Welche Produkte müssten für diese Anwendungen in einem zukünftigen Edmund Optics Katalog unter der Kategorie „Robotik" angeboten werden?
N. D. James: So aufregend es auch wäre, eine Robotik-Kategorie anbieten zu können, sind wir bei Edmund Optics der Meinung, dass dies noch in der Zukunft liegt. Der Bereich der Robotik erfordert noch beträchtliche Arbeit in der Programmierung und Entwicklung und wird somit noch hohe Vorabkosten verursachen. Daher ist die Robotik als Kategorie noch nicht ganz dafür bereit, in einem Katalog aufgeführt zu werden. Da aber die Branche immer weiter auf Plug-and-Play-Lösungen zusteuert und die Kosten durch Mengensteigerungen und Technologiesprünge sinken, werden sich auch immer mehr Kunden dazu entscheiden, diese Technik durch einen Katalog zu erwerben. Selbstverständlich können viele unserer Standardkomponenten die Anforderungen der Robotik und Automatisierung leicht erfüllen, und wir werden weiterhin die in diesen Bereichen arbeitenden Systementwickler unterstützen.