Bildverarbeitung

Auf Herz und Nieren geprüft

3D-Analyse verborgener Mikrostrukturen mit hochauflösender Computertomographie

15.09.2009 -

Bis vor wenigen Jahren war der einzige Weg, das Innere einer Probe mit Submikrometer-Auflösung zu analysieren, das Zerschneiden und Mikroskopieren der Probe. Dies ist nicht nur zeitaufwändig, sondern führt natürlich auch zur Zerstörung des Untersuchungsobjekts. In den vergangenen Jahren hat die industrielle Computertomographie (CT) gewaltige Fortschritte bezüglich immer höherer Auflösungen und immer höherer Rekonstruktionsgeschwindigkeiten der 3D-Volumendaten gemacht. Inzwischen erlaubt sie sogar 3D-Analysen von Materialien mit Submikrometer-Auflösungen und damit Einblicke in innere Strukturen, die so bisher nicht zugänglich waren.

Dies ermöglicht es, Aussagen über die räumliche Verteilung unterschiedlicher Stoffe, die Materialdichte oder die Lage von Fasern zu treffen, ohne das Unter­suchungsobjekt zu zerstören. Auch im Gefüge auftretende Defekte wie Risse, Poren oder Lunker können nicht nur visualisiert, sondern beispielsweise auch bezüglich ihres Volumens vermessen werden. Durch die Möglichkeit, eine Probe komplett dreidimensional zu erfassen und beispielsweise beliebige Schnitte anzulegen, eröffnen sich neue Analyse- und zugleich Zeiteinsparungsmöglichkeiten für die Forschung und Qualitätsüberwachung.
Bei dem Streben nach möglichst hoch auflösenden CT-Ergebnissen wird angesichts der Bekanntheit von hochkohärenten Synchrotron-Strahlquellen der dritten Generation oftmals übersehen, dass es mittlerweile kompakte und vergleichsweise sehr wirtschaftliche nanofocus Computertomographen für den Laboreinsatz gibt, deren erzielbare Auflösung für viele Applika­tionen mit jener von Synchrotronquellen durchaus konkurrieren kann. Mit dem ­nanotom z. B. können nun kleine ­Objekte mit Voxelauflösungen von < 500 nm untersucht werden.

Das nanotom - Anforderungen an Hard- und Software
Das 2006 vom mikro- und nanofocus-Röntgenspezialisten phoenix|x-ray auf den Markt gebrachte nanotom kommt mittlerweile weltweit in diversen ­wissenschaftlichen Instituten und in­dustriellen Forschungs- und Qualitätslaboren für hochauflösende 3D-Mikro­strukturanalysen zum Einsatz. Das hochpräzise kompakte Gerät ist speziell für Laborapplikationen konstruiert und erlaubt das Scannen von Proben bis zu 1 kg Gewicht und 120 mm Durchmesser. Bei kleinen schwach absorbierenden Proben können maximale Voxelauflösungen von 500 nm und darunter erzielt werden. Um stärker absorbierende Proben zu durchstrahlen, kann die 180 kV / 15 W Röntgenröhre jenseits des nanofocus-Modus mit stärkerer Leistung und einem Brennfleck von wenigen Mikrometern betrieben werden. Dank dieses breiten Spektrums eignet sich das System für eine Vielzahl von Einsatzfeldern: Im Bereich der Materialwissenschaften zählt dazu beispielsweise die Untersuchung von Metallen, Kunststoffen, Keramiken, Faser- und Verbundmaterialien etc. Weitere Anwendungsfelder liegen etwa im Bereich der Elektronik, Mikrosystemtechnik, Geologie oder Biologie.
Computertomographie mit derart hohen räumlichen Auflösungen erfordert eine spezielle Konstruktion, die jegliche die Auflösung negativ beeinflussende Faktoren minimiert. Diese besonderen Bedürfnisse erfordern spezielle Mani­pulationssysteme, Detektoren und Röntgenröhren. So nutzt das nanotom eine einzigartige 180 kV/15 W high-power-nanofocus Röntgenröhre mit eigener ­Generatortechnologie, die auch stärker absorbierende Metallverbindungen durch­strahlen kann. Der digitale 5 Megapixel Flächendetektor mit 50 µm Pixelgröße kann in drei verschiedene Positionen verschoben werden, so dass sich eine virtuelle Detektorbreite von bis zu 360 mm (15 MPixel) ergibt. Dies eröffnet eine große Vielfalt experimenteller Möglichkeiten. Um negative Einflüsse durch Vibrationen oder thermische Ausdehnung zu minimieren, sind Röhre, Detektor und Rotationseinheit auf Granit gelagert. Zudem werden spezielle Materialien und Konstruktionsdetails verwendet, um auch bei Langzeitscans höchste Stabilität während des gesamten Aufnahmevorgangs zu garantieren.
Neben diesen wesentlichen Hardwarekomponenten stammt auch die CT-Software datos|x von phoenix|x-ray. Mit ihrer Hilfe können nicht nur die Parameter für die CT-Aufnahme und Rekonstruktion einfach eingestellt werden, sondern sie enthält auch Funktionen, die das Einrichten eines Scans besonders erleichtern. So kann beispielsweise die aufwändige und ungenaue Geometriekalibrierung mittels eines vor dem Scan in den Tomographen einzuspannenden Kalibrierobjektes entfallen: Die sehr genaue numerische Bestimmung des Rotationszentrums erfolgt über ein Softwaremodul innerhalb weniger Sekunden. Ein weiteres Modul ermöglicht das einfache Einrichten von CT-Scans mit <360 °-­Rotation (ROI-Scan), aber höchstmöglicher Vergrößerung. Weitere Module erlauben es beispielsweise, prinzipbedingte Strahlaufhärtungseffekte und Ringartefakte vollautomatisch oder manuell zu reduzieren oder selbst minimale Drifteffekte automatisch auszugleichen - was gerade bei höchstauflösenden Scans von erheblicher Bedeutung für die Qualität der resultierenden Datensätze sein kann.

Einsatzfelder
Die mit dem nanotom erzielbaren CT-­Ergebnisse erlauben die Analyse der räumlichen Mikrostruktur von Materialien mit Submicrometer-Auflösung. Die nachfolgenden Beispiele veranschau­lichen einige der möglichen nanotom-Anwendungen. Es wird deutlich, dass nahezu jedes innere Detail, das aufgrund seines Materials, seiner Dichte oder Porosität einen Kontrast im Röntgenbild verursacht, visualisiert werden kann. Ebenso können innere Abstände des Objekts wie z. B. Wandstärken oder Bohrdurchmesser präzise bestimmt werden oder beispielsweise bei Gussteilen dimensionelle Messungen bis hin zum Vergleich der inneren und äußeren Oberflächen mit den dem Gussteil zugrunde liegenden CAD-Daten durchgeführt werden. Ebenso können unterschiedliche Materialien anhand ihres unterschiedlichen Grauwertekontrastes segmentiert und so beispielsweise die Verteilung einer bestimmten Komponente in Legierungen, Sintermaterialien oder Verbundwerkstoffen analysiert werden. Auf diese Weise kann auch das normalerweise unsichtbare oder nur an der Stelle eines mechanischen Schliffes angeschnittene Porennetzwerk verschiedener poröser Materialien, Gussteile oder auch Gesteine visualisiert und ­hinsichtlich Porenvolumen, -größe und ‑netzwerken quantitativ untersucht werden.

Formverlauf von Einspritzdüsen
Ein besonders interessantes Bauteil für die Qualitätssicherung mittels CT sind die Einspritzdüsen moderner Dieselmotoren. Diese Injektionsdüsen sind typischerweise aus stark absorbierendem Stahl gefertigt. Ein für das Verhalten der Kraftstoff-Strömungen besonders kritischer Bereich ist die sehr enge Spitze der Einspritzdüse mit den Einspritzlöchern. Das Hauptaugenmerk liegt hier auf einem tolerierten Formverlauf und der präzisen räumlichen Lage dieser Kanäle. Üblicherweise müssen ohne CT zur vollständigen Analyse mehrere teilweise zerstörungsbehaftete Verfahren eingesetzt werden. Mittels CT lässt sich die Inspektionsaufgabe präzise, zerstörungsfrei und zudem schneller als mit konventionellen Methoden durchführen.
In den Bildern auf Seite 83 ist das Ergebnis einer CT Messung einer Einspritzdüse nach der Rekonstruktion des Volumens mit einem virtuellen Längsschnitt durch eines der Einspritzlöcher und als Beispiel für eine Auswertung die aus dem Volumen extrahierte Oberfläche des Prüfkörpers mit zwei angefitteten Regelgeometrieobjekten dargestellt. Es ist gut zu erkennen, dass sämtliche Innenkonturen des Prüfkörpers vollständig erfasst sind. Die Auswertung zeigt einen leicht kegelförmigen Verlauf der Einspritzlöcher bei einem mittleren Durchmesser von 0,15 mm.

Virtueller Schnitt durch einen kohlenstofffaserverstärkten Kunststoff
In Zusammenarbeit mit dem Institut für Verbundwerkstoffe GmbH, Kaiserslautern wurde kohlenstofffaserverstärkter Kunststoff untersucht. Mit nanoCT-Technologie wurde ein virtueller Schnitt durch den Kunststoff, der auf eine Aluminiumplatte geschweißt ist, gelegt. Die Voxelgröße beträgt 700 nm. Deutlich sichtbar sind die Lage der Fasern (7 µm stark), die Delamination innerhalb der Faserbündeln sowie Lufteinschlüsse in der Schweißzone, die auf nicht optimale Herstellungsparameter zurückzuführen sind. Besonderes Augenmerk lag bei der Untersuchung auf der Grenzschicht zwischen Faser und Aluminium.

Die Entwicklung hochauflösender nano­CT zeigt, dass diese Technik das Spektrum erkennbarer Mikrostrukturen deutlich erweitert und für vielerlei Anwendungen eine wirtschaftliche und leicht verfügbare Alternative zu Synchrotron-Anwendungen darstellt. Das nanotom eröffnet damit ganz neue Möglichkeiten in der 3D-Mikrostrukturanalyse und wird dazu beitragen, viele zerstörende Prüfmethoden zu ersetzen und dabei zugleich Zeit und Kosten zu sparen.

Kontakt

Phoenix X-Ray - Part of GE Sensing & Inspection Technologies GmbH

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